691 Patientinnen und Patienten verließen ab dem 20. Mai 1940 mit insgesamt 11 Transporten die damalige Heilanstalt Weißenau in grau angestrichenen Bussen in Richtung Grafeneck auf der Schwäbischen Alb. Grafeneck war der erste Ort der systematischen Tötung von Menschen aus psychiatrischen Einrichtungen. Die grauen Busse stehen symbolisch für die Fahrten von Männern, Frauen und Kinder aus Krankenhäusern, Heilanstalten und Psychiatrien in den Tod. Die Künstler Horst Hoheisel und Andreas Knitz haben diese Denkmalform in einem Wettbewerb der Stadt Ravensburg und dem dort ansässigen Zentrum für Psychiatrie 2005 entwickelt. Als Werkzeuge der Täter/innen stehen die Busse symbolisch für die Taten, die für die Bevölkerung durch die Transporte jederzeit sichtbar gewesen waren. Die Funktion der Busse war in den meisten Ortschaften bekannt, aber Proteste gegen die Ermordung von kranken und behinderten Menschen gab es kaum. Das Denkmal ist zweiteilig, da ein Bus ständig in der alten Pforte des heutigen Zentrums für Psychiatrie in Weißenau und ein weiterer an unterschiedlichen Orten der NS-„Euthanasie“ aufgestellt wurde und wird. Die beiden Busse sind in Originalgröße aus Beton gegossen, in gleicher Form des Typs, welcher 1940 und 1941 genutzt wurde, in der Mitte geteilt und daher begehbar. Zudem tragen sie die Inschrift „Wohin bringt ihr uns?“ – das überlieferte Zitat eines Patienten.
Erinnerung in Bewegung
Durch die Wahl des Busses als Symbol für die „Euthanasie“-Verbrechen wird gleichzeitig der Opfer gedacht und die Beteiligung der Täter/ innen reflektiert. Die Konzeption, einen Bus entlang der Verwaltungswege und Tötungsanstalten der „T4-Aktion“ und der beim Transport zurückgelegten Wege zu bewegen, steht symbolisch für das Auftauchen und Verschwinden von Erinnerungen. Wie lange und an welchem Ort der Bus aufgestellt bleibt, entscheiden die Gemeinden und Initiativen untereinander. Die Finanzierung erfolgt durch Spenden und öffentliche Mittel. Das Denkmal stand in den letzten Jahren unter anderem in Berlin, Friedrichshafen, Brandenburg an der Havel, Heilbronn und Köln. Seit dem 19. April 2012 befindet sich der graue Bus in Zwiefalten (Baden-Württemberg). Von hier gingen Transporte mit jeweils über 1000 Personen in die Tötungsanstalt Grafeneck.
Wanderausstellung und Internetseite
Seit 2010 wird die Aufstellung des Denkmals von einer zweiteiligen Wanderausstellung begleitet. Der erste Teil befasst sich allgemein mit „Euthanasie“ und Krankenmord im Nationalsozialismus. „Das Denkmal der grauen Busse“ ist der Titel des zweiten Ausstellungsteils, welcher in jedem Ort erweitert wird. Die lokale Geschichte und die Denkmalerrichtung fließen so in das Projekt ein. Alle Ausstellungstafeln können auf der Projektseite angeschaut werden. Diese Internetseite bietet eine umfassende Dokumentation der Denkmalskonzeption, der Künstler und der medialen Rezeption dieser Gedenkform. So können Radiosendungen und Fernsehbeiträge zu den grauen Bussen und deren bisherigen Standorten abgerufen werden.
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- 16 Mai 2012 - 08:43