Von Tanja Kleeh
Das Podcastformat „Eine Stunde History“ des Senders Deutschlandfunk Nova widmet dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine ganze Folge. In knapp 50 Minuten werden unterschiedliche Aspekte beleuchtet. Moderiert von Meike Rosenplänter, ergänzt der Historiker Matthias von Hellfeld historische Hintergrundinformationen wie Zahlen und Fakten.
Von Hellfeld führt im Dialog mit Rosenplänter sehr allgemein in das Geschehen rund um das Kriegsende in Europa am 8. Mai 1945 ein. Sie führen dabei auch die Diskussion um die Frage, ob der 8. Mai als Tag der Befreiung oder Tag der Kapitulation anzusehen ist. Ebenso wird die Debatte um den 8. Mai als bundesweiten Feiertag angerissen. Um die Stimmungslage nach dem Kriegsende einzufangen, arbeitet der Podcast mit Einspielern von Zeitzeug*innen ebenso wie historischen Audiodokumenten, zum Beispiel der Erklärung der bedingungslosen Kapitulation oder Musikstücken. Zwischen einzelnen Beiträgen, die mit externen Gästen wie den Historikern Volker Ullrich und Norbert Frei gestaltet werden, sprechen immer wieder Meike Rosenplänter und Matthias von Hellfeld miteinander. In ihren Dialogen erwerben die Hörer*innen beinahe nebenbei zusätzliche Informationen, zum Beispiel wie die Neugestaltung Deutschlands durch die Alliierten funktionierte und welche Schwierigkeiten es beispielsweise bei der Denazifizierung gab.
Wie die Bevölkerung die letzten Tage des Krieges allgemein wahrnahm, erzählt der Historiker Volker Ullrich. Er stützt sich hauptsächlich auf Tagebucheintragungen. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass es sowohl Aufbruch- als auch Endzeitstimmung gegeben habe. Einen mikroperspektivischen Zugang bietet Bjoern Weigel, der die Umstände rund um das Kriegsende in Berlin erläutert. Weigel betont, dass die Wahrnehmung dabei stets sehr heterogen gewesen sei. Die Mehrheit der Bevölkerung habe jedoch vor einer ungewissen Zukunft gestanden. Im Falle Berlins müsse auch immer die Besatzung durch die Sowjetische Armee mitgedacht werden. Gerade bezüglich des Neuaufbaus hebt Weigel die Organisation seitens des Stadtkommandanten heraus.
Norbert Frei erörtert die Frage, welche erinnerungspolitischen Folgen aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen werden können. Der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit habe sich von der abgeschlossenen Bewältigung hin zu einer sich ständig verändernden Gesellschaft angepasst. Gefährdet sieht Frei dies etwa durch die AfD. Frei plädiert dafür, sich mit der eigenen Geschichte auseinander zu setzen, als Gesellschaft gegen Antisemitismus und Nationalismus zu stellen.
Der Historiker Harald Schmid von der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten berichtet, wie unterschiedliche Diktaturerfahrungen wahrgenommen werden. Dabei geht es ihm auch darum, was aus der Aufarbeitung des NS-Regimes entsprechend für die Aufarbeitung der SED-Diktatur gelernt werden kann.
Der Podcast ist kein reiner Abriss der historischen Ereignisse am 8. Mai 1945. Durch die unterschiedlichen Interviewpartner*innen werden Perspektiven eingebracht, die nicht gleich ersichtlich erscheinen. Erinnerungskulturelle Ansätze werden reflektiert sowie Anregungen für die eigenen Überzeugen bzw. die potentielle Erinnerungsarbeit eingebracht.
Der Podcast ist in der ARD-Audiothek sowie direkt auf der Homepage von Deutschlandfunk Nova abrufbar.
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- 23 Sep 2020 - 07:54