Kriegskinder – Erinnerungen einer Generation
Annemarie Hühne
Es gibt immer weniger Zeitzeug/innen, die über ihre Erfahrungen und Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg berichten können. Doch Menschen, die diesen Krieg in ihrer Kindheit erlebten, können auch heute noch davon erzählen. An die Empfindungen und Deutungen der Kinder nähern sich die Autorin Sonya Winterberg und der Autor Yury Winterberg an. Das vorliegende Buch basiert auf einer vierteiligen Fernsehdokumentation der ARD im Jahr 2009. Sowohl im Film, als auch im Buch wird versucht, eine breite Sicht auf die Geschehnisse zu zeigen, in dem Kriegskinder aus Deutschland, Frankreich, England, Polen und der ehemaligen Sowjetunion zu Wort kommen.
Die Erzählungen der einzelnen Personen orientieren sich an Ereignissen zwischen 1939 und 1945. So werden die Reaktionen auf den Einmarsch in Polen und später in Frankreich, der Luftkrieg und die letzten Kriegsmonate mit den Worten der Kriegskinder beschrieben. Dabei stehen vor allem Themen im Vordergrund, die die Kinder direkt betroffen haben. Rosemarie Heinze, Manfred Stiering und Karl Heinz Mehler berichten beispielsweise über die Erinnerungen an ihre eigene Kinderlandverschickung. Andere Kinder erzählen von ihrer Mithilfe im Widerstand: Tatjana Popkowitsch übernahm Botengänge für Partisanen in Weißrussland und Hans Hanf-Dressler berichtet von seinem Vater, einem Arzt der Juden und Jüdinnen versteckte, indem er sie unter falschem Namen in einem Krankenhaus beschäftigte.
Durch den belletristischen Stil liest sich das vorliegende Buch flüssig und die Ausschnitte aus den Biografien der Kriegskinder geben einen persönlichen Einblick in die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Das Buch vermittelt den Eindruck eines gedruckten Filmes, da die Episoden jeweils mit einem kurzen allgemeinen Text eingeleitet werden und danach Zeitzeug/innen-Aussagen folgen. Demnach sind die Erzählungen oft kurzweilig, aber nicht tiefgründig. Viele interessante Geschichten werden nur angerissen und bleiben am Ende offen. Einem Artikel von Rainer Braun (taz) zufolge sind vor allem die „überflüssigen Nachinszenierungen“ und „standardisierte(n) Formulierungen“ in den Fernsehfolgen zu kritisieren. Das Buch kommt zwar ohne derartiges aus, neigt aber auch dazu, weniger die Zeitzeug/innen zu zitieren, als ihre Aussagen zu beschreiben. Für die pädagogische Arbeit mit Schüler/innen könnten einzelne Ausschnitte gewählt werden, um bestimmte Themenbereiche literarisch einzuleiten. Bei einer Lektüre des gesamten Buches ist eine Betrachtung gemeinsam mit den Fernsehepisoden und einer Analyse der literarischen Gattung notwendig.
Ebenfalls von Sonya Winter ist das Buch „Wir sind die Wolfskinder. Verlassen in Ostpreußen“ im Piper Verlag erschienen.
Ein weiteres Buch zur Thematik Kriegskinder gibt es von Erich und Hildegard Bulitta aus der Allgemeinen Reihe der Publikationen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Im Buch „Kriegskinder – Kinder im Krieg“ wird das Leben von Kindern im Krieg seit dem Mittelalter bis zu den Konflikten der Gegenwart beschrieben.
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- 17 Okt 2012 - 08:47