Im März 1944, als die deutschen Truppen an anderen Fronten schon lange den Rückzug angetreten hatten, verübte die Fallschirm-Panzerdivision „Hermann Göring“ im besetzten norditalienischen Appenin mehrere Massaker an Zivilist/innen, die sie als vermeintliche „Partisanenbekämpfungs-Aktionen“ zu legitimieren suchte. So gelangte die Division am 20. März auch in das Dörfchen Cervarolo, wo sie mit der Unterstützung der faschistischen Guardia Nazionale Repubblicana vierundzwanzig Bewohner der Gemeinde auf dem zentralen Dreschplatz zusammentrieb und erschoss. Im weiteren Verlauf der Aktion wurden mehrere Häuser in Brand gesetzt, was die verbliebenen Frauen und Kinder des Dorfes hilflos mit ansehen mussten.

Der Schrank der Schande und die späte juristische Verfolgung der Täter

Die Akten zu diesem und anderen Massakern tauchten erst im Jahr 1994 im sogenannten „Schrank der Schande“ auf, der bis dahin in einem Abstellraum der Militärstaatsanwaltschaft Rom gestanden hatte und aus politischen Gründen bis zu diesem Zeitpunkt angeblich nicht gefunden wurde. Das Auftauchen der Akten setzte eine Prozessreihe in Gang, in deren Verlauf versucht wurde, einige der Täter einer späten Strafverfolgung zuzuführen. In den Prozessen wurden mehrere ehemalige Angehörige der verantwortlichen Divisionen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, welche die inzwischen über Neunzigjährigen jedoch nie antreten werden müssen, da eine Auslieferung der Täter nur mit deren Zustimmung hätte vollzogen werden können – was diese selbstverständlich ablehnten. Über die Prozesse und die einzelnen noch lebenden Verurteilten informieren die Webseiten www.ns-prozesse.blogspot.de und www.keine-ruhe.org.

Der Film

Im Film wird die Geschichte des Massakers am Beispiel der Familie Rovali erzählt. Virgilio Rovali, ein dorfbekannter Musiker lässt seine wertvolle Geige bei seiner Mutter zurück, als er von der Armee einberufen wird. Diese versteckt das Instrument in den Mauern ihres Hauses, wo es die Brände im Laufe des 20. März 1944 unbeschadet übersteht. Fast 70 Jahre später kämpft der Sohn Virgilios, Italo Rovali, um eine Aufklärung des Verbrechens und die juristische Verfolgung der Täter.

Die Filmemacher Matthias Durchfeld und Nico Guidetti begleiteten im Zuge der Dreharbeiten alle 41 Prozesstage gegen die Täter des Massakers im Militärgericht in Verona. Daneben besuchten sie die Überlebenden und Hinterbliebenen in Cervarolo, die in einfühlsamen Gesprächen ihre Erinnerungen an die Geschehnisse schilderten und von den schwierigen Versuchen der Bewältigung des Erlebten berichteten.

Einsatz in Unterricht und außerschulischer Bildungsarbeit

Der Film eignet sich gut für die Arbeit mit Jugendlichen, da die Geschichte der Geige und der mit ihr in direkter Verbindung stehenden Personen das Geschehene personalisiert und den Zuschauer/innen eingängig vermittelt wird. Der subjektive Zugang erleichtert die Annäherung an das historische Ereignis. Trotzdem wird den historischen Fakten, den erinnerungspolitischen sowie den juristischen Bemühungen der Nachkriegsakteur/innen genügend Raum gegeben, um einen ausschließlich emotionalisierenden Zugang zu vermeiden. Der Film bietet somit zum einen eine erzählerische Dokumentation der historischen Ereignisse. Zum anderen gelingt den Regisseuren eine einfühlsame Darstellung der Überlebenden und Hinterbliebenen in ihrem Kampf um die persönliche Bewältigung des Erlebten, die Aufklärung der Geschehnisse und die Verfolgung der Täter

Weitere Informationen

Die Geige aus Cervarolo. Italien 2012. 75 Minuten. Regie: Nico Guidetti und Matthias Durchfeld

DVDs können über esteri [at] istoreco [dot] re [dot] it oder berlinesteri [at] freenet [dot] de bestellt werden. Der Versand läuft über Berlin und kostet 10 Euro pro Exemplar zuzüglich Versandkosten.

Der Trailer des Films kann auf YouTube eingesehen werden.

 

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