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Das folgende Gespräch führt Dr. Matthias Heyl mit Dr. Irmgard Zündorf im Rahmen der Vernetzungsfachtagung „Was noch erinnert werden kann - Aufarbeitung lokaler NS-Geschichte in Brandenburg mit Jugendlichen“, die am 13. und 14. Dezember 2018 in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück stattfand.
Heyl: Frau Zündorf, was treibt das ZZF im Moment um, was NS-Geschichte im Land Brandenburg betrifft und wie könnte sich daraus eine Zusammenarbeit in der Jugendarbeit ergeben?
Zündorf: Ich weiß gar nicht, ob alle mit der Abkürzung ZZF etwas anfangen können.
ZZF steht für Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam. Wir sind Anfang der 90er-Jahre gegründet worden, mit dem Ziel die DDR-Geschichte aufzuarbeiten. Das haben wir auch lange Zeit sehr intensiv gemacht, haben inzwischen aber nicht mehr nur die DDR-Geschichte, sondern die deutsche und europäische Geschichte im 20. Jahrhundert, dementsprechend auch NS-Geschichte.
Das ZZF betreibt vor allem Grundlagenforschung. Das bedeutet, dass die meisten Kollegen vor allem in den Archiven arbeiten und ihre Ergebnisse in Büchern darstellen. Von daher haben wir bislang kaum Arbeitsbeziehungen zu jüngeren Menschen als zu Studierenden. Wir sind für die Arbeit mit Jugendlichen nicht ausgebildet, das sozusagen vorweg. Wenn wir zum Beispiel Anfragen haben von Schülergruppen, dass sie sich gerne mal anschauen möchten was wir machen, kann ich nur sagen: Das sieht ziemlich langweilig aus: Unser Haus besteht aus Büros und da sitzen Leute an Schreibtischen.
2009 ist meine Stelle „Wissenstransfer und Hochschulkooperation“ am ZZF eingerichtet worden. Sie dient dazu, unsere Fachwissenschaftler mit anderen Projekten außerhalb der Forschung in Verbindung zu bringen und sozusagen eine Schnittstelle zwischen unserem Haus und Einrichtungen zu bieten, die sich an die breite Öffentlichkeit wenden, wie zum Beispiel Museen, Gedenkstätten, aber auch Internetprojekte oder ähnliches. Diese Einrichtungen melden sich zum Beispiel und sagen: „Wir haben ein Projekt zu den KZ-Außenlagern vor. Was könnten wir da machen? Gibt es bei Ihnen am Haus einen Fachwissenschaftler dazu? Kann der uns beraten und uns dazu was erzählen?“ Und dann versuche ich zu vermitteln, dass die zusammen ins Gespräch kommen oder klinke mich selber ein, dass ich mit den Fachwissenschaftlern spreche und dann die Brücke zu den Projekten vor Ort bin.
Konkret setzen wir uns in den letzten Jahren mit der NS-Geschichte zum Beispiel im Rahmen der Behördenforschung auseinander. Inzwischen hat ja jedes Bundesministerium – also fast jedes – seine Geschichte aufarbeiten lassen. Und da sind wir auch involviert. Zum Beispiel gab es ein Projekt zur Geschichte des Bundesinnenministeriums und aktuell bearbeiten wir die Entwicklung des Bundeskanzleramtes. Auch die Aufarbeitung der Kontinuitäten in den Landesministerien wird angedacht bzw. vereinzelt schon durchgeführt. Darüber hinaus werden auch immer wieder Projekte zur Unternehmensgeschichte im NS durchgeführt. Ein Kollege bei uns am Haus hat sich zum Beispiel mit der Geschichte der Dresdner Bank oder der Geschichte des Flick-Konzerns auseinandergesetzt. Darüber hinaus setzen wir uns in der Forschung aber auch übergreifend zum Beispiel mit der Sozialgeschichte des Nationalsozialismus auseinander. Was wir bisher weniger betreiben ist eine NS-Geschichte Brandenburgs oder der Stadt Potsdam. Stadt- oder Regionalgeschichte betreiben wir kaum. Das ist auch ein Vorwurf ans ZZF, der gemacht wird. In Potsdam wurde z.B. das stadtgeschichtliche Museum (Potsdam Museum) aufgefordert, die NS-Geschichte stärker in ihrer Dauerausstellung zu präsentieren. Die sagen dann: „Dafür brauchen wir aber erst einmal die Grundlagenforschung. Wir können nichts ausstellen, wovon wir gar nicht genug wissen. Und wenn wir doch vor Ort so ein Institut haben, sollen die das doch mal erforschen und wir können das dann zeigen.“ So funktioniert es dann aber auch wiederum nicht, weil wir letztendlich kein Potsdamer Institut sind sondern....
