Einleitung

Dass nach Kriegsende auf dem späteren Gebiet der DDR wieder jüdische Gemeinden gegründet wurden und auch ein Teil davon bis zum Ende der DDR existierte, wird heute oft vergessen. Wie sah der jüdische Alltag bzw. der Alltag von Juden und Jüdinnen in der DDR aus?

Nach 1945 wurden einige jüdische Gemeinden in der SBZ/DDR neu gegründet. Die Mitglieder waren Überlebende der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Einige dieser Mitglieder kamen als Remigranten aus dem Exil zurück. Besonders Remigranten haben sich meist bewusst für die Rückkehr in das Gebiet der SBZ und der späteren DDR entschieden. Sie hofften, an der Entstehung eines anderen Deutschlands beteiligt zu sein.  Die Wiederentstehung jüdischer Gemeinden vereinte die unterschiedlichsten Menschen. Ihr Judentum spielte für sie kaum eine Rolle, aber ihre vergleichbaren Erfahrungen führten sie zusammen: Alle waren geprägt durch die erlittene Verfolgung, durch den Verlust der Angehörigen sowie durch Fluchterfahrung oder Widerstand.

Anfang der 50er Jahre wurde bei antisemitischen Anfeindungen in der DDR, die der Politik Stalins folgten - und die seitens der Regierung als Antizionismus verstärkt wurden - kein Unterschied gemacht, ob die Jüdinnen und Juden religiös lebten oder nicht. Der Antisemitismus der DDR führte damals zu großen Fluchtwellen. Darüber hinaus verließen jüdische Bürgerinnen und Bürger wie viele andere die DDR aus ökonomischen oder persönlichen Gründen. Für einige war das Leben in der DDR nur ein Zwischenaufenthalt bis zur Auswanderung in ein anderes Land wie Israel oder die USA. Daher nahm die jüdische Bevölkerung bis zum Mauerbau 1961 stetig ab.

Die DDR verstand sich nicht als direkter Nachfolgestaat des „Dritten Reiches“. Dies hatte auch Einfluss auf die materielle Wiedergutmachung. Eine finanzielle Entschädiung für jüdische Opfer war nicht in allen Fällen ohne Probleme möglich. Für einige, die als Opfer anerkannt wurden, gab es Rentenzahlungen und sie konnten soziale Vergünstigungen erhalten. Jedoch wurde "arisiertes" Eigentum nicht erstattet. Besonders in den Anfangsjahren der DDR war eine Auseinandersetzung bezüglich der finanziellen Entschädigung kaum möglich. Später bekamen die jüdischen Gemeinden finanzielle Unterstützung für ihre Arbeit und Einrichtungen. Die immer kleiner werdenden Gemeinden erhielten staatliche Zuschüsse für den Erhalt der Synagogen und Friedhöfe. In Berlin wurden ein Altersheim, eine koschere Metzgerei und die Instandhaltung des weiterhin genutzten jüdischen Friedhofs in Berlin-Weißensee finanziert. Seit 1961 erschien das "Nachrichtenblatt" des Dachverbandes der Jüdischen Gemeinden der DDR als Informationsorgan.

Beim offiziellen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wurden die jüdischen Opfer nicht herausgestellt. Sie wurden dem politischen Widerstand nachgeordnet, wobei der eigenständige jüdische Widerstand bis in die 80er Jahre verleugnet wurde. Insgesamt wurde die jüdische Geschichte in der DDR verdrängt. In vielen Orten wurden bspw. ehemalige jüdische Friedhöfe als herrenlos betrachtet und bebaut.

Mitte der 80er Jahre veränderte sich das Verhältnis zwischen dem Staat und den jüdischen Gemeinden. Die Gemeinden drohten wegen Mitgliedermangel auszusterben, sie sollten aber dem westlichen Ausland als ein Beleg für die sich ändernde DDR-Politik vorgeführt werden. Die außenpolitischen Beziehungen mit dem Westen sollten sich durch solche Signale verbessern. Die allgemeine politische Entspannung war auch in den Gemeinden zu spüren. Erstmals wurde öffentlich die Beziehung zu Israel lebbar. Zudem begannen sich in den 80er Jahren die Kinder der Überlebenden und Remigranten, am Rande der Gemeinden mit ihren jüdischen Wurzeln auseinander zu setzen und mit der Kultur und Religion des Judentums zu beschäftigen.

Bis zum Mauerfall 1989 verzeichneten die jüdischen Gemeinden nur noch wenige Mitglieder. Deren jüdisches Leben fand hauptsächlich in den Gemeinden, Synagogen und im Privaten statt. Es gab wenige traditionelle jüdische Familien, die ihre Kinder im Sinne der jüdischen Traditionen erzogen. Neben der fehlenden Anbindung an Traditionen spielte der Antisemitismus in der Gesellschaft und die feindselige Israelpolitik der DDR-Regierung eine Rolle. Zudem stand ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung in der DDR aufgrund seiner eigenen weltanschaulichen Überzeugung dem religiösen Judentum fern. Sie waren nicht Mitglied der Gemeinden und nur bedingt an entsprechenden Themen interessiert. 

Karte Jüdische Gemeinden in der DDR


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Im November 1946 zählte die Jüdische Gemeinde in Berlin 7274 Mitglieder, von denen zunächst 2442 im Ostteil der Stadt lebten. Nach einer Volkszählung von 1946 gab es neben den Ostberliner Juden 435 Juden in Sachsen –Anhalt, 428 in Thüringen, in Brandenburg 424, in Mecklenburg 153 und in Sachsen 652 Juden. Insgesamt lebten auf dem Territorium der künftigen DDR 1946 noch 4500 Juden, das entspricht dem Zehnfachen der Anzahl, die 1990 noch in der DDR zu finden war. (Aus: Achse des Guten)

Chaim Noll über die Mitgliederzahlen

Die Mitgliederzahlen in der DDR nahmen im Laufe der Jahre bis 1990 dramatisch ab.

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