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Der Erste Weltkrieg im heutigen Rheinland-Pfalz. Zwischen Grenzgebiet und Heimatfront

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Beitrags-Autor: Ingolf Seidel

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Dr. Ute Engelen, Historikerin, studierte und promovierte in Bielefeld und Paris. Seit 2012 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V. mit Schwerpunkten auf der Geschichte des 19./20. Jh. und der Wirtschaftsgeschichte des rheinland-pfälzischen Raums. Sie betreut das Projekt „Der Erste Weltkrieg im heutigen Rheinland-Pfalz“.

Der Erste Weltkrieg gehört zurzeit zu den meist diskutierten Themen in der geschichtlich interessierten Öffentlichkeit, gerade in Deutschland. An vielen Orten finden bereits seit 2013 Vorträge, Ausstellungen und weitere Veranstaltungen zur „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ statt. Diese Entwicklung überrascht nicht, da der Erste Weltkrieg in seiner Bedeutung innerhalb der deutschen Öffentlichkeit, aber auch in der Forschung bislang weit hinter dem Zweiten Weltkrieg zurückgeblieben ist. Bis heute bleiben insbesondere lokale Perspektiven des Krieges häufig ausgeklammert.

Ausgangspunkt des Projekts „Der Erste Weltkrieg im heutigen Rheinland-Pfalz“ ist die Tatsache, dass zu den Auswirkungen des Weltkriegs im rheinland-pfälzischen Raum wenig bekannt ist, obwohl diese Region zur unmittelbaren Grenzzone zu Belgien und Frankreich gehört. Als Aufmarschgebiet, in dem über ein Jahr das Große Hauptquartier lag – 1914 in Koblenz, später in Kreuznach –, ist die Geschichte des rheinland-pfälzischen Raums über die Region hinaus von großer Bedeutung.

Daher leistet das Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V. (IGL) in Zusammenarbeit mit dem Regionalen Fachberater Geschichte Rheinhessen, Hans Berkessel, und dem Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz (PL) einen Beitrag zur regionalen Erforschung und Vermittlung des Ersten Weltkriegs im heutigen Rheinland-Pfalz. Die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur und das rheinland-pfälzische Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur fördern das Projekt.

Zahlreiche Archive, Bibliotheken und lokale Geschichtsvereine <http://www.erster-weltkrieg-rlp.de/projekte/das-igl-projekt.html> stellen für das Projekt historisches Schriftgut, Bildmaterial sowie Forschungsergebnisse zur Verfügung. Angeregt durch den 100. Jahrestag engagieren sich viele Vereine in der Untersuchung des Ersten Weltkriegs in ihrer Heimatgemeinde. Gleichzeitig werden immer wieder neue Quellen für die Forschung zugänglich, zum Beispiel „Großmutters Feldpostbriefe an Großvater“.

Das IGL und seine Partner streben eine Verbreitung der Forschungsergebnisse in einer möglichst breiten Öffentlichkeit an. Gerade lokale Ansatzpunkte erscheinen besonders geeignet, um das Interesse an historischen Sachverhalten zu wecken. Mithilfe von drei Maßnahmen zum Ersten Weltkrieg in der Grenzregion sprechen das IGL und seine Projektpartner verschiedene Zielgruppen, insbesondere Kinder und Jugendliche, an.

1. Das Webportal www.erster-weltkrieg-rlp.de 

Unter www.erster-weltkrieg-rlp.de finden interessierte Nutzer/innen jeden Alters Informationen über die Ereignisse von 1914-1918 im heutigen Bundesland Rheinland-Pfalz. Die Themenseite des Internetportals www.regionalgeschichte.net  wird in einem ersten Schritt bis zum Herbst 2014 stark erweitert und erfährt bis 2018 weitere Ergänzungen. Die Website umfasst fünf Bereiche – Städte & Dörfer, Erinnerungsorte, Bibliothek, Projekte und Kalender –, die im Folgenden vorgestellt werden. Die einzelnen Beiträge sind auch über Pins auf einer Karte auf der Hauptseite erreichbar (s. Screenshot unter „Bilder“).

Die örtlichen Besonderheiten des Krieges lassen sich hier in Städten wie Trier und Pirmasens, aber auch in kleineren Gemeinden wie Kusel nachverfolgen. Lokale Erinnerungsorte wie das Gefallenendenkmal in Speyer und das über ein Jahr in Kreuznach angesiedelte Große Hauptquartier werden vorgestellt – soweit möglich, anhand historischer Quellen.

Da die Literaturlage zum Ersten Weltkrieg für einen ersten Zugang sehr unüberschaubar wirkt, bietet die Website in der Bibliothek einen ersten Einstieg sowie eine umfangreiche Liste von historischen Beiträgen zu Rheinland-Pfalz. Hier finden sich auch Quellenauszüge, wie die Tagebucheinträge der Lucie Meckel aus Diez, und vertiefende Aufsätze, z.B. zur Wirtschaft im Ersten Weltkrieg nach rheinland-pfälzischen Quellen.

Neben dem eigenen Projekt stellt das Institut für Geschichtliche Landeskunde weitere historisch-kulturelle Angebote zum Ersten Weltkrieg vor. Eine Linkliste von Datenbanken und digitalen Quellen vervollständigt den Überblick.

