Liebe Leserinnen und Leser,
mit der vorliegenden Ausgabe des LaG-Magazins nähern wir uns zwei Thematiken an. Zum einen geht es um das Weiterleben derjenigen, die den Holocaust, Zwangsarbeit oder andere nationalsozialistische Verbrechen überlebt haben und nach 1945 als Displaced Persons (DPs), häufig in Deutschland, gestrandet sind. Eine Heimkehr an die Heimatorte war vielen, vor allem den jüdischen Überlebenden, nicht möglich oder nicht vorstellbar.
Zum anderen geht es um eine mit der ersten eng verbundenen Thematik, die Frage nach Formen der Gerechtigkeit für die Überlebenden der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Auch wenn Gerechtigkeit angesichts des Ausmaßes und der Monstrosität der Verbrechen nicht zu erreichen ist, erlangten die Nachkriegsprozesse gegen NS-Täter/innen dennoch eine hohe Symbolkraft für die ehemals Verfolgten – trotz der aus ihrer Sicht häufig unzulänglich erscheinenden Urteile. So etwas wie Gerechtigkeit scheint aber auch im Gedenken an die Ermordeten auf. Die Erinnerung kann immerhin dazu beitragen, dass die Toten nicht dem vollständigen Vergessen unterliegen und ihre Individualität im Bewusstsein der Nachlebenden bleibt. Zu beiden Themensträngen finden Sie in dieser Ausgabe Essays und Anregungen für historische und pädagogische Annäherungen.
Wir möchten den engagierten externen Autorinnen und Autoren herzlich für ihre Mitarbeit danken.
Markus Nesselrodt greift die Situation jüdischer DPs im Nachkriegsdeutschland auf. Er plädiert dafür, ihre Lebenswege als Teil deutsch-jüdischer Geschichte in der historisch-politischen Bildung aufzugreifen.
Artur Osinski greift eine wenig beachtete Sondersituation im Emsland auf: Die Existenz einer polnischen Enklave in der Stadt Haren, in der polnische DP’s und Angehörige der polnischen Exilarmee lebten.
Anna Turré geht der Frage nach, wie Opfer des Nationalsozialismus, die in sogenannten Kriegsgräbern bestattet wurden, auf Dauer vor dem Vergessen bewahrt werden können.
Wie zwei NS-Prozesse – der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963-65) und der Düsseldorfer Majdanek-Prozess (1975-81) – in der Dauerausstellung des Jüdischen Museums Berlin in einem neuen Kapitel aufgegriffen werden, beschreibt die Kuratorin Monika Flores Martínez.
Die historische Migration jüdischer Displaced Persons greift Anja Schade auf und stellt ein Planspiel zur Fahrt der Exodus 1947 vor.
Birgit Marzinka stellt das pädagogische Onlinemodul „Jüdische Displaced Persons nach 1945“ auf unserem Portal „Lernen aus der Geschichte“ vor.
WIr freuen uns zudem über eine Rezension von Akim Jah zu den Materialien "Nicht durch formale Schranken gehemmt" Die deutsche Polizei im Nationalsozialismus.
Am 3. Oktober erscheint eine Sonderausgabe unseres Magazins. Mit ihr dokumentieren wir das 10. Berlin-Brandenburgische Forum für zeitgeschichtliche Bildung." Das nächste reguläre LaG-Magazin erscheint am 23. Oktober. Es trägt den Titel „Die DDR – Unrechtsstaat? Stasistaat? Zur Auseinandersetzung mit dem Begriff der Diktatur“.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre,
Ihre LaG-Redaktion