Nahezu acht Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg und zweieinhalb Jahrzehnte nach den Jugoslawienkriegen ist der Krieg nach Europa zurückgekehrt. Der russische Angriff auf die Ukraine hat unsere vermeintliche Gewissheit, dass wir die richtigen Lehren aus der Vergangenheit gezogen haben, in Frage gestellt.
Hinzu kommt die Erkenntnis, dass die spezifischen regionalen und nationalen Erfahrungen ungeachtet eines gemeinsamen europäischen Wertefundaments immer wieder zu Irritationen führen. Erinnerungskulturelle Heterogenität besteht dabei nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der europäischen Länder, in denen unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen teils polarisierende historische Narrative vertreten. Solche miteinander konkurrierenden Sichtweisen auf die Vergangenheit beeinflussen zunehmend die Perspektiven auf die Gegenwart und damit auch das aktuelle politische Handeln in Europa.
Staatliche Geschichtspolitiken stehen dabei in Wechselwirkung mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Erinnerungspraktiken. Gelegentlich scheint sogar der um die Jahrtausendwende begonnene Diskurs über eine gemeinsame europäische Vergangenheit als Grundlage einer handlungsfähigen europäischen Gemeinschaft grundsätzlich in Frage zu stehen. Ist angesichts der Unterschiedlichkeit der Erfahrungen und der Narrative gemeinsames Erinnern überhaupt möglich? Lassen sich nationale Interessen und internationale Solidarität miteinander verbinden? Und schließlich: Welche neuen Anforderungen stellen die Migrationsbewegungen der letzten Jahre an europäische Erinnerungspraktiken und die historische Bildungsarbeit?
Die Veranstaltung möchte die Vielfalt der Perspektiven in Europa vor Augen führen und darauf aufbauend über die gegenwärtigen Herausforderungen für die Geschichtsvermittlung im öffentlichen Raum und für die historische Bildung diskutieren. Dabei soll das Potential einer gemeinsamen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und deren Bedeutung für das Streben nach Wahrheit, Frieden, Demokratie, Freiheit und Toleranz im Fokus stehen sowie für ein Erinnern, das Unterschiede würdigt, Verbindendes sucht und durch Dialog die Verständigung und Solidarität in Europa stärkt.
Angesprochen sind insbesondere Vertreter/-innen aus der Politik, von Einrichtungen der kulturellen Bildung sowie Akteurinnen und Akteure im Bereich der historisch-politischen Bildung; die Teilnahme steht allen Interessierten offen. Mehr Informationen zur Veranstaltung und zum Programm finden Sie hier.
Eine Anmeldung ist erforderlich unter https://events.enrs.eu/berlin2023
Wo?
Stiftung Humboldt Forum im Berliner SchlossSchlossplatz
10178 Berlin
Wann?
16.–17. October 2023
Veranstalter
Europäisches Netzwerk Erinnerung und Soldarität
Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa
in Kooperation mit der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss
[https://enrs.eu/project/what-s-the-point-of-history-if-we-never-learn, zuletzt am 25.07.2023]