Ein Kalender weist auf Vorträge, Ausstellungen, Exkursionen und weitere Veranstaltungen in Rheinland-Pfalz, aber auch ausgewählte deutschlandweite und internationale Angebote hin.

2. Materialien für den Unterricht

Die Behandlung des Ersten Weltkriegs in der Schule stand lange im Schatten des Zweiten Weltkriegs und des von ihm verursachten unfassbaren Leids. Heute setzt sich auch im schulischen Bereich zunehmend die Ansicht durch, dass im Ersten Weltkrieg ein Schlüssel zum tieferen Verständnis der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft liegt. Während Lehrbücher oft noch politikgeschichtlich geprägt sind, stehen in der geplanten Handreichung alltags- und regionalgeschichtliche Aspekte im Vordergrund. Dadurch können an der „Front“ und in der „Heimat“ exemplarisch Charakter und Folgen des Krieges aufgezeigt und an vielfältigen Quellenmaterialien verdeutlicht werden.

Unter der Leitung des Regionalen Fachberaters Hans Berkessel und des PL-Referenten Ulrich Eymann erstellt eine Gruppe von engagierten Lehrerinnen und Lehrern auf der Basis von Quellen aus der Region eine Handreichung für den Geschichtsunterricht. Das IGL recherchiert die Quellen und ist beratend tätig. Das PL betreut die Erstellung der Veröffentlichung, die noch in diesem Jahr in der Reihe PL-Informationen unter dem Titel „1914-1918 – Kriegsalltag im Grenzland“  erscheinen wird.

In der Handreichung folgt auf eine regionalhistorische Einführung von Prof. Dr. Michael Kißener (Universität Mainz) ein Spiegel-Interview mit Prof. Dr. Sönke Neitzel (London School of Economics and Political Science) zur Diskussion um die Ursachen des Ersten Weltkriegs. Nach einer didaktischen Grundlegung behandeln mehrere Dutzend Arbeitsblätter Themen wie Kriegspropaganda und -begeisterung, Kriegstechnik, militärische und zivile Kriegsfolgen sowie Kriegsende und Besatzungszeit. Sie können direkt im Unterricht eingesetzt werden, da sie im Sinne einer kommentierten Quellensammlung neben einer Einführung in den Kontext aufbereitete schriftliche Quellen, Fotos und damit verbundene Arbeitsaufträge in unterschiedlichen Anspruchsniveaus beinhalten. Informationen und Hinweise zur Bearbeitung jedes Arbeitsblattes folgen im Anhang des Buches. 

3. Die Ausstellung „Der Erste Weltkrieg in der Grenzregion“

Die bis zum Spätsommer erzielten Ergebnisse fließen in eine Plakatausstellung ein, mit der sich die Bürger/innen auch außerhalb des Internets über den Ersten Weltkrieg im heutigen Bundesland informieren können. Die Ausstellung wird am 12. September 2014 auf der Festung Ehrenbreitstein anlässlich einer Gedenkveranstaltung des Landes Rheinland-Pfalz mit Partnern aus der Großregion gezeigt. Vom 13. – 14. September 2014 ist die Ausstellung in lokal angepasster Form auf dem Mainzer Wissenschaftsmarkt am Gutenbergplatz zu sehen. Darüber hinaus können Interessent/innen die Plakate ab Ende des Sommers von www.erster-weltkrieg-rlp.de kostenfrei herunterladen.

Erste Evaluation

Im Verlauf der Bearbeitung hat sich erwiesen, dass eine Vielzahl persönlicher Quellen vorliegt. Sie können in dem beschränkten Zeit- und Personalrahmen nicht repräsentativ ausgewertet werden. Viele „neue“ Dokumente wie Feldpostbriefe und Tagebücher lassen nur bedingt über-individuelle Aussagen zu. Einige Erinnerungen wurden erst im Nachhinein verfasst. Für manche Gebiete liegt deutlich weniger Material vor als für andere.

Das 100. Gedenkjahr bewog verschiedenste Akteure dazu, historisch-kulturelle Angebote zu konzipieren. Trotz des starken öffentlichen Interesses am Ersten Weltkrieg ist damit zu rechnen, dass eine Reizüberflutung bei den Bürgern einsetzt. Infolgedessen wird die Teilnahme an den gerade 2014 zahlreichen Veranstaltungen und der Besuch von Ausstellungen im Verlauf des Jahres allmählich zurückgehen. Das Projekt des IGL wird hiervon voraussichtlich in geringerem Maße betroffen sein, da es sich hier um langfristige historische Angebote handelt.

Durch die Verschränkung der drei Maßnahmen können Synergieeffekte genutzt werden. So kommen Quellen, die didaktisch für die Website geeignet sind, häufig auch für die Handreichung und u. U. für die Ausstellung in Frage. Mithilfe von QR-Codes sollen die Teilprojekte miteinander verknüpft werden. So können auf der Website vertiefende Informationen abgerufen werden.

Das Projekt „Der Erste Weltkrieg im heutigen Rheinland-Pfalz“ lebt von der Zusammenarbeit mit engagierten Partner/innen. Wenn Sie uns Quellen oder wissenschaftliche Texte mit regionalem Bezug zur Verfügung stellen möchten, sprechen Sie uns gerne an: engelen [at] uni-mainz [dot] de.

 

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