von Steffen Jost, Programmdirektor der Alfred Landecker Foundation.

„Die Lernpotenziale digitaler Spiele sind bei weitem noch nicht ausgereift“, schrieb Angela Tillmann, Professorin für Kultur- und Medienpädagogik an der TH Köln 2020 in einem Beitrag (Tillmann 2020:29). Das gilt auch heute noch, insbesondere im Bereich der historischen Bildung. Gleichzeitig erleben wir bei Spielen, die sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus, der DDR oder anderen historischen Ereignissen beschäftigen, sogar einen gewissen Boom. Die Skepsis gegenüber dem Medium verwandelt sich langsam aber sicher in die Feststellung, dass Digitale Spiele zum festen Repertoire digitaler Erinnerungskultur gehören müssen. Das ist auch das Verdienst jener Akteurinnen und Akteure, die an dieser Ausgabe des LaG-Magazins beteiligt sind. Sie beschäftigen sich schon lange mit den Herausforderungen und Chancen Digitaler Spiele, sei es in Gedenkstätten, Universitäten oder anderen Einrichtungen historisch-politischer Bildung.

Trotz dieser Fortschritte gibt es eine Reihe von Baustellen, die in der digitalen Erinnerungskultur grundsätzlich und bei Digitalen Spielen im Speziellen unserer Aufmerksamkeit bedürfen. Wir sehen beispielsweise, dass immer noch zu viele Spiele ohne klare Konzepte zu Marketing und Vertrieb produziert werden. Spannende Projekte erreichen deswegen nicht die Zielgruppen, die sie verdienen. Zudem bewegen sich viele Spiele noch in erprobten Bahnen: Sie reizen die Mechaniken Digitaler Spiele nicht aus, bieten den Spielerinnen und Spielern nur selten die Handlungsspielräume, die andere – nicht-edukative – Titel bieten. Erinnerungskulturelle Akteure müssen mehr Mut beweisen und zeigen, dass auch Digital Remembrance Games den sich ständig wandelnden Anforderungen der Spielerinnen und Spieler genügen können und die anvisierten Zielgruppen auch wirklich erreichen.

Wir freuen uns, dass die Alfred Landecker Foundation mit ihren Förderungen einen Beitrag dazu leistet, dass die Entwicklung Digitaler Spiele mit historisch-erinnernden Inhalten einen weiteren Schritt vorangetrieben wird. So wird das hier im Heft vorgestellte Landecker Digital Remembrance Game „Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm” mit einem Setting in den 1970er-Jahren und mehreren Spielfiguren die Vielschichtigkeit von Erinnerungen multiperspektivischer offenlegen, als es bisher passiert ist. Das ebenfalls im Heft vorgestellte Spiel zum Projekt „#LastSeen“ ermöglicht einen recherchierenden Zugang zum Medium Fotografie und das im Rahmen des größeren Projektes ToleranzRäume entwickelte Mobile Game „Tolerance City” (Arbeitstitel) kann Lehrenden helfen, komplexe Debatten zum demokratischen Miteinander in den Unterricht zu bringen. Alle drei Spiele verbinden so historisch-politische Bildung mit unterschiedlichen spielerischen Zugängen und unterstreichen die Bedeutung des Formats.

Die vorliegenden Beiträge zeigen zudem die Relevanz von stetiger Vernetzung, die wir als Stiftung deswegen bewusst unterstützen. Sei es bei einem Treffen in Hamburg im Sommer 2023 oder dem auf Twitch gestreamten Roundtable, der anhand des Spiels zum Bullenhuser Damm zentrale Akteurinnen und Akteure für eine fruchtbare Diskussion zusammenbrachte.

Es bleibt also weiterhin viel zu tun und dieses Heft wird für alle, denen Digital Remembrance Games am Herzen liegen oder die einen ersten Schritt ins Feld wagen möchten, wichtige Impulse geben und helfen, die (Lern-)Potenziale dieses Mediums angemessen zu nutzen.

 

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