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Blogparade #femaleheritage

Von Lucas Frings

Dass Frauen in den Erinnerungskulturen zu verschiedenen zeitgeschichtlichen Phasen und Ereignissen weiterhin marginalisiert beachtet werden, ist an anderen Stellen in diesem Heft bereits erörtert worden. Einen Gegenpunkt setzte im Herbst 2020 die Münchener Stadtbibliothek mit ihrer „Blogparade #femaleheritage“: „Rückt ihre Leistungen und ihre Bedeutung für die Gesellschaft in den Fokus, löst euch dabei von den gängigen, binären und polarisierenden Weiblichkeits- und Männlichkeitsklischees“ lautete die Aufforderung an Kolleg*innen aus anderen Kultureinrichtungen und Lai*innen. Der Aufruf war bewusst offen gestaltet, die Erinnerung an Frauen im Nahumfeld der Autor*innen, Begegnungen mit Autorinnen, Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen oder Aktivistinnen im Park, in Filmen oder literarischen Werken konnten Inhalte von Blog- und Gastbeiträgen sein, die die Stadtbibliothek sammeln wollte.

Zusammengekommen sind fast 200 Beiträge aus den verschiedensten Richtungen, wobei sich der größte Teil Frauen biographisch nähert, etwa als Pionierinnen auf einem bestimmten Feld.

Für das Historische Archiv des Bayerischen Rundfunks hat Bettina Hasselbring die Geschichte des dortigen Frauenfunks recherchiert. Hervorgegangen war dieser aus einer Zuschrift von Ilse Weitsch, die die amerikanischen Führungskräfte auf die Idee brachten, bei „Radio München“ (erst ab 1949 Bayerischer Rundfunk) neben Bergsteigerredaktion und Kirchenfunk, auch einen Frauenfunk ins Leben zu rufen. Neben Hilfsaktionen wie die „Weihnachtshilfe“ und Ratgeberreihen fanden unter ihrer Leitung auch politische Themen Eingang ins Programm. In Rundfunkansprachen motivierte sie Hörerinnen zu politischer Teilhabe und Emanzipation. Mit diesem vermeintlich gegen Brauchtum und weibliche Tugenden wirkendem Programm stieß der Frauenfunk auf Widerstand in Rundfunkrat und Politik ­– Franz Josef Strauß sprach von „kleinen Tropfen roten Gifts“, die hier verspritzt würden –, konnte sich jedoch aufgrund seiner Beliebtheit bei der Hörer*innenschaft bis 1968 im konservativen Sender halten.

Mit „Valeska Gert – die skandalöse Tänzerin“ setzt der Podcast „Die Kulturfritzen“ der Tänzerin, Kabarettistin und Schauspielerin Valeska Gert ein Denkmal, die mit grotesken und radikalen Auftritten „in die Süßigkeit“, dem lieblichen Tanz der Zeit, hineinplatzte und dem modernen Tanz und der Performance-Kunst Vorschub leistete. Unter den Nationalsozialisten endete ihr überregionaler Erfolg und auch nach 1945 konnte sie nicht daran anknüpfen. Die lautmalerische Perfomance „Baby“ sollte 1962 auf Platte veröffentlicht werden. Die Deutsche Grammofon verweigerte dies jedoch, es sei lediglich „Gellalle“ und „Gekichere“. In einer Radiosendung von 1975 gab sie – nach Überredung des Moderators und dem steten Verweis, sie sei nicht auf diese Performance zu reduzieren – „Baby“ dann doch zugute, vom Künstler Wolfgang Müller als Vorgriff auf die Neue Improvisationsmusik bezeichnet. All das ist im Radiofeature zu hören.

Weiter zurück greift der Beitrag von Lisa Haßler, die sich mit Autorinnen der mittelalterlichen Mystik beschäftigt. An den Beispielen von Marguerite Porete und Christine Ebner wirft sie einen Blick auf Werke, die sich dem Verhältnis von Liebe, Vernunft und Glauben widmen oder aus Gesprächen mit Gott und dem Heiligen Geist bestehen. Die Autorinnen lebten in kirchlichen oder kirchennahen Gemeinschaften, Marguerite Porete wurde jedoch als Ketzerin ermordet.

Eine Besonderheit stellt der Podcast „die Leichtigkeit der Kunst“ dar, der zu #femaleheritage gleich eine mehrteilige Reihe aufgenommen hat. Die fünfte Ausgabe dreht sich um die Künstlerin Janine Mackenroth, die das Künstlerinnenverzeichnis „I love women in art“ ins Leben gerufen hat und mit „District overflow“ das längste zeitgenössische Wandgemälde Europas. In „I love women in art“ versammelt Mackenroth zusammen mit Bianca Kennedy 100 Frauen aus Kunst und Kultur, die jeweils ein Werk einer Künstlerin vorstellen. Im Podcast berichtet Mackenroth über ihren Ansatz, der Unterrepräsentation weiblicher Positionen in der Kunst und weiblicher Kunstschaffender durch einen Kunstführer entgegenzutreten.

 

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