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Geschlecht, Sexualität und Kirche in der DDR – Der Film „Unter Männern“ und Material der Bundeszentrale für politische Bildung

In den 1970er Jahre der BRD waren es unter anderem die Kirche und ihre christlichen Anhänger/innen, die von politisch bewegten Schwulen und Lesben kritisiert wurden. Zu starr galt ihnen das religiöse Geschlechterbild und die damit einhergehende Dethematisierung von Sexualität. War Homosexualität gesamtgesellschaftlich ohnehin geächtet, so galt das insbesondere für evangelische und katholische Zusammenhänge. In der DDR waren es demgegenüber gerade die Kirchen, in welchen Schwule, Lesben und Frauengruppen Zuflucht für ihre aktivistisches Engagement fanden.

Der Film „Unter Männern“ (2012) von Ringo Rösener und Markus Stein bietet einen Einblick in die Lebenswelt schwuler Männer in der DDR sowie dem Engagement in den Zusammenhang von Schwulenpolitik und Kirche. Die Zusammenfassung „Frauengruppen unter dem Dach der Kirche“ der Bundeszentrale für politische Bildung erfasst einen Teil des Aktivismus von Frauen und innerhalb dessen Lesben, die sich der von Staats wegen befürworteten Form von Weiblichkeit widersetzten.

Schwulenarbeit in der evangelischen Kirche

Während in der BRD der Paragraph 175, der homosexuelle Handlungen unter Männern strafrechtlich verfolgte, aus der NS-Zeit übernahm, galt dies für die DDR nicht. Eine rechtliche bedeutet allerdings bei weitem nicht automatisch auch eine gesellschaftliche Gleichberechtigung. Ringo Rösener und Markus Stein machen das in ihrem Film „Unter Männern – Schwul in der DDR“ von 2012 anhand von Gesprächen mit schwulen Zeitzeugen deutlich, die aus ihrer heutigen Perspektive ihre schwule Geschichte in der DDR beleuchten. Die Erzählungen handeln einerseits von emotional erdrückendem Sich-Verstecken und schmerzhaften Erfahrungen von Diskriminierung. Die unterschiedlichen Stimmen erzählen allerdings auch Erinnerungen an schöne, lustvolle Momente und Möglichkeiten schwuler Nischen in der DDR.

Ein Zeitzeuge, der vorgestellt wird, ist Eduard Stapel. Er gründete ab 1981 zahlreiche Arbeitskreise in Kirchen, die sich mit Problemstellungen von Homosexuellen auseinandersetzen sollten. Sein Aktivismus beflügelte viele Schwule und Lesben, sich zu organisieren, zumindest auf der kirchlichen Ebene. Wie andere Zeitzeugen in dem Film berichten, war für viele Schwule und Lesben noch in den 1980er Jahren der Glaube dominant, sie seien die einzigen Homosexuellen weit und breit. Das bewusste Sichtbarmachen von Schwulsein, das ein zentraler Ansatz von Stapel war, ermöglichte erstmals einen offeneren Umgang mit Homosexualität und ein selbstverständliches Sich-Kennenlernen – im Rahmen der Kirche.

Für die pädagogische Arbeit mit dem Film ist es wichtig zu beachten, dass er ab 12 Jahren freigegeben ist. Darüber hinaus eignet sich sein Einsatz im Unterricht in der Sekundarstufe II und erfordert möglicherweise eine Sensibilisierung der Schüler/innen für das Thematisieren schwuler Sexualität. Letztere ist zentraler Bestandteil der Auseinandersetzung mit der eigenen Homosexualität und gesellschaftlicher Diskriminierung von Schwulen und Lesben.

Frauen stellen sich quer

Die Themenseite „Frauenbewegung“ der Bundeszentrale für politische Bildung bietet unter anderem einen Einblick in die Bewegungsgeschichte von Frauen und Lesben in der DDR. Bereits in der Überschrift „Frauengruppen unter dem Dach der Kirche“ wird der Bezug zu christlichen Räumen deutlich, der wie bei den meisten oppositionellen Gruppen der Zeit auch in diesem Falle von großer Bedeutung war. Frauen organisierten sich in der Kirche vor allen Dingen in Friedensgruppen, die sich etwa gegen die verordnete Einberufung in den Militärdienst ab 1982 wendete.

Die engagierten Lesben organisierten sich zunächst in den Arbeitskreisen Homosexualität, in welchen Schwule und Lesben selbstverständlich zusammenarbeiteten. Nach und nach wurde aber deutlich, dass die homosexuellen Männer von alleine keine Frauenthemen behandeln wollten und man sich bemühen musste, überhaupt weibliche Homosexualität zu thematisieren. Entsprechend logisch war die Schlussfolgerung, sich von den Männern abzuspalten und fortan eigene Wege als Lesbenbewegung zu gehen.

Die Zusammenfassung zu bewegten Frauen in der DDR und ihrem Bezug zu Kirchen eignet sich für die eigenständige Recherche durch Schüler/innen im Unterricht. Sie beinhaltet in knapper, anschaulicher Form wichtige Schlaglichter auf kirchlich organisierte Frauen- und Lesbengruppen. Es kann sinnvoll sein, als Lehrer/in weitere Informationen einzuholen, um möglichen Nachfragen, die sich aufgrund der Dichte des Textes ergeben können, zu begegnen. Eine Möglichkeit ist das Band „Frauenaufbruch '89. Was wir wollten - Was wir wurden“ von Eva Schäfer.

Informationen

Die Verbindung des Films mit der textlichen Zusammenfassung eignet sich zur Einbettung in den Schulunterricht, da sie unterschiedliche Zugänge zur Verhandlung von Geschlecht und Sexualität in der DDR bieten. Der Film kann für 19,90 € über Salzgeber & Co bezogen werden: Salzgeber & Co Medien GmbH, Mehringdamm 33, 10961 Berlin.

 

Der Text der Bundeszentrale für politische Bildung ist auf ihrer Webseite zu finden.

 

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