Lektüreschlüssel XL „Der Junge im gestreiften Pyjama“
Von Tanja Kleeh
John Boynes Roman „Der Junge im gestreiften Pyjama“ erschien erstmals im Jahr 2006 und ist seitdem sowohl fester Bestandteil der (Jugend-) Literatur über den Holocaust als auch diverser Schulcurricula geworden. Zur Behandlung im (Schul-) Unterricht ist 2018 im Reclam-Verlag der entsprechende „Lektüreschlüssel XL“ von Sascha Feuchert und Jeanne Flaum erschienen.[1] Die bereitgestellten Informationen sind nicht nur für Schüler*innen, sondern auch zur Vorbereitung durch Lehrkräfte nützlich.
Ganz klassisch wird zu Beginn der Inhalt des Romans vorgestellt, wobei einer kurzen Zusammenfassung des gesamten Buches separate Kapitelzusammenfassungen folgen. Diese sind mit Überschriften sowie Randbemerkungen versehen, aus denen der Inhalt grob erfasst werden kann. Sehr hilfreich sind dabei die verwendeten Zitate, die mit Verweisen auf die Buchseiten die Möglichkeit bieten, die entsprechende Stelle direkt zu finden.
Dies wird auch bei der anschließenden Vorstellung der Figuren fortgeführt. Die Charakterzüge und Eigenschaften der einzelnen Figuren werden fein herausgearbeitet. Wieder helfen Stichworte am Rand bei der schnellen Übersicht. Hervorzuheben ist zudem eine farbig gehaltene Grafik, mit deren Hilfe das Beziehungsgeflecht dargestellt wird (S.27). Die visuelle Präsentation der Figuren und ihrer Beziehungen zueinander erleichtert den Zugang zu diesen und bietet damit einen einfachen Einstieg für Interpretationsansätze der Schüler*innen.
Zur Einordnung in einen größeren Rahmen werden mit den Kapiteln „Form und literarische Technik“ sowie „Quellen und Kontext“ die Grundlagen gelegt. Unterstützt durch Grafiken wird den Leser*innen beispielsweise die Textgattung (Fabel) nähergebracht oder auf die Besonderheiten der Erzählweise eingegangen.
Bedingt durch das Setting von „Der Junge im gestreiften Pyjama“ liegt der Schwerpunkt des Kapitels „Quellen und Kontext“ auf dem historischen Hintergrund des Nationalsozialismus bzw. des Holocaust. Dabei gehen die Autor*innen des Lektüreschlüssel in aller Kürze auf die wichtigsten Ereignisse, die zur Entstehung der Konzentrations- und Vernichtungslager führten, ein und betrachten zudem die Bedeutung fiktionaler Literatur in diesem Zusammenhang. Dabei widmen sich Feuchert und Flaum auch der Diskussion, inwiefern die historischen Ereignisse in der Kinder- und Jugendliteratur verharmlost würden (S.65f.). Dies wird auch im Kapitel „Rezeption“ (S.110f.) noch einmal aufgegriffen. Dort versammeln die Autor*innen sowohl positive als auch negative Kritiken, so dass sich die Leser*innen ein umfassendes Bild machen können. Auch auf die Verfilmung aus dem Jahr 2008 sowie die zugehörigen Rezeptionen wird eingegangen.
Von zentraler Bedeutung für potenzielle Leser*innen sind sicherlich die angebotenen Interpretationsansätze, in denen die zusammengetragenen Informationen bereits verarbeitet worden sind. Es werden sechs Vorschläge präsentiert, wie Boynes Roman bzw. verschiedene Stellen daraus interpretiert werden könnte.
Ähnlich funktionieren die „Prüfungsaufgaben mit Lösungshinweisen“ in Kapitel 10 (S.127f.). Exemplarisch werden vier mögliche Klausuraufgaben angeboten. Eine davon lautet zum Beispiel: „Analysieren Sie die Rolle der Vaterfigur im Roman. Gehen Sie dabei auch auf das letzte Kapitel ein und nehmen Sie hierzu kritisch Stellung“ (S.131) – schließen verschiedene Aspekte einer möglichen Klausurfrage ein. Die Lösungshinweise spiegeln dabei genau die Vielfalt dieser Aspekte wider. Erneut werden keine kompletten Aufsätze angeboten, wie sie in Lektüreschlüsseln gerne präsentiert werden, sondern Möglichkeiten. Es wird von den Autor*innen darauf verwiesen, welche Punkte in die Antwort bzw. Lösung eingebaut werden müssen. In der beispielhaft gewählten Aufgabe ist dies etwa die kurze Charakterisierung von Brunos Vater und an welchen Stellen im Roman sich diese erkennen lässt.
Komplettiert wird der Lektüreschlüssel mit Informationen über den Autor und der Einordnung des Romans in das Gesamtwerk John Boynes. Zudem finden die Leser*innen weiterführende Informationen in Form von Literaturhinweisen und Medienempfehlungen. Darin ist Literatur über den Holocaust im Allgemeinen sowie das Konzentrationslager Auschwitz im Speziellen ebenso zu finden wie Material für den Einsatz des Romans im Unterricht.
Besonders hilfreich ist zudem die an den Schluss gestellte Liste „Zentrale[r] Begriffe und Definitionen“. Aufgebaut wie ein Lexikon können historische und literaturwissenschaftliche Begrifflichkeiten nachgeschlagen werden. Lobenswert ist der Hinweis auf Quellen im Internet, wobei die Aktualität der angegebenen Links bei einem gedruckten Format natürlich nie garantiert werden kann.
Der Lektüreschlüssel XL zu „John Boyne: Der Junge im gestreiften Pyjama“ fasst auf knapp 150 Seiten zahlreiche Informationen zusammen, die den Zugang zum Roman für Schüler*innen vereinfachen können. Insbesondere der detaillierte Zugang zu den vorkommenden Figuren und die umfangreiche Einordnung in den geschichtlichen Hintergrund des Buches über die Bereitstellung grundsätzlicher Informationen regen zur vertiefenden Auseinandersetzung an. Doch auch Lehrer*innen können den Lektüreschlüssel nutzen, um ihren Unterricht zugänglicher zu gestalten oder vertiefende Materialien zu suchen.
[1] Die Autor*innen stützen sich auf folgenden Textausgabe: John Boyne: Der Junge im gestreiften Pyjama. Eine Fabel. Übers. Von Brigitte Jakobeit. 30., erg. Aufl. Frankfurt a. M.: Fischer, 2016.
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- 23 Okt 2019 - 06:50