Liebe Leser*innen,
wir begrüßen Sie zur aktuellen Ausgabe des LaG-Magazins zur Kolonialismusaufarbeitung in Berlin. Warum Berlin? Die Stadt war seit 1701 preußische Hauptstadt und war zwischen 1871 und 1945 Hauptstadt des Deutschen Reiches. Hier fand vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885 die sogenannte Afrika-Konferenz, auch bekannt als Kongo-Konferenz, statt. Sie diente den damaligen Weltmächten zur Verständigung über die Aufteilung und Ausbeutung Afrikas.Bernhard von Bülow, formulierte als Staatssekretär des Auswärtigen Amtes die imperialen Träume des Kaiserreiches in einer berühmt-berüchtigten Reichstagsrede am 6. Dezember 1897: „Die Zeiten, wo der Deutsche dem einen seiner Nachbarn die Erde überließ, dem anderen das Meer und sich selbst den Himmel reservierte (...) diese Zeiten sind vorüber“ und weiter „Wir wollen niemanden in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne.“ Für eine solche imperiale Tradition stehen in Berlin noch etliche Straßennamen, auch wenn die Bülowstraße als Teil des sogenannten Generalszuges (Gneisenau-, Yorck-, Bülow-, Kleist und Tauentzienstraße bis hin zum Kurfürstendamm) nicht nach dem oben genannten von Bülow benannt wurde, sondern nach dem preußischen General Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz. Deutlicher auf den deutschen Kolonialismus verweist das Afrikanische Viertel im Berliner Wedding oder die ein rassistisches Stereotyp symbolisierende „Mohren“straße im Stadtbezirk Mitte. In beiden Fällen setzen sich auch Schwarze Aktivist*innen seit Jahren und bisher vergeblich für Umbenennungen der Straßennamen ein (s. hierzu auch einen älteren Artikel von Christian Kopp auf LaG: White Myths – Black History. Der Fall der Berliner „Mohrenstaße“).
Es gibt also ausreichend viele Gründe sich mit dem Thema Kolonialismus in Berlin zu befassen, zumal die sogenannte Aufarbeitung zwiespältig ist. Zu selten und zu wenig haben die Stimmen aus der Schwarzen Community ein Gewicht bei Entscheidungen, gerade auch in Fragen der Restitution geraubter Kulturgüter. Exemplarisch hierfür steht die Diskussion um das Humboldt-Forum. Auch eine Aufarbeitung des Völkermords an Nama und Herero steht zumindest im öffentlichen Diskurs eher am Anfang. Wir hoffen mit diesem Magazin Lehrkräfte und politische Bildner*innen ein wenig zu motivieren, die Thematik im Unterricht oder in Seminaren aufzugreifen.
In einem einleitenden Aufsatz gibt Reinhart Kößler einen Überblick zur Erinnerungspolitik über den deutschen Kolonialismus anhand der Berliner Erinnerungslandschaft.
Joachim Zeller stellt die Ausstellung des Berliner Afrika-Hauses vor und stellt sie in den historischen Zusammenhang.
Mit der oben bereits erwähnten Problematik des Humboldt-Forums im Berliner Stadtschloss als Teil des historischen Ensembles der Straße Unter den Linden beschäftigt sich Ingolf Seidel.
Wir danken den externen Autoren für ihre Beiträge.
In eigener Sache
Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf unsere Arbeit aus. Förderanträge, von denen wir abhängig sind, können nicht immer zeitgerecht erstellt werden, sodass wir genügend Vorlauf zur Erarbeitung eines Magazins haben. Wir haben dafür vollstes Verständnis, müssen aber in der Folge ein für den Mai geplantes LaG-Magazin verschieben. Es wird voraussichtlich im Monat Juli erscheinen.
Entsprechend unserer Planung erscheint dann am 24. Juni das nächste Magazin. Es stellt die Arbeit des Brandenburger Vereins Opferperspektive – Solidarisch gegen Rassismus, Diskriminierung und rechte Gewalt vor, der unter anderem in der Beratungsarbeit von Opfern rechter Gewalt und rassistischer Diskriminierung tätig ist.
Ihre LaG-Redaktion