Heyl: ...das ZZF sucht eher den großen Wurf?
Zündorf: So möchte ich es auch nicht nennen. Wir betreiben eher allgemeine Grundlagenforschung.
In einer weiteren Abteilung setzen wir uns zum Beispiel mit der Mediengeschichte auseinander. Dort werden unter anderem Fragen der Visual History verhandelt: Wie geht man mit Bild-Quellen um? Wie kann man diese digitalisieren, archivieren, inventarisieren? Große Digitalisierungsprojekte werden jetzt begonnen, die sich auch mit der Frage möglicher Vernetzung auseinandersetzen. Bislang gibt es vor allem viele einzelne Digitalisierungsprojekte mit ganz unterschiedlichen Datenbanken, die natürlich nicht mit der Datenbank des jeweils anderen Instituts verknüpft werden können. Wir wissen alle, dass das nicht besonders sinnvoll ist, machen es aber trotzdem. Wir versuchen nun ein übergreifendes Projekt zu starten, das sich mit der Digitalisierung von Quellen beschäftigt bzw. der Verschlagwortung, damit auch andere damit arbeiten können. Das ist ein Projekt, dass viele Schnittpunkte zu anderen bieten kann. Das ist etwas, wo wir mit der Universität, mit Studierenden aber eben auch mit Museen, Gedenkstätten gut zusammenarbeiten können. Letztere haben ja vor allen Dingen das Material – also die Bilder, aber weiteres Material liegt auch noch überall versteckt. Die Quellen liegen im Keller oder auf dem Dachboden. Es gibt sicherlich noch in jeder Familiengeschichte interessante Objekte zu entdecken. Dies Quellen kann man rausholen und für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Oft wollen die Museen oder Gedenkstätten die Objekte jedoch gar nicht unbedingt physisch in ihre Sammlung aufnehmen, aber hätten schon ganz gerne gewusst, was es wo eigentlich gibt. In diesem Zusammenhang gibt es die Überlegung die Quellen zu digitalisieren und in Datenbanken aufzunehmen. Das Original bleibt jedoch bei den Eigentümern. Die Museen wissen dann wo diese Sachen dezentral liegen und können auch damit arbeiten. In der Vernetzung der dezentralen Sammelorte ist noch sehr viel Spielraum.
Da ich gerade eben unsere Zusammenarbeit mit der Universität angesprochen habe möchte ich darauf verweisen, dass wir mit der Universität Potsdam, der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin kooperieren. Eine sehr enge Kooperation besteht dabei mit der Freien Universität, mit der wir gemeinsam den Studiengang Public History durchführen. In diesem Studiengang setzen sich Studierende mit der Darstellung von Geschichte in der Öffentlichkeit auseinander.
Ein Ziel ist es, mit den Studierenden Projekte auszuarbeiten, wie man Geschichte in der Öffentlichkeit, zum Beispiel in Museen, in Gedenkstätten, in Geschichtsjournalen, in Internetprojekten oder Ähnlichem präsentieren kann. Die Public History-Studierenden bekommen keine schuldidaktische Ausbildung aber wir haben ein sehr starkes Modul zur Geschichtsdidaktik innerhalb dieses Studiengangs. Wir konzipieren zur Zeit ein aus meiner Sicht sehr schönes Projekt in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz. Und zwar geht es um das Thema, das 2019 sozusagen ansteht: die Erinnerung an den Beginn des Zweiten Weltkriegs, den Überfall auf Polen und den sogenannten Polenfeldzug. Die Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz hat ein Fotoalbum eines Wehrmachtssoldaten, der diesen Feldzug privat fotografiert hat, in einer Art virtueller Ausstellung online gestellt. Die Idee war nun, dass das Album nicht alleinstehen soll, sondern weitere Alben gesammelt und öffentlich präsentiert werden sollen. Die Gedenkstätte hat jedoch nicht die Kapazitäten sich mit diesen Fotos umfangreich auseinanderzusetzen. In vielen Fällen ist nicht geklärt, wer genau der Fotograf war, wo die Fotos aufgenommen wurden und was der historische Kontext konkret war. Das muss recherchiert werden: Wer war dieser Wehrmachtssoldat, welche Kompanie, wo ist die hergezogen, was ist auf diesen Fotos eigentlich wirklich zu sehen bzw. was wurde eigentlich nicht fotografiert? Das ist eine sehr interessante Arbeit für Studierende – im Sinne der Recherche, der Auseinandersetzung mit Bildern und Bildgeschichte aber natürlich auch der Aufarbeitung der NS-Geschichte. Aber auch für die Museen kann ein solches Projekt interessant sein, um sich mal mit den eigenen Materialien auseinanderzusetzen. Meistens schaffen die Häuser dies aus der eigenen Kapazität heraus gar nicht. Ich bin mir sicher, dass man da in den verschiedenen Einrichtungen noch sehr viele interessante Bestände finden und bearbeiten kann.
