Online-Modul: Spanischer Bürgerkrieg

4.2.3 Miguel Hernández – „El Herido“ („Der Verwundete“)

Para el muro de un hospital de sangre.

I.

Por los campos luchados se extienden los heridos.
Y de aquella extensión de cuerpos luchadores
salta un trigal de chorros calientes, extendidos
en roncos surtidores.

La sangre llueve siempre boca arriba, hacia el cielo.
Y las heridas suenan, igual que caracolas,
cuando hay en las heridas celeridad de vuelo,
esencia de las olas.

La sangre huele a mar, sabe a mar y a bodega.
La bodega del mar, del vino bravo, estalla
allí donde el herido palpitante se anega,
y florece, y se halla.

Herido estoy, miradme: necesito más vidas.
La que contengo es poca para el gran cometido
de sangre que quisiera perder por las heridas.
Decid quién no fué herido.

Mi vida es una herida de juventud dichosa.
¡Ay de quien no esté herido, de quien jamás se siente
herido por la vida, ni en la vida reposa
herido alegremente!

Si hasta a los hospitales se va con alegría,
se convierten en huertos de heridas entreabiertas,
de adelfos florecidos ante la cirugía.
de ensangrentadas puertas.

II

Para la libertad sangro, lucho, pervivo.
Para la libertad, mis ojos y mis manos,
como un árbol carnal, generoso y cautivo,
doy a los cirujanos.

Para la libertad siento más corazones
que arenas en mi pecho: dan espumas mis venas,
y entro en los hospitales, y entro en los algodones
como en las azucenas.

Para la libertad me desprendo a balazos
de los que han revolcado su estatua por el lodo.
Y me desprendo a golpes de mis pies, de mis brazos,
de mi casa, de todo.

Porque donde unas cuencas vacías amanezcan,
ella pondrá dos piedras de futura mirada
y hará que nuevos brazos y nuevas piernas crezcan
en la carne talada.

Retoñarán aladas de savia sin otoño
reliquias de mi cuerpo que pierdo en cada herida.
Porque soy como el árbol talado, que retoño:
porque aún tengo la vida.

Für die Wand eines Lazaretts*

I.

Auf den Kampffeldern breiten sich die Verwundeten sich aus.
Und aus den weithin kämpfenden Leibern
sprudelt ein Weizenfeld heißer Strahlen auf,
in dumpfe Ströme sich ergießend.

Immer flutet das Blut mundaufwärts, himmelzu.
Und die Wunden rauschen wie Muschelschnecken,
die in den Wunden Fluggeschwindigkeit,
das Wesen von Wellen ist.

Das Blut riecht nach Meer, schmeckt nach Meer, nach Bodega.
Die Bodega des Meeres, des tapferen Weines zerbirst
Dort, wo herzpochend der Getroffene verblutet
und blüht und sich findet.

Verwundet bin ich, schaut: ich brauche mehrere Leben.
Was ich berge, ist ewig für den großen Auftrag des Blutes,
das ich verlieren möchte durch meine Wunden.
Sagt, wer wurde nicht verwundet.

Mein Leben ist eine Wunde aus glücklicher Jugend.
Unglücklich, wer nicht versehrt ist, wer sich niemals verwundet fühlte
Durchs Leben und nicht das Leben,
freudig verwundet, genießt.

Wenn man freudig in die Spitäler geht,
verwandeln sie sich in Gärten aus halboffenen Wunden
und blühenden Staubfäden vor
den blutigen Türen der Chirurgie.

II

Für die Freiheit blute ich, kämpfe ich, lebe ich fort.
Hier, für die Freiheit meine Augen und meine Hände,
wie ein Baum von Fleisch, großherzig, klug,
geb ich sie hin den Chirurgen.

Für die Freiheit fühl ich mehr Herzen in der Brust
Als Sand am Meer: Wogenschaum geben sie meinen Adern,
und ich dringe ein in die Watteballen der Lazarette wie in Lilienfelder.

Für die Freiheit trenne ich mich mit Kugelschüssen
Von denen, die ihr Bildnis in den Dreck traten.
Unter Schlägen trenne ich mich von meinen Füßen und Armen,
von meinem Haus, von allem.

Denn in die leeren Höhlen
Wird sie zwei Steine aus künftigem Blick einsetzen,
sie lässt neue Arme, neue Beine wachsen
in dem verheerten Fleisch.

Reliquien, beflügelt mit herbstlosem Saft,
werden aus meinem Leib, den ich mit jeder Wunde verliere.
Denn ich bin wie der gestürzte Baum, der von neuem treibt:
Weil in mir noch Leben ist.

