Empfehlung Fachbuch

Die Mauer – Errichtung, Überwindung, Erinnerung

Klaus-Dietmar Henke (Hg.): Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung. Dtv Taschenbuchverlag, München 2011, 24,90€.

Von Annemarie Hühne

Klaus-Dietmar Henke, der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstätte Berliner Mauer und Professor für Zeitgeschichte an der TU Dresden. Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschätzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschichte und ihrer Präsentation in einer Gedenkstätte. So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Überblicksgeschichte der Berliner Mauer. Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein. Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Berlins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13. August 1961.

Einzelne historisch-politische Aspekte greifen auch die folgenden Autorinnen und Autoren auf. So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauerbaus. Dabei hinterfragt er die außenpolitischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen für den Konflikt und auch für den Bau der Mauer. Weitere Artikel beschäftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ulbrichts beim Mauerbau (Manfred Wilke), den Geheimdiensten der USA, der Bundesrepublik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Münkel) und der Benutzung des Mauermotivs für westdeutsche und ostdeutsche Propaganda (Elena Demke). Die Autorin geht hier vor allem auf die Bezeichnung ‚antifaschistischer Schutzwall’ von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung für propagandistische Zwecke. Ebenso thematisiert sie den Begriff ‚Ulbrichts KZ’, der die Mauer in bildhaften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentrationslagern verglich.

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegenden Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage. So erörtert Gerhard Sälter die Sperranlagen, die die Mauer unüberwindbar machten und Winfried Heinemann beschreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Sicherung der deutsch-deutschen Grenze. Zu diesem Abschnitt sind auch Beiträge zur gesellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtverhinderung (Gerhard Sälter) und geglückten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen.

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag über die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein. Die folgenden Artikel beschäftigen sich mit einzelnen Aspekten der Aufarbeitung der Mauergeschichte und deren Bedeutung für die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte. Einen Überblick dazu gibt Sebastian Richter indem er verschiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veränderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 erörtert: „Wie eine Kompassnadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverständlichkeiten in der öffentlichen Mauer-Erinnerung. Sie zeigte auf das Verbrechen der Mauer und den allen Parteien getrotzten Willen, das staatliche Gedenken entsprechend zu gestalten.“ (S.265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Liebermann), im Spielfilm (Annette Dorgerloh), in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann), in der ‚Mauerkunst’ (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmeier, Leo Schmidt).

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehört zum Umfeld der Gedenkstätte Berliner Mauer. Dieser Ort wird in den letzten Beiträgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben. Zudem folgen unter anderem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Günter Schlusche), der Mauer als politische Metapher (Marion Detjen) und zur Ikonisierung der Mauer außerhalb Deutschlands (Ronny Heidenreich).

Insgesamt zeigen die Beiträge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus, Perspektiven auf Grenze und Flucht, den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstätte Berliner Mauer. Dieses umfangreiche Buch kann aufgrund seiner thematischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Berliner Mauer gesehen werden.

 

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