Von Lisa Just
Ein Webquest ist ein computergestütztes Lernangebot im Internet, welches das handlungsorientierte und selbstgesteuerte Lernen fördern soll. Ziel des hier vorgestellten Webquests zum Nahostkonflikt ist, eine Annäherung an die emotionalen Dimensionen des Konflikts anzuregen, indem sich die teilnehmenden Jugendlichen mit 15 Kurzbiographien von Betroffenen des Konflikts in Israel/Palästina auseinandersetzen.
Die im Webquest vorgestellten Personenprofile stellen sehr verschiedene Beweggründe und Meinungen zum Nahostkonflikt vor und vermitteln in der Zusammenschau einen guten Eindruck von der Komplexität des Konflikts. Alle Erzählungen erscheinen authentisch und geben schlüssige Begründungen für ihr Handeln – sehr wichtig für eine multiperspektivische Diskussion rund um Berechtigungen und Rechte. Jedes Profil wird durch eine Zeichnung der Person ergänzt, das macht die Erzählung realer aber doch abstrakter, als eine Fotografie es erlaubt hätte.
Jedes Profil kann für sich allein gelesen werden, doch die Navigation erleichtert das Einordnen der Positionen, indem Profile mit ähnlichen Ansichten oder Erfahrungen miteinander verlinkt sind. Jede Profilseite enthält zusätzlich Kartenmaterial mit einer Übersicht über die Aufteilung des Gebietes zwischen Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten sowie zur Bevölkerungszusammensetzung und Religionszugehörigkeit Israels. Wichtige Namen und Begriffe werden am linken Rand der Seite erläutert. An einigen Stellen wurde Fotomaterial hinzugefügt.
Die Profile reichen von Majda, einer strenggläubigen Muslima, die aus religiöser Überzeugung den bewaffneten Kampf der Hamas unterstützt, obwohl oder weil sie vier ihrer sieben Kinder während der letzten Intifada verloren hat, über Sarah, eine strenggläubige Jüdin, die als Siedlerin im Namen Gottes im Westjordanland lebt.
Doch auch viele Nuancen dazwischen werden abgebildet: Abe, ein christlicher Palästinenser, Khalil, ein arabischer Israeli, Hanan, eine palästinensische Schülerin, die mit ihrer Familie in einem Flüchtlingscamp lebt oder Rivka, ein israelisches Mädchen, das den Beschuss ihres Dorfes mit Quassamraketen von palästinensischer Seite erlebt. Sami, ein Palästinenser, beschreibt seinen täglichen Weg zur Arbeit, vorbei an israelischen Grenzposten. Außerdem kommen zwei Stimmen – eine Palästinenserin und ein Israeli – zu Wort, die sich für die Friedensarbeit einsetzen.
In einem zweiten Schritt sollen die Jugendlichen ihre eigene Haltung und die ihrer Bekannten und Familienangehörigen zum Nahostkonflikt reflektieren. Mit dieser multiperspektivischen Herangehensweise soll die Vielschichtigkeit des Konflikts nachvollzogen werden. Gleichzeitig dient die Auseinandersetzung der Meinungsbildung über parteiische Darstellungen in Presse und persönlichem Umfeld hinaus.
In der Materialsammlung für Lehrkräfte, die sich im Menüpunkt Ressourcen verbirgt, stehen Kopiervorlagen für Mind Maps für jedes Personenprofil zum Download bereit, außerdem Auswertungsbögen und Infomaterial zum theaterpädagogischen Ansatz des Forumtheaters. Das Webangebot soll in Zukunft multimedial erweitert werden.
Das Webquest können Lehrkräfte selbst in ihren Unterricht einbinden oder im Rahmen 3-tägiger Workshops der Streetgriot-Pädagoginnen und Pädagogen nutzen. Die Workshops umfassen sowohl theaterpädagogische Methoden, als auch internet- und videobasierte Ansätze.
In einem weiteren Streetgriot-Angebot “Zusammenleben Israel/Palästina – Nahost in Berlin” soll den Jugendlichen die Möglichkeit gegeben werden sich in Form von selbst produzierten Videoclips auszudrücken, die ihre persönlichen Erzählungen in den Mittelpunkt stellen.
Ein gelungenes Beispiel („Leidensbrüder“) finden Sie auf der Website von Streetgriot: http://streetgriot.net/?page_id=67 .
Um Lehrkräfte bei eigenen Videoprojekten zu unterstützen, stehen auf der Website einige Materialien bereit, u.a. Anleitungen zu Kamerafunktionen, zum Erstellen eines Drehplans und eines Storyboards sowie zur Auswertung des Projekts.
Die Angebote des Bildungsträgers StreetGriot Medienpädagogik e.V. richten sich besonders an Jugendliche mit Migrationshintergrund. Seit 2000 führt StreetGriot Projekte mit Jugendlichen durch: in Berlin, Chicago (USA) und aktuell auch in Tel Aviv (Israel).
Zum Webquest (Schülerseiten).
Zu den Hintergrundinformationen für Lehrkräfte.
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- 27 Dez 2010 - 12:30