LaG-Magazin vom 18. Dezember 2024 (12/2024)

Straße als Ort demokratischer Aushandlungsprozesse

Liebe Leser*innen,

die Straße wurde immer schon als Raum genutzt, um Interessen und Kritik öffentlich auszuhandeln. Demonstrationen, Proteste, Flashmobs oder Gedenkveranstaltungen machen die Straße nicht nur zu einer Bühne, sondern auch zu einem „Trainingsgelände der Demokratie“ (Robert Kaltenbrunner, 2017).

Straßen spiegeln darüber hinaus gesellschaftliche Vorstellungen und Veränderungen, da ihre Namen nicht nur räumliche, sondern auch kulturelle Orientierung anbieten. Sie erinnern an Personen, die in vergangenen Jahrzehnten als Vorbilder galten. Aktuelle Diskussionen über Umbenennungen wie die eines Teils der Manteuffelstraße in Audre-Lorde-Straße in Berlin 2023 zeigen neue gesellschaftliche Vorstellungen. Digitale Medien erleichtern die Organisation und Teilnahme an Protesten, die erst im öffentlichen Raum an Wirkung gewinnen, etwa während der Proteste gegen Stuttgart 21, den Demonstrationen während der Pandemie oder den Aktionen der Klimaaktivist*innen der „Letzten Generation“.

Mit dieser LaG-Ausgabe richten wir den Blick auf die Straße als Ort demokratischer Aushandlungsprozesse. Wir spannen einen historischen Bogen vom 19. Jahrhundert bis heute, von Demonstrationen der Arbeiterbewegung bis zu Bürgerinitiativen und beleuchten dabei auch die zentrale Rolle von Medien.

Nicolai Hannig skizziert im Gespräch die Entwicklung von Straßengewalt, Protest und Medien von 1848 bis in die 1970er Jahre.

Holger Czitrich-Stahl zeigt in seinem Beitrag, wie die Arbeiterbewegung den öffentlichen Raum nach und nach als Ort der politischen Auseinandersetzung eroberte.

Harald Engler berichtet im Interview über die Proteste in der Bundesrepublik und der DDR gegen den Ausbau der autogerechten Stadt ab den 1960er Jahren.

Bernd Martin beschreibt die Diskussion um Straßenumbenennungen in Freiburg und erörtert zentrale Kriterien bei Umbenennungen.

Kathrin Fahlenbrach zeichnet nach, welche Auswirkungen der mediale Wandel auf die Straße als Protestraum entfaltete und wie sich Protest und Medien gegenseitig beeinflussten.

Greta Jasser und Alexander Hensel erläutern ausgehend von öffentlichen Protesten gegen Rechtsextremismus Anfang 2024 Theorie und Praxis einer wehrhaften Demokratie.

Kaspar Nürnberg erläutert das Konzept der Ausstellung „(um)benennen?!“, die ab Frühjahr 2025 die Straßenumbenennungen in Berlin und die damit verbundenen Diskussionen beleuchtet.

Stephanie Beetz veranschaulicht anhand der Geschichte des Berliner Freilichtdenkmals „Orte des Erinnerns“, wie im öffentlichen Raum an die Diskriminierung und Verfolgung von Juden in der NS-Zeit erinnert werden kann.

Sabrina Pfefferle zeigt, wie Filme der Weimarer Republik die Straße als Schauplatz privater und politischer Kämpfe darstellten und inwiefern diese Filme als Spiegel der Weimarer Gesellschaft gelesen werden können.

Wir bedanken uns bei der Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte, die diese Ausgabe zur Straße als Ort demokratischer Aushandlungsprozesse förderte. Die nächste LaG-Ausgabe zum Thema des 18. März und der Revolution von 1848 erscheint im Februar 2025. Sie entsteht ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte. Ziel der Stiftung ist die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der deutschen Demokratiegeschichte vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart, was sich in Projektförderungen und eigenen Veranstaltungen zu diesem Thema niederschlägt. Wir hoffen, mit diesem Themenheft zu zeigen, wie unterschiedlich und vielfältig Straßen immer wieder als Orte des Protests und politische Bühne genutzt werden, um verschiedene Interessen deutlich zu machen und auszuhandeln.

Die vorliegende Ausgabe wurde von Daniel Hadwiger betreut, der durch mehrere vorhergehenden wissenschaftliche Projekte über Expertise zur Stadtgeschichte verfügt und sie bei der Herausgabe dieses Magazins mit einbrachte. Katharina Trittel, die das Magazin in den letzten beiden Jahren betreut hat, danken wir herzlich für ihre Fachkompetenz und ihr außerordentliches Engagement.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre, frohe Festtage und alles Gute im neuen Jahr!

Ihre
LaG-Redaktion

Beiträge

Zur Diskussion

David Barth von der Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte zeigt in seinem Vorwort auf, wie Straßen als Raum und Schauplatz der Demokratie genutzt und gestaltet werden können. Die Frage, wie Straßen als Ort des Aushandelns in einer Demokratie genutzt werden, bleibt bis heute aktuell.

Mehr
Zur Diskussion

Holger Czitrich-Stahl zeigt in seinem Beitrag, wie die Arbeiterbewegung den öffentlichen Raum nach und nach als Ort der politischen Auseinandersetzung eroberte.

Mehr
Zur Diskussion

Bernd Martin beschreibt die Diskussion um Straßenumbenennungen in Freiburg und erörtert zentrale Kriterien bei Umbenennungen.

Mehr
Zur Diskussion

Kathrin Fahlenbrach zeichnet nach, welche Auswirkungen der mediale Wandel auf die Straße als Protestraum entfaltete und wie sich Protest und Medien gegenseitig beeinflussten.

Mehr
Zur Diskussion

Greta Jasser und Alexander Hensel erläutern ausgehend von öffentlichen Protesten gegen Rechtsextremismus Anfang 2024 Theorie und Praxis einer wehrhaften Demokratie.

Mehr
Im Gespräch

Nicolai Hannig skizziert im Gespräch die Entwicklung von Straßengewalt, Protest und Medien von 1848 bis in die 1970er Jahre.

Mehr
Im Gespräch

Harald Engler berichtet im Interview über die Proteste in der Bundesrepublik und der DDR gegen den Ausbau der autogerechten Stadt ab den 1960er Jahren.

Mehr
Empfehlung Ausstellung

Kaspar Nürnberg erläutert das Konzept der Ausstellung „(um)benennen?!“, die ab Frühjahr 2025 die Straßenumbenennungen in Berlin und die damit verbundenen Diskussionen beleuchtet.

Mehr
Empfehlung Film

Sabrina Pfefferle zeigt, wie Filme der Weimarer Republik die Straße als Schauplatz privater und politischer Kämpfe darstellten und inwiefern diese Filme als Spiegel der Weimarer Gesellschaft gelesen werden können. 

Mehr
Empfehlung Ausstellung

Stephanie Beetz veranschaulicht anhand der Geschichte des Berliner Freilichtdenkmals „Orte des Erinnerns“, wie im öffentlichen Raum an die Diskriminierung und Verfolgung von Juden in der NS-Zeit erinnert werden kann.

Mehr