Im Rahmen des Projekts wollen wir allerdings gezielt Privatpersonen auffordern ihre „Schätze auszugraben“, also ihre alten Fotoalben zu suchen und uns zur Verfügung zu stellen. Wir haben daher einen Social Media-Aufruf gepostet, mit der Hoffnung bzw. der Bitte: „Wenn sie so etwas zu Hause finden, dann melden sie sich doch bei uns. Wir werden uns diese genau anschauen und klären, was auf den Bildern zu sehen ist.
(Den Sammelaufruf finden Sie hier, die Redaktion.)
[Aus dem Publikum: Und da ist viel gekommen?]
Zündorf: Der Aufruf ist gerade erst gestartet. Ich kann Ihnen Anfang 2019 mehr zum Rücklauf sagen.
Heyl: Die Quellen sind zum Endverbleib, oder wie ist das gedacht?
Zündorf: Auch da ist es so gedacht, dass wir die Fotos erst einmal digitalisieren und dann denjenigen zurückgeben, denen sie gehören.
Heyl: Herr Kersting hat ja deutlich gemacht, dass er auch die Chance sieht, dass Initiativen von Jugendlichen ein bisschen wie die Trüffelschweine die Trüffel finden, die dann für die Forschung auch durchaus wichtig sind. Wäre das etwas, wo du sagen würdest, das wäre vielleicht auch ein Weg, das ZZF mit seinen Fachwissenschaftler_innen stärker zu interessieren für die Arbeit, die vor Ort gemacht wird? Dann mit der Chance, einerseits Wissenstransfer in die eine Richtung, den Jugendlichen Formen des wissenschaftlichen Arbeitens praktisch vorzuführen, vielleicht auch bei der Bewertung von bestimmten Quellen zu helfen, andererseits aber auch ein Transfer in die umgekehrte Richtung, die Quellen der Jugendlichen nutzen zu können.
Zündorf: Schülerinnen und Schüler oder eben Studierende als „Trüffelschweine“ zu nutzen – schöner Begriff, ich weiß nicht ob der so ankommt –, bietet eine Möglichkeit der Zusammenarbeit. Wir haben zum Beispiel beim Projekt zum Polenfeldzug auch überlegt, ob Social Media überhaupt der richtige Kanal für die Aufrufe ist – das trifft doch gar nicht die Zielgruppe. Das sind doch ältere Herrschaften, die werden ja nicht bei Facebook schauen und sich dann bei uns melden. Dann haben wir aber auch daran gedacht, dass wir ja nicht die Zeitzeugen selbst ansprechen können, sondern deren Enkelkinder. Die schauen sich vielleicht zu Haus um, finden Sachen und überlegen, was das eigentlich ist. Auf die wollen wir zurückgreifen, weil die eher die sind, mit denen wir zusammenarbeiten können. Wir möchten die Jugendlichen aber nicht einfach als Sachen-Finder benutzen, sondern sie auch darin schulen, die Dinge genau zu betrachten und zu fragen: Was seht ihr denn da eigentlich? Ich glaube, dass die Zusammenarbeit mit den Studierenden und vielleicht auch mit unseren Doktoranden da gut funktionieren kann, die sich auch mit dieser relativ neuen Quellengattung auseinandersetzen. Und damit meine ich zum Beispiel Fotos. Ich habe während meines Studiums nicht mit Fotos als Quellen gearbeitet, sondern mit Aktenfunden, mit Schriftquellen. In der Geschichtswissenschaft setzen wir uns erst seit vielleicht 20 Jahren damit stärker auseinander. Wenn man also mit Jugendlichen mit Fotos arbeiten möchte, sind auch bei uns die jüngeren Forschenden dafür in der Vermittlungsarbeit oder in der Projektarbeit die richtigen Ansprechpartner. Die haben dazu auch Lust und möchten, glaube ich, gerne auch mitarbeiten. Wir suchen