Vor 35 Jahren legten der Zentrale Runde Tisch und die demokratisch gewählte Volkskammer der DDR im Februar bzw. April 1990 den Grundstein für die Einwanderung von über 200.000 jüdischen Menschen aus der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten, die eine Neuaufstellung des jüdischen Gemeindelebens in Deutschland zur Folge hatte. Fast zeitgleich kamen seit Ende der 1980er-Jahre ca. 2,5 Millionen Angehörige deutschstämmiger Minderheiten aus (post-)sowjetischen Ländern zunächst nach Westdeutschland und später in die vereinte Bundesrepublik.
Geteilte Wege, gemeinsame Erfahrungen: Migrationsgeschichte(n) von Spätaussiedler:innen sowie jüdischen Kontingentflüchtlingen im vereinten Deutschland
Wie erging es diesen Menschen vor und nach ihrer Ankunft? Welche Parallelen und Unterschiede gab es im gesellschaftlichen Umgang mit den beiden Einwanderungsgruppen? Und welche Spuren hinterließ die postsowjetische Migration im vereinten Deutschland? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Tagung, die sich an Fachleute aus Museen, Gedenkstätten, Bildungs- und Kultureinrichtungen richtet.
In Projektvorstellungen beleuchten wir die Situation jüdischer Menschen in der DDR, die Erfahrungen postsowjetischer Migrant:innen nach der Wiedervereinigung, die Perspektiven junger Russlanddeutscher im Kontext des Ukrainekriegs und die Emotionsgeschichte der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland.
Mit der Sozial- und Migrationswissenschaftlerin Dr. Darja Klingenberg diskutieren wir über Begriffe, Gemeinsamkeiten, Unterschiede und erinnerungspolitische Leerstellen. Zudem liest die Journalistin und Podcasterin Ira Peter aus ihrem neuen Buch und thematisiert, warum die Geschichte der Russlanddeutschen außerhalb der Community bislang wenig bekannt ist.
Die Teilnahme ist kostenfrei. Da es sich um eine Präsenzveranstaltung handelt, sind die Plätze begrenzt. Um Anmeldung wird gebeten.
Wo?
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Kronenstraße 5, Berlin
Wann?
27.03.2025, 10–16 Uhr
Programm
10:00 Uhr Begrüßung
10:15 Uhr interaktives Kennenlernen und Einführung in die Thematik
11:00 Uhr kurze Pause
11:15 Uhr Postsowjetische Migrationsgeschichte(n) vielfältig vermitteln – Projektvorstellungen und Gespräch (Moderation: Dr. Jan Wilkens, Alfred Landecker Foundation)
1. Auf welche Situation der jüdischen Gemeinden in der DDR und Ostdeutschland trafen die jüdischen Kontingentflüchtlinge? Anhand des Projekts „Jüdisches Leben in zwei Diktaturen“ stellt Hans Ferenz (Schallwerk-Berlin e.V.) die historische Ausgangslage in der DDR 1989/90 vor und erläutert, wie ein Audiowalk durch das jüdische Ost-Berlin niedrigschwellige Zugänge (nicht nur) für junge Menschen zum Thema schaffen kann.
2. Die in der Öffentlichkeit wenig bekannten „Erfahrungsgeschichten von ‚Sowjetdeutschen‘“, vor allem der Kriegskindergeneration, stehen im Fokus des Zeitzeug:innen-Projekts von Alexandra Kolesnikova, geb. Kenig, (Martin-Luther-Universität Halle). Hier entstehen neue Quellen zur sowjetdeutschen Alltagsgeschichte, zu Deportations- und Umsiedlungserfahrungen sowie dazu, wie sich diese auf die Identitätsbildung der Betroffenen bis heute auswirken.
3. Wie blicken junge, in Deutschland lebende Menschen mit Post-Ost-Hintergrund auf die Erfahrungen ihrer Eltern und Großeltern vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine? Jan Pöhlking (Kulturreferat für Russlanddeutsche) berichtet aus dem Projekt „Junge Russlanddeutsche und der Ukrainekrieg“, das die Stimmen der jungen Generationen in ihrer Vielfalt sichtbar macht.
4. Um Geschichte als gebrochene Kontinuität geht es im Projekt „Gefühlsdinge“. Dr. Alina Gromova (Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum) berichtet von der partizipativen Sammlungsarbeit der Neuen Synagoge Berlin mit jüdischen und migrantischen Communities. Durch emotionale und sinnliche Arbeit mit Objekten erforscht das Projekt emotionale Brücken zwischen Geschichte und Gegenwart und begreift jüdische Gemeinschaft als Emotional Community.
12:45 Uhr Mittagspause
13:45 Uhr Impulsvortrag „Unsichtbar, privilegiert oder benachteiligt. Postsowjetisch jüdische, Russlanddeutsche und andere osteuropäische Migrant:innen in der deutschen Migrationsgesellschaft“ von Dr. Darja Klingenberg (Europa-Universität Viadrina Frankfurt)
14:15 Uhr Lesung „Deutsch genug? Warum wir endlich über Russlanddeutsche sprechen müssen“ von Ira Peter (Freie Journalistin I Moderatorin I Podcasterin)
14:45 Uhr Geteilte Wege, gemeinsame Erfahrungen – was verbindet, was teilt Menschen mit Post-Ost-Biografie? Ein Gespräch mit Darja Klingenberg und Ira Peter, moderiert von Sophia Freitag und Dr. Christine Schoenmakers (Bundesstiftung Aufarbeitung).
15:30 Uhr kurze Pause
15:45 Uhr Zusammenfassung und Feedback
16:00 Uhr Ende der Tagung
Weitere Informationen zu Anmeldung, Anfahrt und Barrierefreiheit finden Sie unter: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/veranstaltungen/geteilte-wege-gemeinsame-erfahrungen-migrationsgeschichten-von-spaetaussiedlerinnen-sowie-juedischen-kontingentfluechtlingen-im-vereinten-deutschland
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