Von Lisa Just
Im Rahmen der Workshopreihe „Pädagogische Konzepte gegen Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft“ konzipierten die Pädagoginnen und Pädagogen der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) ein Planspiel zur Staatsgründung Israels.
Ausgangspunkt war die konstatierte Zunahme antisemitischer Äußerungen und dahinter stehender Haltungen seit Beginn der zweiten Intifada im Jahr 2002. Der Nahostkonflikt sei dabei zur Projektionsfläche für antisemitische Ressentiments geworden, so die Autoren. Mit ihrem Ansatz möchten sie der verkürzenden Darstellung des Konflikts als einer Auseinandersetzung zwischen „den Israelis“ und „den Palästinensern“ entgegen wirken. Indem sich Jugendliche mit der Geschichte des Konflikts auseinandersetzen, sollen die Komplexität der Situation und die Haltungen unterschiedlicher Interessengruppen nachvollzogen werden.
Das Planspiel beginnt mit einem Quiz zum Wissensstand der Teilnehmenden, bevor sie sich in Kleingruppen den historischen Hintergrund des Konflikts erarbeiten sollen. Auf diese Weise sollen die Ursachen des Konflikts beleuchtet und die Unterschiedlichkeit der Interessen kennen gelernt werden.
Erst nach dieser einleitenden Einheit beginnt die Vorbereitung des eigentlichen Planspiels. Dazu werden die acht verschiedenen Rollenkarten an Kleingruppen mit jeweils 2-3 Teilnehmerinnen und Teilnehmern verteilt. Die verschiedenen Rollen sind: Großbritannien (mit doppelter Stimmenanzahl), Zionisten um Ben Gurion, revisionistische Zionisten, Großmufti von Jerusalem, Nassashibis, Transjordanien und Ägypten. Verhandelt wird über die Umstände der Staatsgründung Israels.
Mindestens ebenso wichtig wie das Spiel ist die Auswertung dessen, da Planspiele großes Konfliktpotential in sich tragen, unabhängig vom Thema. Doch gerade bei diesem Thema sind die vorgefassten Meinungen und Emotionen oft so stark, dass es den Spielablauf erheblich beeinflussen kann. Die Spielauswertung muss das auffangen.
Die Materialien bestehen aus den Quizfragen (mit jeweils mehreren möglichen Antworten), einem in jugendgerechter Sprache verfassten Übersichtstext über die historischen Hintergründe, die acht verschiedenen Rollenkarten, einem Beobachtungsbogen für alle als Beobachter eingeteilten Teilnehmer sowie einem Arbeitsblatt samt Kartenmaterial zur Staatsgründung Israels.
Die KIgA hat ein weiteres Rollenspiel zum Nahostkonflikt konzipiert und getestet, dessen Ausgangspunkt aber die gegenwärtige Lage in der Region ist. Innovativ ist daran, dass es eine Mädchen- sowie eine Jungenversion des Spiels gibt. Aus den Erfahrungen der Pädagoginnen und Pädagogen heraus scheint dies angemessen zu sein, um unterschiedliche Reaktionen, die vermutlich mit Geschlechterrollen zusammenzuhängen, aufzufangen.
Hilfreich für die Vorbereitung dieses Planspiels ist eine Spielauswertung, welche die Pädagog/innen der KIgA veröffentlicht haben. Darin werden mögliche Konfliktlinien und Probleme bei der Durchführung des Planspiels deutlich. Dazu mehr.
Zum Planspiel der KIgA zur Gründung Israels.
Zum Weiterlesen:
Christel Schrieverhoff hat einen lesenswerten Beitrag zur Frage der Objektivität im Nahostkonflikt verfasst. Darin gibt sie einen Überblick über festgefahrene Positionen in der deutschen Berichterstattung über den Konflikt. Anhand dessen stellt sie verschiedene Forschungsansätze und Methoden zur Urteilsbildung vor.
Zum Beitrag von Christel Schrieverhoff: http://www.dialog-sowi.de/Nahostkonflikt.pdf
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- 16 Dez 2010 - 12:35