Liebe Leserinnen und Leser,
am 1. September 1939 überfiel die deutsche Wehrmacht Polen. Dieses Datum jährt sich also derzeit zum 70. Mal. Dementsprechend groß ist die Anzahl unterschiedlichster Veranstaltungen, die diesem Jahrestag gedenken oder ihn wissenschaftlich aufarbeiten.
Mit dem Überfall auf Polen begann ein Vernichtungskrieg vor allem gegen die osteuropäischen Bevölkerungen, allen voran gegen die Juden. Zugleich bedeutete dieses Datum das Ende der polnischen Staatlichkeit; ein Trauma, das bis heute nachwirkt. Möglich wurde die gewaltsame Auflösung des polnischen Staates auch durch den sog. Hitler-Stalin-Pakt. Im polnischen Geschichtsnarrativ ist daher auch der Einmarsch der Roten Armee am 17. September 1939 von eminenter Wichtigkeit.
Dieser Umstand spiegelt sich auch im Interview mit Katarzyna Mitzner (Dom Spotkan z Historia/ Haus der Begegnung mit der Geschichte) aus Warschau wieder. Dementsprechend selbstkritisch wird der Umgang mit der Geschichte auch von Dr. Irina Scherbakowa, von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, thematisiert.
Ergänzend sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Setzung des Datums für den Beginn des Zweiten Weltkrieges eine Sichtweise beinhaltet, die durchaus mitteleuropäisch zentriert zu nennen ist. So könnte mit viel Berechtigung auch der sogenannte Zweite Japanisch-Chinesische Krieg, der am 7. Juli 1937 begann, in die weltweiten Kriegshandlungen einbezogen werden.
Die Ausstellung Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg, deren Veranstaltungsort verlegt werden musste, weißt auf diesen Umstand hin. Eine Erklärung der Organisator/innen zu den Gründen der Verlegung und dem dahinter stehenden Konflikt finden Sie hier.
Bei aller Vielfältigkeit von Geschichtsbildern, die eine interkulturelle Geschichtsdidaktik mit sich bringt, gilt es jedoch nicht aus den Augen zu verlieren, dass der zentrale Auslöser für Holocaust und Vernichtungskrieg, wie letztlich für die Dimension als weltweiter Krieg, in der Verantwortung der deutschen und ihres nationalsozialistischen Regimes lagen.
Unser nächster Newsletter erscheint am 9. September und beinhaltet Diskussionsbeiträge, Praxisbeispiele und Hinweise auf Ressourcen zum Thema „Historisches Lernen über Sinti und Roma“.
Die Redaktion