Beitrags-Autor: Ingolf Seidel Sie müssen angemeldet sein, um das Benutzerprofil zu sehen |
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Neben den konkreten, historischen Ereignissen in Konzentrationslagern interessieren sich Besucher/innen der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen (GMS) häufig auch für das Verhältnis der Stadt Oranienburg und ihrer Bewohner/innen zum Konzentrationslager. Innerhalb des dezentralen Ausstellungskonzeptes der GMS können sich Besucher/innen in der Ausstellung „Die Stadt und das Lager“ über den Kontakt zwischen den Bewohner/innen der Stadt Oranienburg und den Gefangenen des Konzentrationslagers Sachsenhausen informieren. Diese Ausstellung in Turm E der ehemaligen Lagermauer beleuchtet das Thema Kontakte und Kontaktmöglichkeiten schlaglichtartig. Zu Fragestellung des Wissens der Bevölkerung über das Konzentrationslager wird zurzeit ein Studientagsmodell entwickelt.
Für einen zunächst 6-stündigen Studientag in der GMS wurden Quellen aufgearbeitet und Arbeitsblätter erstellt, mit denen dieses Thema für Jugendgruppen (Sekundarstufe 1+2) behandelt werden kann. Der Studientag besteht in der aktuellen Fassung aus 3 Teilen. a.) einer Führung durch die Gedenkstätte, b.) der Arbeit in Kleingruppen und c.) einer Diskussionsrunde, in der die Teilnehmenden auf Grundlage ihrer erarbeiteten Erkenntnisse über die Frage diskutieren, was die Bevölkerung Oranienburgs von Behandlung und Lebensbedingungen der Gefangenen im Konzentrationslager wissen konnte. Das Material besteht aus sehr heterogenen Quellen: SS-internen Quellen, Zeitungsartikeln, Karten sowie Selbstzeugnissen ehemaliger Häftlinge.
Die Teilnehmenden arbeiten in vier thematischen Gruppen:
Die Aufgabenstellung an die Teilnehmenden ist es im Rahmen des Erprobungsseminars, Argumente zu sammeln, um anschließend mögliche Kontakte der Bevölkerung zum System Konzentrationslager und sich ergebende und wahrgenommene Handlungsoptionen zu diskutieren. Bei dem bisher durchgeführten Studientag war die Aufteilung des Arbeitsmaterials auf die Gruppen von Bedeutung, da die thematische Perspektive der einzelnen AG-Materialien jeweils gewisse Schlussfolgerungen nahe legte. Der stärkste Kontrast ergab sich dabei zwischen den Ergebnissen der Gruppen, die zu Sachsenhausen als Vorzeigelager arbeiten und jenen, die sich mit der Zwangsarbeit in Oranienburg beschäftigen. Zeigt doch das Material der ersten, dass die SS sich bemühte, das KZ soweit wie möglich zu isolieren und Informationen über die Praxis im Lager zu steuern, während die zweite Gruppe feststellt, dass Gefangene seit 1933 im Stadtbild präsent waren, etwa während der Zwangsarbeit.
Die Stärke dieses Formates - der mit Quellenarbeit vorbereiteten Abschlussdiskussion - liegt darin, dass die moralisch-ethischen Probleme der Thematik erst von den Teilnehmenden selber in der Diskussion formuliert werden. Ihnen wird somit in starkem Maße die Möglichkeit gegeben, eigene Interpretationen und damit einen eigenen Zugang zu den Geschehnissen zu entwickeln. Dies zeigte sich konkret in einer sehr angeregten Diskussion der Teilnehmenden.
Die GMS plant auf den gewonnenen Erfahrungen aufbauend das Konzept sowie das Arbeitsmaterial zu überarbeiten und auszuweiten. Mittelfristig sollen weitere AGs zu Aspekten des Themas sowie Vor- und Nachbereitungsübungen erarbeitet werden, die entweder als eigenständiger Studientag oder als Modul im Rahmen von mehrtägigen Seminaren (z.B. in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Haus Szczypiorski) gebucht werden können. Das Arbeitsmaterial liegt sowohl in deutscher, als auch in englischer Sprache vor.