Das Portal Lehrer Online bietet in seinem Modul „Kunst im Nationalsozialismus: Kunst im Staatsdienst“ Arbeitsblätter für die Thematisierung von NS-Kunst im Unterricht an. Die Schüler/innen sollen zunächst diskutieren, was der Anspruch „freier“ - d.h. zumindest politisch weniger abhängiger – Kunst gerade auch im Gegensatz zu Aufgaben der Staatskunst im Nationalsozialismus sein könnte, um anschließend zu Leben und Werk der folgenden Personen im Internet zu recherchieren:
Die Arbeitsblätter rufen neben Informationen zu den Aufgaben der NS-Staatskunst auch die Aufgabenstellung ab. Ziel ist die Erarbeitung einer PowerPoint-Präsentation, nachdem Bild- und Textdokumente zu den genannten vier Personen gesammelt und der Bezug zu den Aufgaben der NS-Staatskunst hergestellt wurde.
Lehrer Online bietet weiterführend auch noch Material mit dem Titel: „'Entartete Kunst': Wahnsinn, Frechheit, Nichtskönnertum?“. Im Rahmen dieses Moduls sollen die Schüler/innen lernen, die im NS als „entartet“ eingestuften Werke von Künstlern wie Otto Dix, Emil Nolde, Felix Nussbaum und Kurt Schwitters von denen Arnold Zieglers und anderen NS-affinen Künstlern als Beispiel für die Ideale der NS-Staatskunst stilistisch zu unterscheiden. Auch hier ist vor dem Hintergrund einer möglichen Reproduktion der NS-Unterscheidungen eine vorherige Sondierung der historischen Sensibilität des Lernverbandes empfehlenswert. So werden den Nutzer/innen gänzlich unkommentiert und distanzlos Kriterien wie die „Formale Deformation“ oder die „Bildnerei Geisteskranker“ an die Hand gegeben.
Für die jeweils angedachte Bildersuche empfohlen werden Google sowie und die entsprechenden Seiten des Lebendigen Virtuellen Museums Online (LeMO) zu NS-Kunst und Kultur, wo Farbbilder zu Kunst und Künstlern des NS-Regimes zu finden sind. Allerdings wird der Kunstbegriff hier auch auf das Kino, die Literatur, die Filmpolitik, Photographie etc. geweitet. Für den Bereich der bildenden Kunst findet sich auf den Unterseiten des LeMO ein Kurzüberblick über beliebte NS-Kunstmotive und ein Audioausschnitt aus einer Rede von Joseph Goebbels zu „Malerei und Sport“ anlässlich des Internationalen Kunstwettbewerbs während der Olympischen Spiele 1936. Dazu kommen knappe biografische Informationen, sowie einige wenige ikonografisch gewordene bzw. gemachte Abbildungen wie das NS-Propagandacover der Broschüre zur Ausstellung „Entartete Kunst“ zum „Nigger-Jazz“. Da das auf LeMO gebotene Material im Umfang kaum befriedigend im Sinne des Lernziels ist, erscheint eine Ergänzung durch andere Quellen sinnvoll und nötig.
Die frei zugängliche Bilddatenbank zu den Großen Deutschen Kunstausstellungen 1937-1944 in München mit ihren zumeist unbekannten fotografischen Dokumenten zur Kunst der NS-Zeit ist hier nützlich. Für eine gezielte Suche nach Inhalten innerhalb der etwa 12.550 Plastiken, Bilder und Grafiken, die während der acht Ausstellungen gezeigt wurden, steht eine umfangreiche Suchfunktion über verschiedene Kategorien wie Käufer, Künstler, Themen & Motive, Kaufpreis, dargestellte Personen und Orte etc. zur Verfügung. Für die von Lehrer Online ausgewählten Namen Thorak, Ziegler, Breker sowie Koelle finden sich einige Dutzend Beispiele. Diese vermitteln einen plastischeren Eindruck ihrer Kunst. Zusätzlich bietet das Webangebot die Möglichkeit, sich innerhalb der verschiedenen Räume der Großen Deutschen Kunstausstellungen anhand von jeweils perspektivisch veränderten Fotografien zu bewegen.
Aufgabenstellung und Präsentationsvorgaben der Unterrichtsmaterialien von Lehrer-Online erscheinen in ihrer medialen Reichweite sowie dem Frontal-Charakter womöglich überholt und können gegebenenfalls durch andere, intergrativere Ideen ersetzt werden. Da die zur Verfügung gestellten Arbeitsblätter sprachlich recht voraussetzungsvoll sind („antibürgerliche Kunstavangarde“), ist eine entsprechende kommentierende Zuarbeit nötig. Daneben erscheint eine methodische und quellentechnische Ergänzung durch die spannende Quellenedition zu den Großen Deutschen Kunstausstellungen (GDK) sinnvoll. Allerdings muss bei der Verwendung deutlich der kritische Umgang mit den Bildquellen beachtet werden, da es sich zwar nicht gänzlich um NS-Propagandakunst handelt, jedoch um Kunst, die dem Kunstverständnis der Nationalsozialisten entsprach. Im Zusammenspiel vermag die Trias aus dem Material von Leher-Online, den Unterseiten des Lebendigen Museums sowie der Plattform GDK-Research eine gute Orientierung sowie Handwerkszeug zum Thema bereitzustellen. Gerade in der Frage nach der Betätigung der aufgerufenen Biografien von Breker, Thorak und co nach 1945, lässt sich der damit zusammenhängende Umgang von Justiz und Gesellschaft mit diesen Künstlern diskutieren. Zu überlegen wäre trotzdem, die ausgewählten Täter- und Ambivalenz-Biografien je nach Vermittlungsabsicht beispielsweise um eine Verfolgtenbiografie zu ergänzen.