Viele Männer und Frauen aus den Internationalen Brigaden verloren ihr Leben in Spanien. Von den etwa 3.500 Deutschen überlebte weniger als die Hälfte. Viele kämpften auch nach der Auflösung der Brigaden noch in der regulären Armee, oder sie halfen den Tausenden Flüchtlingen aus der spanischen Bevölkerung ins Exil, über die Pyrenäen.
Auch für die republikanischen Spanier_innen wurde die Lage immer desolater: Bis zum Herbst 1939 sollten 500.000 bis 700.000 Menschen in spanischen Konzentrationslagern festsitzen, weitere 280.000 in spanischen Gefängnissen, darunter auch der berühmte Dichter Miguel Hernández. Zehntausende wurden hingerichtet – ein bis heute unaufgearbeitetes Kapitel der spanischen Geschichte.
Massenflucht („Retirada“)
Nach dem erzwungenen Abzug der Internationalen Brigaden im September 1938 und der darauf folgenden siegreichen Offensiven der Franco-Truppen riss die Fluchtlinie über die Pyrenäen ins französische Exil nicht mehr ab. Nur aufgrund des internationalen Drucks auf die französische Regierung hatte Frankreich nachgegeben und ließ ab Anfang Februar Flüchtlinge ins Land. Offizielle Zahlen verzeichnen allein bis zum 15. Februar 1939 353.107 Flüchtlinge im französischen Departement Pyrénées-Orientales, das damals etwa 230.000 Einwohner hatte.
Insgesamt stieg die Zahl der Flüchtlinge auf annähernd eine halbe Million Menschen, darunter 170.000 Frauen und Kinder. Nicht wenige schafften die eiskalte, schneebedeckte Passage nicht und starben, wie zum Beispiel der Lebensgefährte von Marina Ginestà oder der berühmte Dichter Antonio Machado, der kurz nach seiner Ankunft an Entkräftung starb.
30.000 Personen gelang im Weiteren eine Flucht ins lateinamerikanische Exil, darunter Kati Horna (Mexiko), Erich und Katja Arendt (Kolumbien) oder Marina Ginestà (Kolumbien).
Zeichnung der Fluchtwege Erich Arendts seit 1933 in Form einer Speisekarte mit Menü, Bogotá, Februar 1943,
Akademie der Künste, Berlin, Erich-Arendt-Archiv, Nr. 1153
Französische Internierungslager
Doch zunächst steckten die meisten Flüchtlinge in sogenannten französischen Internierungslagern fest.
Statt Anerkennung und Ruhm zu ernten, wurden die Kämpfer_innen entwaffnet und auf französischer Seite unter freiem Himmel hinter Stacheldraht interniert. Die Karte zeigt die verschiedenen Internierungslager auf französischer Seite. Vgl. die Artikel Islas Anglo-Normandas y el campo de concentracion de Alderney; (www.holocaustoenespanol.blogspot.com) oder El exilio republicano español (2) (ernesto51.wordpress.com), der Ursprung der Karte war nicht zu ermitteln.
Zum einen war nationalen Gruppen der Rückweg in die Heimat versperrt, da ihnen dort Verhaftung und Prozesse drohten. Die Schweizerin Clara Thalmann beispielsweise wurde in ihrer Abwesenheit wegen „fremdem Kriegsdienst“ zu 10 Monaten Haft verurteilt. Auch ein Großteil der etwa 5.000 portugiesischen Spanienkämpfer_innen blieb in Frankreich, weil ihnen bei ihrer Rückkehr nach Portugal aufgrund eines Runderlasses der Portugiesischen Politischen Polizei vom 17. April 1939 die sofortige Verhaftung drohte. Insbesondere für die deutschen und österreichischen Spanienkämpfer_innen jüdischer Herkunft war wegen rassistischer Verfolgung an eine Rückkehr in das Dritte Reich nicht zu denken.
