Für den nationalsozialistischen Massenmord an behinderten und kranken Menschen aus Psychiatrien, Fürsorgeeinrichtungen, Heimen und Lazaretten wurden ab 1940 sechs Tötungsanstalten eingerichtet. Mit dem Begriff „Euthanasie“, welcher in seiner ursprünglichen Übersetzung aus dem Griechischen „schöner Tod“ bedeutet, wurde eine euphemistische Betitelung der Ermordung in Gaskammern, durch Medikamente und den Entzug von Nahrung benutzt. An diesen Orten der NS-„Euthanasie“-Verbrechen befinden sich heute Gedenkstätten. Sie versuchen den historischen Ort zu erhalten sowie an die Opfer zu erinnern. Gleichzeitig spielt auch die Frage nach den Täter/ innen dieser Verbrechen eine wichtige Rolle.
Seit 1933 fanden in der „Herzoglichen Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke zu Bernburg“ Zwangssterilisationen nach den Ideen der rassenhygienischen Ideologie der Nationalsozialisten statt. Von 1941 bis Mai/Juni 1943 wurden Teile des Krankenhauses zur „Euthanasie“-Anstalt. In den 1980er Jahren begannen Mitarbeitende des psychiatrischen Krankenhauses, welches sich heute in dem Gebäude befindet, mit der Aufarbeitung der Geschichte. Seit 1989 informiert eine Gedenkstätte über den historischen Ort, die Opfer und die Täter/innen. Die Gedenkstätte bietet heute Führungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie einen Überblick zur „Euthanasie“ im Nationalsozialismus, Zwangssterilisationen und der Geschichte des Krankenhauses Bernburg, an. Zudem werden auf Anfrage Studientage und Lehrer/innen-Fortbildungen durchgeführt. Weitere Informationen finden sich auf der Internetseite der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt und dem Förderverein der Gedenkstätte Bernburg e.V. Eine Materialsammlung der Gedenkstätte wird in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt.
Die Dokumentationsstelle Brandenburg betreut zwei Gedenkorte. Zum einen die Gedenkstätte im Zuchthaus Brandenburg-Görden, wo zwischen 1940 und 1945 etwa 2000 Menschen hingerichtet worden sind und zum anderen die Gedenkstätte für die Opfer der „Euthanasie“-Morde, die an über 9000 in der dortigen Gaskammer ermordeten Personen erinnert. Es werden Führungen über das Gelände der ehemaligen Tötungsanstalt im Stadtzentrum von Brandenburg, am Nicolaiplatz nach Anfrage angeboten. Die Kontaktdaten dazu können der Internetseite der Dokumentationsstelle Brandenburg entnommen werden. Eine neue Dauerausstellung wird voraussichtlich im Sommer 2012 eröffnet.
Die nationalsozialistische Regierung beschlagnahmte im Oktober 1939 das ehemalige Jagdschloss württembergischer Herzöge in Grafeneck und ab Januar 1941 wurden in einer Gaskammer Männer, Frauen und Kinder ermordet. Grafeneck ist der erste Ort der systematischen Tötung von geistig behinderten und psychisch kranken Menschen unter den Nationalsozialisten geworden. Im Dezember 1940 endeten die Morde und das Gebäude wurde für die „Kinderlandverschickung“ genutzt. In den 1950er und 1960er Jahren wurde ein Gedenkort auf dem früheren Friedhof sowie 1982 eine erste Texttafel eingerichtet. Seit 1990 gibt es zudem eine offene Kapelle, die im Jahr 2005 durch das Dokumentationszentrum Gedenkstätte Grafeneck ergänzt wurde. Den Kern des Dokumentationszentrums bildet die Ausstellung „‚Euthanasie‘- Verbrechen in Südwestdeutschland. Grafeneck 1940 – Geschichte und Erinnerung“, die die historischen Ereignisse, Opfer und Täter/innen behandelt sowie einen Blick auf die Erinnerung und die juristische Aufarbeitung der Verbrechen nach 1945 richtet. Die Gedenkstätte und das Dokumentationszentrum bieten neben Fortbildungen, Führungen und Seminaren auch eine Wanderausstellung mit dem Titel „Krankenmord im Nationalsozialismus – Grafeneck 1940. Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland“ an. Weitere Informationen sind auf der Gedenkstätten-Website abrufbar. Eine Materialsammlung zu Grafeneck wird in einem weiteren Beitrag vorgestellt.
