Als Flüchtling musste die Mutter der Autorin Deutschland 1938 verlassen - als ein besonderer Flüchtling. Ihre Mutter war eines der jüdischen Kinder, die mit den so genannten Kindertransporten außer Landes und damit in Sicherheit gebracht wurden vor den Todeslagern der Nationalsozialisten.
In Amerika hörte die Zwölfjährige von der Ermordung ihrer Eltern durch die Nazis. Sie blieb völlig entwurzelt zurück, abgeschnitten von der Kultur ihrer Heimat, ihrer Traditionen - ihrer Identität. Jahrzehntelang hielt sie ihre Erinnerungen unter Verschluss, litt an dieser Leere der Vergangenheit, die sie und ihre Familie aufzuzehren begann. Erst nach über 50 Jahren entschloss sie sich, mit ihrer Tochter nach Deutschland zurückzukehren, an den Ort, wo sie geboren wurde ...
Das Buch der Tochter ist die fiktive Verarbeitung dieser Reise. Der Blick einer Nachgeborenen und zugleich der Blick einer Betroffenen auf die Geschichte der Mutter. Es ist darüber hinaus eine Betrachtung Deutschlands. Und gerade hier wird an den nicht objektiven Stellen, an den zutiefst persönlichen Wahrnehmungen und Einschätzungen deutlich, wie Verletzungen auch noch nach Jahrzehnten wirken und wie wichtig daher die Auseinandersetzung mit den Überlebenden des Holocaust, mit deren Nachkommen und mit unserer eigenen Vergangenheit noch immer ist.
Und nicht zuletzt ist "Mutterland" ein Buch über Mütter und Töchter. Die Einsicht, dass die Beziehung zwischen beiden immer prägend ist, unabhängig davon, ob die Mutter anwesend ist oder nicht, bildet den Rahmen für die Fragestellungen der Tochter. So kann die Autorin (von sich selbst ausgehend, aber stellvertretend für viele) eindrucksvoll und feinfühlig zeigen, wie sehr das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter leidet, angesichts der Schrecken des Krieges – und alle Kriege sind schrecklich – mit Auswirkungen auf beider Leben und auf unsere gesamte Gesellschaft.
In den USA war das Buch ein großer Erfolg: Mehrere Auflagen wurden verkauft, die englische Taschenbuchausgabe liegt vor. Es war für den National Jewish Book Award nominiert.
Fern Schumer Chapman war Reporterin für die Chicago Tribune, ihre Artikel erschienen in bekannten amerikanischen Magazinen wie dem Wall Street Journal. Sie moderiert eine Fernsehsendung für Buchempfehlungen, unternimmt Lesereisen in ganz Amerika und ist mit ihrem Buch zu Gast in zahlreichen Rundfunksendungen. Sie lebt mit ihrem Ehemann und drei Kindern in einem Vorort von Chicago (wo Ende Juni 2002 das erste Treffen der in die USA geflüchteten Kinder stattfindet).