Archivpädagogische Workshops und Fortbildungen für Multiplikator_innen in schulischer und außerschulischer Bildung – ein Bildungsangebot des ITS
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Beitrags-Autor: Ingolf Seidel Sie müssen angemeldet sein, um das Benutzerprofil zu sehen |
Von Akim Jah
Auf der Grundlage des umfangreichen Dokumentenmaterials seines Archivs bietet der International Tracing Service (ITS) Workshops für Multiplikator_innen an, die sich Kernthemen der NS-Verfolgung und der Nachgeschichte widmen. Zur Zielgruppe gehören hauptsächlich Lehrkräfte, insbesondere Geschichtslehrer_innen der Sekundarstufe II, Akteur_innen der außerschulischen Bildung sowie Gedenkstätten- und Archivpädagog_innen.
Ein Workshop besteht in der Regel aus einer Einführung in das jeweilige Thema, Kleingruppenphasen, bei denen exemplarisch mit ausgewählten Dokumenten gearbeitet wird, und einer Auswertung. Die Teilnehmenden werden im Laufe des Workshops mit den Dokumentenbeständen des ITS-Archivs zu dem jeweiligen Thema vertraut gemacht, lernen dabei den archivpädagogischen Ansatz des ITS kennen und reflektieren, wie das Potential von Archivdokumenten in der eigenen Praxis genutzt werden kann.
Nach Abschluss des Workshops erhalten die Teilnehmenden das umfangreiche Arbeitsmaterial, bestehend aus Kopien der historischen Dokumente sowie Arbeitsblättern mit kurzen Einführungstexten und Arbeitsfragen für die Verwendung in der eigenen pädagogischen Arbeit.
Die Workshops sind in unterschiedlichen Zeitformaten buchbar und umfassen sowohl ganztägige Studientage als auch mehrstündige Fortbildungen. Nach Absprache können (regionale) Schwerpunktsetzungen bei der Auswahl der Dokumente berücksichtigt werden.
Ablauf eines Workshops
Die am Beginn eines jeden Workshops stehende Einführung erfolgt in Form eines Überblicksvortrags zum Hintergrund des ITS, zu den dort verwahrten Dokumentenbeständen sowie zum historischen Kontext des jeweiligen Themas. So geht beispielsweise der Workshop zum Thema NS-Zwangsarbeit auf die Funktion der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus und auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiter_innen ein. Anschließend wird gezeigt, welche historischen Dokumente hierzu im ITS-Archiv überliefert sind. Bei dem Workshop zum Thema Displaced Persons (DPs) wird die Situation der Überlebenden des Holocaust sowie ehemaliger Zwangsarbeiter_innen nach der Befreiung dargestellt und anhand von Dokumenten die Unterstützung der alliierten Hilfsorganisationen gezeigt.
In den nachfolgenden Kleingruppen erarbeiten sich die Teilnehmer_innen anhand von Farbkopien historischer Dokumente einen Teilaspekt des jeweiligen Themas oder setzen sich, im Sinne eines Lernens mit Biografien mit thematisch passenden biographischen Dokumenten auseinander. Beim genannten Beispiel Zwangsarbeit umfassen die einzelnen Gruppen die Aspekte der Zwangsarbeit an verschiedenen Orten und bei verschiedenen Firmen, die nach rassistischen Kriterien definierte Überwachung, Bestrafung und Behandlung sowie die besondere Situation schwangerer Zwangsarbeiterinnen. Beim Workshop zu den DPs fokussieren sich die Gruppen anhand von administrativen Unterlagen auf die (gesundheitliche) Situation der Befreiten, die Registrierung und Selbstbeschreibungen von DPs, die Repatriierung und das „Leben in Transit“. Alternativ können Lebenswege ehemals Verfolgter nach der Befreiung anhand von zwei unterschiedlichen Biographien nachvollzogen werden. Die Auseinandersetzung mit den Dokumenten folgt dem Prinzip des forschenden Lernens, was einen Vergleich der Angaben auf den verschiedenen Schriftstücken und das „Zusammensuchen“ relevanter Informationen aus den Dokumenten beinhaltet. Grundsätzlich werden bei allen Workshops, auch bei denen, die sich auf die NS-Zeit beziehen, auch Unterlagen aus der Nachkriegszeit verwendet. Nicht zuletzt soll dadurch deutlich gemacht werden, dass für die Überlebenden das Leben nach der Befreiung weiter ging und das erlittene Unrecht weitreichende Spuren hinterlassen hat. Für sämtliche Arbeitsgruppen existieren Arbeitsimpulse, die sich an den Operatoren für den Geschichtsunterricht orientieren und damit den Einsatz des Materials im Schulunterricht möglich machen.
