Einleitung
Einwanderung von Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion
Zwischen den Jahren 1989 und 2009 sind ungefähr 219.000 Personen jüdischer Herkunft aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen. Damit hat sich die Anzahl der Mitglieder von jüdischen Gemeinden in Deutschland beinahe vervierfacht: Ende 1989 gab es 28.000 Gemeindemitglieder und Ende 2006 waren es fast 108.000 Mitglieder. Doch wie und warum sind Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland eingewandert?
Ihre Abwanderung beginnt zu einer Zeit, als die Sowjetunion noch existierte. Das war im Jahr 1989. Bis zur Mitte dieses Jahres hatten schon rund 50.000 Juden die Sowjetunion verlassen. Viele von ihnen gingen in die USA oder wanderten nach Israel aus, aber immer mehr jüdische Auswanderer zog es auch nach West-Berlin. Als der Auflösungsprozess der Sowjetunion begann, befürchteten sie einen Anstieg des Antisemitismus.
Die erste frei gewählte Regierung der DDR versprach „verfolgten Juden“ in der DDR Asyl zu gewähren. Das war im April 1990. Zu diesem Zeitpunkt gab es in der DDR aber eigentlich noch kein Asylrecht. Erst im September desselben Jahres beschloss der DDR-Ministerrat, Jüdinnen und Juden unbürokratisch aufzunehmen. Zur gleichen Zeit erliess die westdeutsche Regierung einen kurzfristigen Einreisestopp für jüdische Flüchtlinge. Trotzdem wanderten viele Menschen auch ohne rechtliche Regelung ein und nutzten dafür ein Touristenvisum. Ende 1990 lebten etwas mehr als 3.000 jüdische Personen in so genannten Aussiedler-Heimen in Berlin und Ostdeutschland.
Erst nach der deutschen Vereinigung wurde im Januar 1991 der Aufenthalt der zugewanderten Jüdinnen und Juden in Deutschland mit einem Gesetz geregelt. Dieses Gesetz bekam den Namen „Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge“, oder kurz: „Kontingentflüchtlingsgesetz“ (Kontingent im Sinne einer bestimmten Quote). Auf der Grundlage dieses Gesetzes dürfen Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion einwandern und werden nach einem bestimmten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Aufgenommen werden Menschen, die mindestens einen jüdischen Elternteil haben; außerdem ihre Ehepartner/innen und Kinder unter 18 Jahren.
Im Jahr 2005 wird diese Zuwanderung neu geregelt und das Gesetz aus dem Jahr 1991 verfällt. Nun müssen jüdische Zuwanderinnen und Zuwanderer ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen und in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern. Außerdem müssen sie von einer jüdischen Gemeinde aufgenommen werden.