Podcast

"Das christliche Abendland ist eine Fiktion"

Der Historiker Michael Borgolte spricht über das deutsche Geschichtsbild im Zeichen von Europäisierung und Globalisierung. Ein Beitrag von DRadio Wissen vom 28.03.2012.

Die Frage nach dem, was Europa zusammenhält, stellt sich nicht erst, seit die Europäische Union mit einer massiven wirtschaftlichen Krise zu kämpfen hat. Die Frage nach einer europäischen Identität ist bisher nicht abschließend beantwortet und hat besonders immer dann Konjunktur, wenn über eine Erweiterung oder Vertiefung der Union diskutiert wird. Wie etwa in den Anfangsjahren dieses Jahrtausends, als die EU versuchte, sich eine Verfassung zu geben. Neben vielen Streitpunkten wurde auch die Religion als identitätstiftendes Moment diskutiert.

Die Frage war, ob in der Verfassung von christlichen Wurzeln Europas, von Gott, die Rede sein sollte oder nicht. Es zeigte sich damals sehr deutlich, dass sehr unterschiedliche Ansichten über die religiösen Wurzeln Europas existieren. Der christliche Glaube scheint demzufolge keine besonders belastbare Quelle einer gemeinsamen Identität zu sein.

Ist das Abendland christlich?

"Das christliche Abendland ist eine Fiktion", sagt der Historiker Michael Borgolte und grenzt sich damit ab von einer verbreiteten Ansicht über das europäische Mittelalter. In seinem Vortrag "Krisen des Mittelalters? Zerstörung und Aufbau historischer Identitäten in Zeiten der Europäisierung und Globalisierung" stellt er die Frage, ob eine europäische Identität möglicherweise weniger in einer gemeinsamen Vergangenheit zu suchen ist, als in einer Geschichte von kulturellen und religiösen Unterschieden, die schlicht ausgehalten werden musste. Dies ist nur einer der zentralen Gedanken seines Beitrags zu den Akademievorlesungen 2011/2012 der Akademie der Wissenschaften in Hamburg, die unter dem Titel standen: "Deutschland und Europa – Wächst zusammen was zusammen gehört?". Die Aufzeichnung stammt vom 12. Januar 2012.

Michael Borgolte

Michael Borgolte, geboren 1948 in Braunschweig, studierte in Münster Geschichte, Germanistik und Philosophie. Nach der Promotion 1975 bei Karl Schmid und der Habilitation 1981 in Freiburg, lehrte er eben dort, später in Frankfurt, Basel und Bamberg. Seit 1991 hat er den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Berliner Humboldt-Universität inne. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die mittelalterliche Kirchengeschichte sowie die Geschichte der deutschen Mittelalterforschung nach 1945 und die vergleichende Geschichte Europas im Mittelalter.

Podcast direkt anhören

Hier sollte eine Flash Applikation (Video, Audio oder Flash-Movie) sein.

Sie haben entweder keinen Flash-Player installiert  (Hier können Sie den Flash-Player abrufen),

oder Sie haben Javascript deaktiviert

Zum Podcast auf DRadioWissen - wenn Sie die Audiodatei (MP3) herunterladen möchten, klicken Sie mit der rechten Maustaste auf den Link "Zum Podcast", gehen Sie auf "Ziel speichern unter" und wählen Sie Ihren Speicherort aus.

 

Kommentar hinzufügen

CAPTCHA
Diese Frage dient der Spam-Vermeidung.
Image CAPTCHA
Enter the characters shown in the image.