auch gerade im Sinne von Crowd-Sourcing Material, das wir selber persönlich ja überhaupt nicht auffinden könnten. Da wäre dann die Zusammenarbeit mit einer Projektgruppe, die vor Ort irgendetwas Interessantes gefunden hat, denkbar. Zusammen könnte überlegt werden: Was macht ihr denn jetzt mit dem Fund? So ein Fotoalbum muss ja auch erst einmal erschlossen werden. Sich gemeinsam zu überlegen, wie im Sinne der Methoden der Visual History damit gearbeitet werden kann, das stelle ich mir interessant vor. So ein Projekt muss jedoch erstmal konzipiert werden und dafür am Haus die richtigen Ansprechpartner gefunden werden – nicht alle Kolleginnen und Kollegen sind die passenden Partner. Sie sind in erster Linie Grundlagenforscher und nicht in der Vermittlungsarbeit oder der Projektarbeit mit Jugendlichen ausgebildet.
Heyl: Wie ist da die Chance? Also ich spinne mal rum, es gibt den Außenlagerstandort, wo es skandalöserweise zwölf Sekunden Film über das Außenlager gibt, wo man die Häftlinge zum Außenlagerstandort gehen sieht. Und es bemüht sich dort jemand, die Gesamtfilmaufnahme zu bekommen. Die sind noch nicht digitalisiert. Da hat man dann einen Fundus von wahrscheinlich sozialgeschichtlichem Drumherum an einem ehemaligen Lagerstandort, ungeordnet, wahrscheinlich mit ganz viel Privatem. Aber es ist eine Quelle, die wert ist, geborgen und digitalisiert zu werden. Man stelle sich vor, jemand aus einem Projekt, das sich damit beschäftigt, säße hier und hat jetzt gehört, da gibt es diese Digitalisierungsbemühungen, da gibt es auch die Geschichte, dass man sich schwer tut, sich mit Firmengeschichten beschäftigt. Die Munitionsfabrik war eine bedeutende brandenburgische Firma. Wie kommt man jetzt an eure Expertise? Wo wären dann die Möglichkeiten, mit euch ins Gespräch zu kommen? Und wie wäre sozusagen der geregelte Weg, wo man vielleicht eine Perspektive entwickeln kann, dass es euch nicht überfordert, dass lauter Kleinanfragen kommen, sondern, dass möglicherweise „Zeitwerk“ die Ideen sammelt aus den einzelnen Projekten und dich dann fragt: Habt ihr da Möglichkeiten dies oder jenes mit uns auf den Weg zu bringen? Ob mit den Studierenden oder mit einem dieser Zweige, in denen ihr arbeitet.
Zündorf: Das würde ich sagen, ist klassisch meine Aufgabe im Haus, diese Schnittstelle zu sein. Auf unserer Webseite kann man zwar schauen, wer an welchem Projekt arbeitet. Und dann sieht man: „Ach ja, das ist der Fachmann dafür, dann schreibe ich den doch an.“ Das würde ich einfach nicht empfehlen. Es kann sein, dass man auf einen total interessierten Kollegen trifft, das muss aber nicht unbedingt sein. Daher möchte ich anbieten, dass Sie sich zunächst an mich wenden und ich Ihnen dann den passenden Projektpartner empfehle bzw. den Kontakt vermittle.
Da kann man entweder sagen: "Mit dem könnt ihr direkt was machen." oder "Lasst uns doch mal einen gemeinsamen Workshop machen und wenn ihr ein spezielles Thema habt, zu dem und dem Außenlager, dann kriege ich auch für einen Workshop oder einen einstündigen Vortrag, verschiedene Kollegen, etwa zur Unternehmensgeschichte oder zur Medienauswertung hinzu.“ Dann kann man sich da für einen Tag zusammensetzen und die erzählen jeweils aus ihrer Perspektive, worauf man achten müsste.
