Von Tanja Kleeh

Das Stadtlabor Digital! ist ein Projekt des Historischen Museums Frankfurt. Ziel ist es, so die Macher*innen, Geschichten von User*innen zu sammeln, in denen das alltägliche Leben in Frankfurt abgebildet wird, „wie [es sich] anfühlt, welche Orte eine besondere Rolle spielen und was die Stadt für euch bedeutet“. Hierfür kommen Videobotschaften, Fotoreihen und Audioaufnahmen zum Einsatz. Die Beiträge können von den User*innen selbst hochgeladen werden. Wie die Mitarbeiter*innen des Historischen Museums schreiben, wird eine wechselnde Auswahl der Beiträge auch in der Dauerausstellung Frankfurt Jetzt! gezeigt.

Insgesamt bietet das Stadtlabor Digital! neun verschiedene Kategorien, denen die Beiträge zugeordnet werden können. Diese werden auf der Karte mit unterschiedlichen Farben dargestellt. Über eine Legende kann eine Kategorie, zum Beispiel „erforschen“ oder „Corona“ ausgewählt werden. Entsprechend wird nur diese Kategorie auf der Karte angezeigt. Parallel dazu ist unter der Karte ein Zeitstrahl, beginnend im Jahr 1275 bis heute (2020), zu finden. Mit Hilfe von Reglern können die Nutzer*innen entscheiden, bis in welches Jahr hinein Beiträge angezeigt werden sollen. Alternativ kann auch erst in einem bestimmten Jahr begonnen werden. Durch diese beiden Unterteilungen ist es möglich, nach epochen- und jahresmäßigen Schwerpunkten zu filtern, aber auch nach thematischen Interessen. Selbstverständlich können alle Kategorien zeitgleich dargestellt werden, so dass einfach durch Ausprobieren Beiträge erforscht werden können.

Mit einem Klick auf die bunten Markierungen im Stadtplan, gelangt man direkt auf die Beiträge. So findet sich zum Beispiel in der Kategorie „streiten“ ein Beitrag aus dem Jahr 2015 über das Occupy Camp am Willy-Brandt-Platz. Ein Kartenausschnitt gibt Orientierung, wo genau sich der Ort befindet. Unter einem Bild des Platzes findet sich ein Audiobeitrag, in dem Teilnehmer*innen des Occupy Camp ihre Eindrücke und Erfahrungen rückblickend schildern. Von Seiten des Stadtlabor Digital! erfahren User*innen zu den einzelnen Beiträgen, wer diese verfasst hat, aus welcher Zeit sie stammen und wann sie eingestellt wurden. Insbesondere letzteres ist interessant zu sehen, sind doch oft Unterschiede zu dem tatsächlichen Entstehungsdatum festzustellen.

Obwohl bereits vor der Covid-Pandemie entstanden, sind unter aktuellen Gesichtspunkten die Beiträge unter dem Reiter „corona“ besonders interessant. Es finden sich zum Beispiel Bilder von leeren Orten wie Einkaufszentren und Autobahnen, aber auch Audiomitschnitte digital gestreamter Konzerte. Insbesondere unter dieser Kategorie ist auffällig, dass sich viele Motive wiederholen, etwa Aufnahmen von Hilfsangeboten, leere Straßen und Plätze, Abstandsmarkierungen in Supermärkten. Betrachtet man diese Häufungen unter der vom Stadtmuseum im Rahmen des Projektes selbst gestellten Fragen, was sich aufzubewahren lohnt, welche Themen, Trends und Diskussionen unbedingt dokumentiert werden sollten, können sicher erste Rückschlüsse gefunden werden.

Allgemein ist festzustellen, dass die Beitragsfreude der User*innen für den Zeitraum ab den 2010er-Jahren deutlich steigt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass große Teile der Gesellschaft seit diesem Zeitpunkt selbst digitaler geworden sind, etwa durch Smartphones und die damit verbundenen Kameras, so dass viel mehr fotografiert wird. Eine genauere Untersuchung wäre hier interessant, auch was die Altersstruktur der beitragenden User*innen angeht.

Fazit

Das Stadtlabor Digital! ist ein spannender Ansatz, die Geschichte einer Stadt von ihren Einwohner*innen erzählen zu lassen. Nutzer*innen müssen sich jedoch bewusst sein, dass die dargestellten Erlebnisse, Bilder und Audiodateien stets selektiv sind. Es bedarf daher einer objektiven Betrachtung. Die Einbindung in die reguläre Ausstellung stellt eine gute Ergänzung da. Wünschenswert wäre die Möglichkeit des mobilen Einsatzes, etwa als App, so dass Frankfurter*innen oder auch Besucher*innen die vielen Beiträge auch vor Ort betrachten können.

 

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