Den Einstieg in das Dossier „Konstruktion der Erinnerung“ des Goethe-Instituts bietet eine interessante Idee: Prominente Personen aus unterschiedlichen Ländern, die sich professionell mit dem Thema „Erinnerung“ beschäftigen, beschreiben einen Ort der Erinnerung, der sie persönlich bewegt oder beeindruckt hat. Die kleinen Texte des Litauers Prof. Dr. Alvydas Níkzentaitis, Dr.Wolfgang Thierse oder des Japaners Takeo Sato verschaffen dem Leser einen Überblick in das mögliche Spektrum von Erinnerungsorten. Dieses reicht vom serbischen Konzentrationslager Semlin/Sajmiste, an dessen Stelle sich nicht einmal ein Denkmal befindet bis hin zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin.
Das umfangreiche Dossier bietet einen umfassenden Einstieg in das Thema. Die Texte sind sortiert in die Themenbereiche Kulturelles Gedächtnis, Europäische Erinnerung, Vergangenheitspolitik, Lernen aus der Geschichte, Zeitzeugen erinnern sich sowie Erinnerungsforschung. Sie reichen von der Vorstellung kleiner Projekte oder Ausstellungen bis zu theoretischen Grundlagentexten namhafter Wissenschaftler.
Grundlegende Einführungstexte stammen von prominenten Wissenschaftlern wie Aleida Assmann, Volkhard Knigge, Hans Mommsen, Annette Eberle oder Karl Schlögel. Sie führen in grundlegende Begrifflichkeiten und Konzepte ein, fragen nach der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer europäischen Erinnerung und betrachten den spezifischen deutschen Umgang mit der Vergangenheit. Der Menüpunkt „Erinnerungsforschung“ versammelt Beschreibungen von Personen, die sich in Deutschland mit dem Themenkomplex Erinnerung beschäftigen und stellt ihre Forschungsschwerpunkte vor.
Die theoretischen Texte bieten die Möglichkeit sich mosaikhaft mit verschiedenen Aspekten der Erinnerung und ihrer Erforschung zu beschäftigen. Sie sind leicht verständlich geschrieben und fassen wichtige gesellschaftliche Diskurse und Forschungsthemen zusammen. Somit können sie sowohl Pädagogen und Pädagoginnen zur Vorbereitung dienen als auch in höheren Jahrgangsstufen beispielsweise als Diskussionsgrundlage eingesetzt werden.
Aber auch für Praktiker/innen bietet das Dossier weitere Verwendungsmöglichkeiten. Der Menüpunkt „Lernen aus der Geschichte“ zeigt verschiedene Möglichkeiten der pädagogischen Auseinandersetzung mit Geschichte auf: Ob Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, eine Reflexion über historische Ausstellungen oder einzelne Projekte. Hier können Pädagogen und Pädagoginnen über Möglichkeiten und Ausgestaltung ihrer eigenen Arbeit reflektieren und Anregungen erhalten. Die Rubrik „Zeitzeugen erinnern sich“ versammelt sowohl einige Zeitzeugenberichte als auch Artikel über Sammlungen von Zeitzeugenberichten.
Das Dossier bietet einen guten Überblick über verschiedene Aspekte von Erinnerung, Erinnerungskultur und Erinnerungspolitik. Artikel, Projektberichte und ähnliches bieten Anregungen und vermitteln Wissen. Das Material kann jedoch keinen Anspruch auf Systematik oder Vollständigkeit erheben; es bleibt ein mosaikartiger Überblick über ein spannendes Thema, dessen Qualität jedoch nicht zu beanstanden ist.
Auch die Bundeszentrale für politische Bildung bietet ein Dossier zum Thema mit dem Titel „Geschichte und Erinnerung“. Sie finden hierzu bereits einen Beitrag auf unserem Portal.