Abb. 3 und 4: Ankunft der ersten Flüchtlinge aus Spanien an den französischen Stränden, darunter, im Januar 1939, der Schriftsteller und Spanienkämpfer Erich Weinert (links 1939, rechts 1940 mit ersten Hütten, die nach einer Typhusepidemie errichtet wurden), www.floerken.de (6.05.2016)
Aus den Lagern Saint-Cyprien, Argelès und Barcarès folgte für viele der Weitertransport nach Gurs, Pithiviers, Les Milles und andere Lager. Diese lagen in der „freien“ Zone Frankreichs, die noch nicht von den Deutschen besetzt war. Doch dauerte es nicht lange, bis die Vichy-Regierung dem Druck der Deutschen nachgab und ihnen vor allem die jüdischen Landsleute auslieferte.
Wer den Nationalsozialisten in die Hände fiel, wurde in der Regel wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu Haftstrafen verurteilt und danach in Konzentrationslager gesperrt. Allein 7.500 Spanienkämpfer wurden im Konzentrationslager Mauthausen interniert. Andere, darunter die Spanienkämpferin Neus Català im Konzentrationslager Ravensbrück.
„Das Fragezeichen Mensch“. Erinnerungen an die KZ-Haft
Die österreichische Kommunistin Lisa Gavrič schrieb über ihre Zeit in Ravensbrück:
„Es gibt eine Grenze, bis zu der sich der Mensch seinen Tod vorstellen kann. Was darüber hinausgeht, dringt nicht ins Bewusstsein. Dann hören Widerstand und Angst auf.“
In ihren Erinnerungen aus dem 1960er Jahren versuchte sie, ihrer Tochter, die sie erst 10 Jahre nach ihrem Aufbruch nach Spanien wiedersah, ihre getroffenen Entscheidungen und ihr (Über)Leben zu erklären, darunter auch das Unbegreifliche einer KZ-Haft. Ein Auszug aus ihren Erinnerungen an die KZ-Haft findet sich hier.
Vergessene Helden
Cover der Graphic Novel, erschienen im Reprodukt Verlag
Die Graphic Novel „Die Heimatlosen“ (Los surcos del azar) von Paco Roca erschien im Original 2013 und wurde 2015 ins Deutsche übersetzt. Der Comicautor greift die Nachgeschichte des Spanischen Bürgerkriegs auf. Anhand von Miguel Ruiz thematisiert er das Schicksal der anarchistisch oder kommunistisch denkenden Bürgerkriegssoldaten nach dem Sieg der spanischen Faschisten unter General Franco. An vielen Fronten des Zweiten Weltkriegs, insbesondere auf Seiten der französischen Résistance, kämpften sie gegen die deutsche Wehrmacht. Doch als der Zweite Weltkrieg 1945 zu Ende ging, trugen sie für ihre Belange keinen Sieg davon, denn in Spanien sollte noch bis zum Tode Francos 1975 der Faschismus weiter herrschen.
Mit Miguel Ruiz porträtiert Paco Roca eine fiktive Figur, über die wenig bekannt ist. Historisches Vorbild jedoch ist Miguel Campos, ein spanischer Anarchist, der zur La Nueve-Kompanie gehörte und dessen Verbleib ungeklärt ist. Die Geschichte ist die Geschichte einer Begegnung der jungen mit der älteren Generation und zugleich eine unheroische Soldatengeschichte. Ein Strang der Erzählung zeig,t wie Ruiz von einem jungen Zeichner namens Paco besucht wird, der ihn hartnäckig dazu bringt, seine Lebensgeschichte zu erzählen. Der alte Mann öffnet sich dem jungen forschenden Künstler zunehmend und die Lesenden erleben, wie nach und nach ein Vertrauen zwischen beiden entsteht, durch das die vergangenen Ereignisse ans Tageslicht kommen. Ein zweiter Handlungsstrang berichtet von der Odyssee des jungen Soldaten Ruiz, der über den belagerten Hafen von Alicante per Schiff vor den Faschisten fliehen kann und schließlich nach Nordafrika gelangt, weil die Männer auf dem Flüchtlingsschiff, auf dem er sich befindet, in Frankreich nicht von Bord gehen durften. Nach Zwangsarbeit beim Bau der Sahara-Eisenbahn in Straflagern, die unter Kontrolle der Achsenmächte standen, und der Befreiung durch die Alliierten, nahm Ruiz, wie viele andere Spanienkämpfer, an der Befreiung von Paris teil.