Heyl: Gäbe es die Möglichkeit, darüber nachzudenken, vielleicht irgendwann mal ein Schwerpunktseminar mit Studierenden zu machen, die sich vielleicht als Servicekräfte für die Projekte vor Ort begreifen könnten? Wir kennen das ja auch vom Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, der hier Thema war. Wir haben das in allen Bundesländern, dass dann Fachbereiche sich bereit erklären, mit Studierenden so eine Tutor_innenleistung zu erbringen um Jugendliche beim Forschen zu unterstützen, und dabei selber auch die Erfahrung zu machen, wie das mit der Vermittlung läuft. Das ist ein außerschulisches Tun. Das böte die Chance, im Studiengang selber zu lernen, Geschichte auch anders zu vermitteln, und vielleicht auch den Jugendlichen nicht konventionelle Formen der Darstellung nahe zu bringen. So, dass sie nicht am Ende wieder bei der Ausstellung landen, die furztrocken das Museum imitiert und – in der Regel, weil man die Kompetenzen nicht hat – irgendwo ins Niedrige schlittert. Gäbe es solche Möglichkeiten?
Zündorf: Ja, also so etwas kann ich mir sehr gut vorstellen. Wir oder die Studierenden untereinander versuchen das z.B. schon von Studierenden für andere Studierende zu machen. Das ist jetzt auch eine Idee, die von unseren Studierenden selber kam, so eine Art Barcamp zu organisieren. In diesem Fall mussten die Studierenden mir auch erst einmal erklären, was sie da vorhaben, weil ich noch nie auf einem Barcamp war.
Aus dem Publikum: Können Sie kurz sagen, was das ist?
Zündorf: Die Studierenden haben es mir so erklärt, dass es eine „Un-Konferenz“ ist, eine Nicht-Konferenz. Es soll nicht so sein, dass jemand hier vorne sitzt und Ihnen in einem 20minütigen Vortrag erzählt, was sie oder er alles Wichtiges weiß. Sondern Ziel des Barcamps, ist vielmehr Themen und Fragen zu erarbeiten. Man sitzt zu Anfang zusammen und überlegt: Worüber möchten wir reden? Welche Themen würden uns hier ganz speziell interessieren? Und dann stellen sich verschiedene Interessensgruppen raus und man sagt: "Ok, um neun Uhr gibt es die Gruppe, die das Thema xy bespricht, usw." Und da sitzen dann jeweils die Leute zusammen, die darüber brainstormen. Es ist keiner, der einen Vortrag hält, das ist der wichtigste Punkt. Es hieß, wer vorbereitet ist und einen Text abliest, muss das Catering bezahlen. (Lachen im Publikum) Dementsprechend erarbeitet man sich gemeinsam bestimmte Themen. Das Ziel ist nicht Wissensvermittlung, sondern eher Fragen zu entwickeln, Themen herauszuarbeiten. Dafür dürfen in den Gruppen allerdings schon auch Personen aus verschiedenen Bereichen sein, die sich schon ein bisschen mehr mit einzelnen Fragen auseinandergesetzt haben – aber die sollen trotzdem keine vorbereiteten Vorträge halten. Es sollen schon auch die jeweils Interessierten, zum Beispiel Public History-Studierende, aber dann auch Studierende der geschichtswissenschaftlichen Schwerpunktthemen, aber zum Beispiel auch Studierende der Architektur, gemeinsam eingeladen werden. Aus meiner Sicht wäre es interessant auch mal Studierende der Denkmalpflege, des Denkmalschutzes einzuladen, oder der Archäologie. Sie sind alle noch keine Experten, haben aber doch schon ein Verständnis ihres Fachbereichs, dass sie vielleicht mit anderen aus anderen Themenschwerpunkten teilen können. Die Architekten könnten uns zeigen, was man an Gebäuden sehen kann und wir könnten gemeinsam versuchen historische Bauten zu lesen. Das haben wir zum Beispiel auch einmal in einem interdisziplinären Projekt gelernt. Und da würde ich sagen, ist dann der Schritt auch nicht allzu weit, dass man das eben mit Schülerinnen und Schülern diskutiert. Weil so viel Ahnung von Architektur wie ich habe, haben wahrscheinlich auch die Schülerinnen und Schüler. Das ist glaube ich gar nicht schlecht um sozusagen auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten.