Folgen Sie mit dem Smartphone den Erinnerungen ehemaliger Zwangsarbeiter*innen in Berlin zur Zeit des Nationalsozialismus. Zeitzeug*innen erinnern sich an Fabriken und Lager; Fotos und Dokumente zeigen Opfer und Täter. Fünf Touren führen durch Berlin.
Hauptstadt der Zwangsarbeit
„Ich war 13, als ich in Berlin war, aber ich kann mich an alles erinnern“, schreibt die ehemalige polnische Zwangsarbeiterin Alina Przybyła in ihrem Erinnerungsbericht: „Doch wieder erkennen kann ich heute kaum etwas, so hat sich die Stadt geändert. Nur das Brandenburger Tor habe ich wieder erkannt, an dem ich damals gestanden und an einer Säule gekratzt hatte: ‚Pferdchen, tragt mich nach Hause!‘“
Berlin war ein Zentrum der Zwangsarbeit: Zwischen 1938 und 1945 musste eine halbe Million Zwangsarbeiter*innen – Männer, Frauen und Kinder – in Berliner Fabriken, Dienststellen und Haushalten arbeiten, so viele wie in keiner anderen Stadt Europas. Aus der „Volksgemeinschaft“ ausgegrenzt, lebten sie in über 3000 Lagern, direkt vor der Haustür der Berliner*innen. In Interviews und Briefen erzählen sie von Arbeit, Hunger, Gewalt und Bomben, aber auch von Liebe und Freundschaften.
Erinnerungen auf dem Smartphone
Nun werden die Erinnerungen jener unfreiwilligen Berliner*innen wieder lebendig – vor Ort, mit dem Smartphone in der Hand. Eine mobile Webseite (demnächst auch als Zeitzeugen-App) ermöglicht eine multimediale Spurensuche. Mit Interviewausschnitten, Fotos und Karten folgen Sie zu Fuß, mit dem Rad oder der S-Bahn den Alltagswegen der Zwangsarbeiter durch die Stadt. Entdecken Sie Orte, die in Reiseführern nicht verzeichnet sind, und finden Sie an bekannten Orten Spuren einer vergessenen Geschichte!
Zum Projekt
Nach vielen Ausstellungen, Rundgängen, Publikationen und Veranstaltungen zur nationalsozialistischen Zwangsarbeit vermittelt nun eine mobile Webseite als Pilotprojekt des mobilen Lernens einen neuen Zugang zur Geschichte Berlins.
Wichtigste Quellengrundlage ist die Sammlung von Zeitzeugenberichten, Interviews, Fotos und Dokumenten zur NS-Zwangsarbeit (Slg. BGW), die die Berliner Geschichtswerkstatt seit 1993 aufgebaut hat und 2012 dem Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit Berlin-Schöneweide übergeben hat.
Eine frühere Version dieser Anwendung wurde 2013 als reine iPhone- und Android-App erstellt. Sie wurde von der Mobile Melting GmbH programmiert und als Beitrag der Berliner Geschichtswerkstatt zum Themenjahr „Zerstörte Vielfalt“ (2013) von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ und dem Hauptstadtkulturfonds gefördert.
2022 wurde diese Version als mobile Webseite mit eigenen Mitteln neu erarbeitet. Mehr dazu finden Sie unter dem Link.