 

* Wörtlich: Für die Wand eines Hospitals von Blut

Der Dichter Miguel Hernández, in seinem ersten Beruf Schafhirte und tief in die katholischen Strukturen des alten Spaniens integriert, gehörte zu einem der engagiertesten Verfechter der republikanischen Seite. Seine Gedichte fanden sich in allen ihren Zeitungen, er selbst reiste an alle Frontabschnitte, um seine Liebes- und Kriegsgedichte zu rezitieren.

„Die Chronik des Krieges und die eigene Entflammtheit sind ganz von dem Intimsten seines Lebens durchdrungen: Die Geburt des Sohnes, dessen Tod, der ihm zum Vorgefühl eigenen Todes wird und ihn den Krieg als eine zu bejahende Tragödie empfinden lässt, wachsen ins allgemeine Geschehen. Anfangs geben Begeisterung, die Bejahung der Opfer, der Durchbruch aus metaphysischen Bereichen in die Wirklichkeit der Freude […] den Hauptton der Strophen an, aber mit der Dauer des Krieges verdunkelt sich seine Welt. Hernández, aus innerster Logik seines Lebens Sozialist geworden, hatte die Erhebung des Volks gegen das alte Spanien der Kasten, der Grundbesitzer, der Enge und Grausamkeit als einen klärenden Wettersturz empfunden, und seine wahrhaft poetischen Bilder sozialen Lebens sind […] von elementarer Kraft. Drei Jahre Blutvergießen aber lassen in ihm die Sehnsucht nach Frieden immer stärker werden […] und der Krieg wird immer mehr als ein Durchgang zur Humanität, als letzte menschliche Bewährung erfahren.“ (Erich Arendt, S. 326)

Das Gedicht „El Herido“ („Der Verwundete“) spiegelt die Ambivalenz zwischen heldenhaftem und verlustreichem Kampf für ein höheres Ziel. Es ist eines der wenigen poetischen Zeugnisse des Bürgerkrieges, in dem der Blick auch auf die Tatsache gerichtet wird, dass Krieg immer auch Gewalt, Leid und Tod bedeutet, den die Kämpfenden zu Tausenden erleiden mussten.

Miguel Hernández wurde erst in den vergangen Jahren von der spanischen Regierung als Opfer der Franco-Diktatur anerkannt. Doch das von der Franco-Justiz gegen ihn verhängte Urteil, das ihn während des Spanischen Bürgerkrieges zur Haft in zahlreichen Gefängnissen verurteilte, wo er schließlich an einer Lungentuberkulose starb, besteht weiter.

„Anno 1972 veröffentlichte der katalanische Liedermacher Joan Manuel Serrat ein Album mit vertonten Gedichten von Miguel Hernández, darunter auch ‚Para la libertad’: ‚Für die Freiheit / will ich bluten, kämpfen und leben / mit meinen Augen, meinen Händen / wie ein Baum aus Fleisch und Blut.’ Als 1975 der Diktator Francisco Franco starb, wurde „Para la libertad“ für viele Spanier zu einer Hymne an die Demokratie. Doch trotz der Begeisterung war das Publikum ideologisch gespalten. Politisch links orientierte Spanier feierten den Dichter als ihren Märtyrer; die meisten Rechten hingegen scheuten ihn wie der Teufel das Weihwasser. Schließlich war Hernández nicht nur Kommunist, sondern auch ein Abtrünniger.“ (Martina Sabra)

Literatur

 

  • Miguel Hernández, Gedichte. Poemas, ausgewählt und übertragen von Erich Arendt und Katja Heyer-Arendt, Köln, Berlin 1965 (zweisprachig), S. 164f.

  • Folgende Gedichte wurden vom Liedermacher Joan Manuel Serrat (* 1943 in Barcelona) vertont und gesungen: Canción del esposo soldado; Cerca del agua; Como el toro he nacido para el luto; Dale que dale; Del ay al ay por el ay; El mundo de los demás; El niño yuntero; Fue una alegría de una sola vez; Hijo de la luz y de la sombra; La boca; La palmera levantina; Las abarcas desiertas; Llegó con tres heridas; Menos tu vientre; Nanas de la cebolla; Para cuando me ves tengo compuesto; Para la libertad, Romancillo de Mayo; Si me matan, bueno; Sólo quien ama vuela; Tus cartas son un vino; Umbrío por la pena; Uno de aquellos o [Al soldado internacional caído en España];

Weiter zu

Antonio Machado – „Otro Clima“ („Anderes Klima“) 

Erich Arendt „Es hat die Besten der Welt bewegt“ 

Erich Weinert – „Kinderspiel in Madrid“

Federico García Lorca – „La Guitarra“ („Die Gitarre“)

 

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