Ende 1940 befahl die „T4“-Zentrale in Berlin den Umbau des Hauses der Landesheilanstalt in Hadamar zu einer Tötungsanstalt. Die Menschen starben an gezielt eingesetzter Hungerkost, vorenthaltener medizinischer Versorgung und an überdosierten Medikamenten. Das Gedenken an die Opfer begann in Hadamar 1953 mit einem Relief im Eingangsbereich der damaligen Landesheilanstalt, welches bis heute an die getöteten Patientinnen und Patienten erinnert. 1964 wurde der ehemalige Anstaltsfriedhof in eine Gedenkstätte umgestaltet und seit 1991 informiert eine Dauerausstellung über die NS-„Euthanasie“-Verbrechen an diesem Ort. Neben Führungen und Studientagen arbeitet der Verein zur Förderung der Gedenkstätte e.V. seit 2003 mit 'Mensch zuerst' – Netzwerk People First Deutschland e. V. zusammen. Innerhalb dieser Kooperation ist ein Besuchsangebot für Menschen mit Lernschwierigkeiten entwickelt worden. Diese Studientage finden in leichter Sprache statt und das Tempo der Aneignung wird von den Teilnehmenden bestimmt. Weitere Daten zur Geschichte des Ortes, der Gedenkstätte und Informationen zum Bildungsangebot gibt die Internetseite der Gedenkstätte wieder. Im vorliegenden Magazin befindet sich zudem ein Diskussionsbeitrag von Regine Gabriel, pädagogische Mitarbeiterin in Hadamar und die Vorstellung eines Unterrichtsmaterials. Außerdem befindet sich auf Lernen aus der Geschichte auch ein Beitrag zu einem Unterrichtsmaterial mit dem Titel „‘Was geschah in Hadamar in der Nazizeit?‘ Ein Katalog in leichter Sprache“ und ein weiterer Beitrag von Regine Gabriel.
Von 1940 bis 1944 wurde das Schloss Hartheim in Oberösterreich Ort der Ermordung von 30.000 Menschen. Zur Erinnerung an die Verbrechen richtete der Landes-Wohltätigkeitsverein 1969 einen Gedenkraum ein. 1995 gründete sich der Verein Schloss Hartheim mit dem Ziel diesen Ort mit Beachtung der eigenen Geschichte einem würdigen Verwendungszweck zuzuführen. Ergebnis dieser Bemühungen war die Eröffnung des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim mit der Ausstellung „Wert des Lebens“. Neben Führungen bietet die Gedenkstätte unterschiedliche Vermittlungsprogramme mit Bezügen zur Gegenwart. Dabei steht vor allem der gesellschaftliche Umgang mit Menschen mit Lernschwierigkeiten im Vordergrund. Weitere Informationen zu den spezifischen Programmen können dem Internetangebot entnommen werden. Außerdem befindet sich in diesem Magazin ein Beitrag von Sophie Wagenhofer.
In Pirna-Sonnenstein wurden in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt in den Jahren 1940 und 1941 im Rahmen der nationalsozialistischen Krankenmorde behinderte und kranke Menschen getötet. Außerdem wurden ab dem Sommer 1941 Häftlinge aus verschiedenen Konzentrationslagern in den Gaskammern in den Kellerräumen ermordet. Außer mittels einer Gedenktafel im Eingang des Schlosses wurde an die Opfer der Verbrechen bis 1989 nicht erinnert. Allerdings wurde schon im selben Jahr eine Ausstellung des Historikers Götz Aly zur Aktion „T4“ im Evangelisch-Lutherischen Gemeindezentrum Pirna-Sonnenstein gezeigt. Es folgte eine Bürgerinitiative zur Schaffung einer würdigen Gedenkstätte für die Opfer der „Euthanasie"-Verbrechen auf dem Sonnenstein, die sich für die Rekonstruktion der Kellerräume und die Einrichtung einer Gedenkstätte einsetzte. Seit 2000 dokumentiert die historische Dauerausstellung die Verbrechen und die Schicksale der Opfer an diesem Ort. Die Bildungsarbeit der Gedenkstätte befasst sich mit dem Thema „Euthanasie“ in der Vergangenheit, aber auch mit gegenwärtigen Diskussionen um Humangenetik. Eine ausführliche Beschreibung des pädagogischen Angebots findet sich in einem PDF auf der Website. Aktion Zivilcourage hat gemeinsam mit der Gedenkstätte und der Friedrich-Ebert-Stiftung pädagogische Angebote in Form von elf Modulen, die von einer Gedenkstättenführung bis hin zur Produktion einer eigenen Audioführung reichen, konzipiert. Die kombinierbaren Module in der „KlickBox“ können ebenfalls als PDF heruntergeladen und auch bestellt werden. Ein Beitrag von Daniel Ziemer von der Gedenkstätte in Pirna-Sonnenstein befindet sich ebenfalls im vorliegenden Magazin.