Magazin vom 24. Februar 2016 (02/16)

Bevölkerungstransfers und Zwangsmigration im Rahmen des Zweiten Weltkrieges

Liebe Leserinnen und Leser, 

wir begrüßen Sie zur aktuellen Ausgabe des LaG-Magazins. Diese stellt in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit dar. Sie greift das Jahresthema „Flucht und Vertreibung. Gewaltmigration im 20. und 21. Jahrhundert“ unseres Kooperationspartners, des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, auf. Wir widmen uns diesem Zusammenhang dem Jahresthema in zwei aufeinander folgenden Ausgaben des LaG-Magazins. Die aktuelle Nummer „Bevölkerungstransfers und Zwangsmigration im Rahmen des Zweiten Weltkrieges“ nähert sich ihm in erster Linie aus einer historischen Perspektive und thematisiert vor allem die Flucht und Bevölkerungstransfers von Deutschen, womit notwendigerweise auch geschichtspolitische Aspekte aufgegriffen werden müssen. Gerade auf dem Feld des historischen Lernens ist es notwendig, die Vertreibung deutscher Minderheiten in den Zusammenhang zu deren teilweise herausragender Unterstützung des Nationalsozialismus, wie beispielsweise im Fall der Tschechoslowakei, zu stellen, aber auch allgemein die Gräueltaten und Massenmorde im Rahmen der deutschen Besatzung in Mittel- und Osteuropa zu thematisieren. Flucht und Zwangsmigration der deutschen Minderheiten  beruhen weitgehend auf diesen vorangegangenen Ereignissen. Aufgrund der hohen emotionalen und historischen Aufladung, begleitet von Auseinandersetzungen um Deutungshoheiten,  reicht das Thema des Umgangs mit Flucht und Vertreibung bis in die Gegenwart hinein. Daher ist der historische Umgang kaum von immer wieder aufflammenden aktuellen Diskussionen zu trennen.

In der Märzausgabe dieses Magazins wird der Schwerpunkt auf aktuelle Erscheinungen von Flucht liegen, wobei die Frage mitschwingt, ob und wie die Situation von Geflüchteten mit dem von Deutschland und Europa postulierten Anspruch den universellen Menschenrechten Genüge zu tun, übereinstimmt.

Im Zusammenhang mit dem Jahresthema wird der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge verschiedene Aktivitäten entfalten. Dazu gehört eine Ausstellung mit dem Titel „"Geflohen ? Vertrieben ? Angekommen?! Aspekte der  Gewaltmigration im 20. Jahrhundert"“, die neben dem historischen Kontext auch die Nachkriegssituation aufzeigt sowie auf Definitionen, Rechtsnormen und auf die Erinnerung an die auf der Flucht Gestorbenen und auf den Umgang mit den aufgefundenen Gräbern eingeht. Zudem wird im März die ausführliche Handreichung „Geflohen – Vertrieben – Angekommen?! Aspekte der Gewaltmigration im 20. Jahrhundert“ mit Unterrichtsvorschlägen und Materialien veröffentlicht. Wir werden Sie in diesem Magazin auf die Publikation hinweisen. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

Wir bedanken uns bei den externen Beiträger_innen der Essays im ersten Teil des Magazin, die sich allesamt der Thematik von Bevölkerungstransfers und Zwangsmigration mit der ihr innewohnenden Komplexität angenommen haben.

Micha Brumlik widmet sich der Geschichte der Vertreibungen deutscher Minderheiten im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg. Er setzt sie dabei in Bezug zu Nachkriegsdebatten bis in die Gegenwart.

Einen Gegenwartsbezug auf heutige Fluchtbewegungen und Fragen von Integrationshemmnissen von Geflüchteten stellt Stephan Scholz her. Dabei nimmt er Bezug auf die historischen Umstände.

Das Thema von Lars Breuer ist die Geschichte der Einrichtung einer Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, deren Konturen und inhaltliche Ausrichtung bis heute nicht klar festgelegt sind.

Auch Artur Osinski berührt in seinem Aufsatz die  Nachkriegsdebatte um die Frage der Einrichtung eines Dokumentationszentrums „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ sowie dessen Stiftung. Er bezieht jedoch vor allem polnische Perspektiven auf die Vertreibungsdebatte in seine Betrachtungen ein.

