Liebe Leser*innen,
„Gelbes Elend“ oder „Grüne Hölle“ – diese Beinamen deutscher Haftorte vermitteln eine Idee davon, welcher Ruf ihnen unter ihren Insassen und in ihrer Nachbarschaft mitunter anhaftete. Einer größeren Öffentlichkeit sind diese ehemaligen Konzentrationslager, (Untersuchungs-)Haftanstalten, Zuchthäuser, Gefängnisse und Hinrichtungsstätten, in denen Menschen inhaftiert wurden, die vor allem während des Nationalsozialismus und in der DDR aufgrund ihrer politischen Einstellungen oder vielmehr: Ideologie der Machthabenden verfolgt und verurteilt wurden, jedoch kaum bekannt.
An manchen dieser Orte sind mittlerweile Justizgedenkstätten eingerichtet oder besser: Erinnerungs- und Lernorte. Sie informieren über die Umstände der Verurteilung, Internierung und zum Teil Tötung der Inhaftierten und thematisieren, welche Institutionen der Exekutive und Legislative an diesem Prozess mitwirkten. Außerdem stellen sie Gegenwartsbezüge zu den damaligen Verfolgungs- und Verurteilungsmechanismen her: Wer entscheidet darüber, was Recht, was Unrecht ist und wie (vermeintliche) Verstöße sanktioniert werden? Unter welchen Bedingungen wird Recht zu Unrecht?
Im Kontext dieser übergeordneten Fragen stehen Akteur*innen der Gedenkstättenlandschaft heute vor der Herausforderung, die ehemaligen Stätten von Justizverbrechen – die aktuell ganz unterschiedlich genutzt werden – als Erinnerungsorte zu gestalten und ihre jeweiligen Geschichten durch historisch-politische Bildungsangebote sichtbar zu machen.
Das vorliegende LaG-Magazin „Justizgedenkstätten in der deutschen Gedenkstättenlandschaft“ widmet sich diesen und weiteren Aspekten am konkreten Beispiel von 16 Haftorten. Es ist auf Initiative des Arbeitskreises Justiz-Gedenkstätten entstanden und wurde von den in ihm vertretenen Justizgedenkstätten gemeinschaftlich finanziert. Wir freuen uns, dass sie im Rahmen dieses LaG-Magazins ihre Orte, ihre Arbeit und ihre übergreifenden Fragestellungen gebündelt vorstellen.
Die nächste Ausgabe des LaG-Magazins erscheint voraussichtlich am 26. April und widmet sich dem Aufstand vom 17. Juni 1953, seinen Implikationen und seiner Rezeptionsgeschichte.
Wir wünschen allen Leser*innen eine anregende Lektüre!
Ihre LaG-Redaktion