Der Umfang der Dokumente für die Arbeitsgruppen ist abhängig von der verfügbaren Zeit. Bei ganztägigen Studientagen können in einer ersten Arbeitsgruppenphase allgemeine Aspekte bearbeitet werden, bevor in einer zweiten Phase eine inhaltliche Vertiefung stattfindet.
Bei der Auswertung der Gruppenarbeit stellen die Teilnehmenden ihre Ergebnisse im Plenum vor und diskutieren anschließend über die Gesamtthematik. Den Schlusspunkt der Workshops setzt jeweils die Diskussion über die Verwendung der Archivdokumente in der eigenen Praxis.
Workshops - Das Themenangebot
Workshop-Titel |
Beschreibung |
ITS-Überblicks-workshop |
Themenbezogener Überblick über die im ITS-Archiv überlieferten Dokumente. Im Mittelpunkt steht das Kennenlernen des Potentials des ITS-Archivs für die Bildungsarbeit zu den Themen Holocaust, Zwangsarbeit, Todesmärsche, Displaced Persons, Unbegleitete Kinder sowie zu den Wegen der Überlebenden nach 1945 |
Holocaust |
Dimension des Holocaust am Beispiel von Deportationen aus Frankreich und dem Deutschen Reich sowie Massentötungen von Juden und Jüdinnen in Serbien und Osteuropa |
Verfolgung von Sinti und Roma |
Einführung in und Überblick über die Verfolgung von Sinti und Roma im Nationalsozialismus. Thematisiert wird auch der Antiziganismus, mit dem Überlebende nach 1945 konfrontiert waren |
Konzentrationslager-häftlinge |
Auseinandersetzung mit der Verfolgungsgeschichte von KZ-Häftlingen am Beispiel von Dachau. Dabei werden unterschiedliche Häftlingsgruppen in den Fokus genommen und die Bedingungen im Lager, aber auch Lebenswege ehemaliger Häftlinge nach der Befreiung thematisiert |
NS-Zwangsarbeit |
Einführung in und Überblick über die „zivile“ Zwangsarbeit im Nationalsozialismus. Thematisiert werden der Einsatz von Zwangsarbeiter_innen an verschiedenen Orten und Firmen, die nach rassistischen Kriterien definierte Überwachung, Bestrafung und Behandlung sowie die Situation schwangerer Zwangsarbeiterinnen |
Displaced Persons (DPs) |
Einführung in und Überblick über die Geschichte der DPs mit Fokus auf Holocaust-Überlebende und ehemalige Zwangsarbeiter_innen, einschließlich der Tätigkeiten der alliierten Hilfsorganisationen UNRRA und IRO, der Repatriierung und Auswanderung |
Unbegleitete Kinder |
Einführung in und Überblick über die Situation unbegleiteter Kinder und Jugendlicher, die den Holocaust überlebten oder als Zwangsarbeiter_innen verschleppt worden waren. Thematisiert werden die Verfolgungswege der Minderjährigen, ihre Zukunftsperspektiven, die Betreuung durch die Alliierten und die Tätigkeit des Child Search Branch (Kindersuchdienst) |
Wenn Sie an einem Workshop interessiert sind, freuen wir uns, wenn Sie uns eine E-Mail an education [at] its-arolsen [dot] orgschicken. Die Workshops können in deutscher, in englischer und teilweise in russischer Sprache bundesweit und im europäischen Ausland durchgeführt werden. Wir informieren Sie gerne über die Bedingungen und die Vorgehensweise.
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- 27 Jun 2018 - 06:37