Am Beispiel des Batterieherstellers Pertrix in Berlin-Niederschöneweide geht Isabel Panek dem Schicksal von jüdischen und polnischen Zwangsarbeiter_innen nach. Während erstere 1943 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden, wurden sie durch polnische Zwangsarbeitende aus der Region Zamość „ersetzt“, die durch Zwangsaussiedlungen im Rahmen des »Generalplans Ost« nach Berlin verschleppt wurden.

Wir wünschen Ihnen mit dieser Ausgabe eine ertragreiche Lektüre.

Das nächste LaG-Magazin „EU-Asylpolitik und Menschenrechte – Zwischen Anspruch und Wirklichkeit“, das den thematischen Schwerpunkt weiterführt, erscheint am 23. März 2016.

Beiträge

Zur Diskussion

Micha Brumlik widmet sich der Geschichte der Vertreibungen deutscher Minderheiten im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg. Er setzt sie dabei in Bezug auf Nachkriegsdebatten bis zur Gegenwart.

Mehr
Zur Diskussion

Einen Gegenwartsbezug auf heutige Fluchtbewegungen und Fragen von Integrationshemmnissen von Geflüchteten stellt Stephan Scholz her. Dabei nimmt er Bezug auf die historischen Umstände.

Mehr
Zur Diskussion

Für Lars Breuer ist weiterhin unklar, was genau das Ziel der 2008 gegründeten Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ sein soll. Konservative wehren sich gegen eine Einbeziehung aktueller Fluchtbewegungen. 

Mehr
Zur Diskussion

Artur Osinski bezieht vor allem polnische Perspektiven auf die Vertreibungsdebatte in seine Betrachtungen ein.

Mehr
Zur Diskussion

Am Beispiel des Batterieherstellers Pertrix in Berlin-Niederschöneweide geht Isabel Panek dem Schicksal von jüdischen und polnischen Zwangsarbeiter_innen nach. Während erstere 1943 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden, wurden sie durch durch polnische Zwangsarbeitende aus der Region Zamość „ersetzt“, die durch Zwangsaussiedlungen im Rahmen des »Generalplans Ost« nach Berlin verschleppt wurden.

Mehr
Empfehlung Fachbuch

In seiner Streitschrift setzt sich Micha Brumlik kritisch mit dem Vorhaben der Errichtung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ in Berlin auseinander. Dabei stellt er grundsätzlich die Frage, welchen Platz Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb der deutschen Erinnerungskultur haben sollte.

Mehr
Empfehlung Fachbuch

In der bundesrepublikanischen Erinnerungskultur gehen die Erfahrungen von – unter anderen – polnischen Vertriebenen unter. Eine Studie zur Vertriebenenpolitik in der Volksrepublik Polen und der SBZ/DDR wechselt die Perspektive.

Mehr
Empfehlung Fachbuch

Gedenken, Forschung und europäische Politik rund um ein europäisches „Zentrum gegen Vertreibungen“ ist ideologisch stark aufgeladen. Die „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ beleuchtet diesen komplexen Zusammenhang.

Mehr
Empfehlung Fachdidaktik

Eine vom Institut für Jugendarbeit herausgegebene Broschüre zeigt, welche Potentiale für die geschichtsdidaktische Arbeit mit Jugendlichen in Orten liegen, die an Flucht und Vertreibung im Kontext des Zweiten Weltkrieges erinnern. 

Mehr
Empfehlung Fachbuch

Eine differenzierte, aktuelle und kompetenzorientierte Handreichung für den Unterricht zu Zwangsmigrationen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg.

Mehr
Empfehlung Web

In einem Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung zeigt Michaela Ast, wie das Thema der Flucht und Vertreibung der Deutschen aus den Gebieten östlich von oder und Neiße am Ende des Zweiten Weltkriegs in deutschen Spielfilmen verschiedener Nachkriegsjahrzehnte behandelt wurde.

Mehr
Empfehlung Unterrichtsmaterial

Im Rahmen eines Projekts zur Migrationsgeschichte Nürnbergs ist eine geleitete Internetrecherche zu Flucht und Vertreibung entstanden.

Mehr