Bereits in der ersten Szene des Films wird die tiefe und ausweglose Verzweiflung der Protagonistin deutlich: Hanna Flanders, Anfang fünfzig und allein lebend, sitzt in ihrer Münchner Wohnung und starrt auf den Bildschirm. Dort sieht sie Menschen, die sich in den Armen liegen, feiern, trinken und die Mauer erklimmen, die über Jahrzehnte Berlin geteilt hatte. Es ist der 9. November 1989, und statt in den allgemeinen Freudentaumel einzutauchen erklärt Hanna Flanders am Telefon ihrem Freund Ronald bei einer letzten Zigarette, dass sie sich im Anschluss an das Gespräch das Leben nehmen wird. Aus der vermeintlich letzten Zigarette werden zwei und es gelingt Ronald schließlich, Hanna zu überzeugen, das Arsenfläschchen aus der Hand zu legen.
Ihr Leben geht weiter, fürs erste, doch die grenzenlose Verzweiflung über die politischen Umbrüche und die gesellschaftlichen Reaktionen bleiben. Flanders, die als überzeugte Kommunistin ihr Leben lang Lenin die Treue gehalten hat, trifft das Ende des Arbeiter- und Bauernstaates dermaßen hart, dass sie in tiefer Verstörung und einer unabwendbaren Perspektivlosigkeit zurückbleibt. Nicht nur privat gerät ihre Welt dadurch ins Wanken, auch beruflich befindet sie sich durch die politischen Ereignisse in einer prekären Situation: Ihr Werk, einst gefeiert als radikale und antibürgerliche Abrechnung mit dem kapitalistischen Establishment, wurde seit ihrem Zerwürfnis mit dem westdeutschen Rowohlt Verlag nur noch im Osten verlegt.
Hanna begibt sich auf eine Reise durch die vereinte Republik, ursprünglich mit dem Ziel, sich in Berlin bei einem Freund niederzulassen. Als dieser ihr jedoch, berauscht von der allgemeinen Feierstimmung, das versprochene Obdach verweigert, fährt sie weiter auf der Suche nach finanzieller und emotionaler Unterstützung. Doch ihre Begegnungen bleiben frustrierend, die feiernden Menschen haben kein Verständnis für Hannas tiefe Verzweiflung und sie fühlt sich zunehmend unverstanden. Ein Besuch bei den gutbürgerlichen Eltern wird zu einer Tirade aus Vorwürfen und eine Nacht bei ihrem ehemaligen Ehemann entwickelt sich zu einer Begegnung voller Schmerz, Bestürzung und Alkohol. Desillusioniert kehrt Hanna nach München zurück, wo sie kurze Zeit später auf der Straße zusammenbricht und in ein Krankenhaus eingeliefert wird. Dort sagt man ihr, sie müsse sich augenblicklich einem Nikotin- und Tablettenentzug unterziehen, um eine durch ein Raucherbein verursachte Amputation zu vermeiden. Hanna, die aufgrund dieser Diagnose endgültig allen Lebensmut verloren hat, steigt in den Vierten Stock der Klinik und beendet nach einer letzten Zigarette durch einen Sprung aus dem Fenster ihr Leben.
Auch wenn die Verzweiflung der Protagonistin überdeutlich in allen Szenen des Films spürbar ist, sollte man versuchen, die Person dahinter nicht aus den Augen zu verlieren. Flanders/Elsner war – im Gegensatz zu vielen anderen – nicht hinter ihren Idealen und ihrer radikalen Gesellschaftskritik zurückgetreten, als sich die politischen Verhältnisse veränderten. Es gab für sie aus diesem Grunde kein zurück in diese bürgerliche, wieder vereinte Gesellschaft – ihr Klassenverrat war unwiderruflich. Damit am Ende des Films nicht die radikal-politische Schriftstellerin vollständig hinter einer verstörten Nikotin- und Tablettenabhängigen verschwindet, ist ein vorbereitender Blick auf Elsners Werk zu empfehlen. Ihre totale Verweigerung und die Unfähigkeit, sich mit den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen der späten Achtziger und frühen Neunziger Jahre abzufinden, scheint dann auch klarer und nachvollziehbarer, als es vom Regisseur des Filmes – dem Sohn Elsners – eventuell beabsichtigt war. Dieser betonte zwar in einem Interview deutlich, dass es nicht sein Ziel war, ein persönliches Mutter-Trauma zu bewältigen, sondern einen Menschen in einer Umbruchzeit zu zeigen. Der Film, der in schwarz- weißen Bildern die düster- ausweglose Endphase Elsners zeigt, erinnert jedoch manchmal mehr an das Psychogramm einer Todgeweihten als an das Porträt einer politisch reflektierten Intellektuellen.
Dennoch ist der Film auch für die Behandlung im Unterricht ab Sekundarstufe II zu empfehlen, da er eine ungewohnte Perspektive auf die deutsche Vereinigung eröffnet. Dass die Entwicklungen jener Tage und Monate tragische Auswirkungen auf Teile der Gesellschaft hatten, wurde und wird im allgemeinen Freudentaumel oftmals übersehen. Dass Elsner allerdings in ihrer Radikalität und politischen Standhaftigkeit auch hier einen Sonderfall darstellt, ist nicht zu bezweifeln.
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