Jeder Mensch hat einen Namen
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Ort/Bundesland: Nordrhein-Westfalen |
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Alte Synagoge - Geschichte
Die heutige Alte Synagoge wurde am 25. September 1913 seinerzeit als "Neue Synagoge" der Essener jüdischen Gemeinde eingeweiht. Sie ist als "historisch-politisches Dokumentationsforum und Gedenkstätte" in einem mächtigen Kuppelbau beheimatet, der zwischen 1911 und 1913 entstand. In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde sie von den Nazis wie viele andere Synagogen bis auf die Außenmauern zerstört. Nach dem Krieg diente sie für kurze Zeit wieder als Gotteshaus. Nach dem Verkauf des Gebäudes an die Stadt Essen wurde 1960 das "Haus Industrieform", eine Ausstellungsstätte für Industriedesign, eingerichtet. Hierzu ist der Innenraum so stark umgestaltet worden, dass dort nichts mehr an den vormaligen synagogalen Charakter erinnerte.
Schließlich entstand nach einer wechselvollen Geschichte am 9. November 1980 die Alte Synagoge als Gedenkstätte und Ort politisch-historischer Dokumentation. Zwischen 1986 und 1988 sollte im Zuge von Rekonstruktionsarbeiten die vormalige Gestalt des Synagogeninneren in ihren Konturen nachvollziehbar werden, deshalb wurden die Kuppel wieder freigelegt, die Frauenempore erneut eingezogen und die bis dahin verdeckten Fenster sichtbar gemacht. Zugleich sollten aber auch die unwiederbringlichen Verluste architektonisch markiert werden. An die Stelle der Mosaiken und Einlegearbeiten im Kuppelbereich und im Tonnengewölbe über dem Torahschrein sind deshalb weiße, leere Rotunden getreten. Im Portalbereich der Alten Synagoge sind zwei Inschriften angebracht. Die eine soll den vormaligen Charakter des Gebäudes als Synagoge der Essener jüdischen Gemeinde deutlich machen. Sie ist identisch mit jener Votivtafel, die die Essener jüdische Gemeinde 1913 zur Einweihung der Synagoge an die Öffentlichkeit richtete.
Die andere Tafel weist auf die Mitverantwortung an den Deportationen und an der Shoah hin. Mit einem Vers des Propheten Habakuk beginnend, "Denn ein Stein wird aus der Wand schreien", lautet ihr Text: "Diese Synagoge wurde 1913 von der Jüdischen Gemeinde eingeweiht und bildete 25 Jahre, bis zur Pogromnacht im November 1938, ihr Zentrum. Die Essener Juden wurden während der dreißiger Jahre schrittweise aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben der Stadt ausgegrenzt und schließlich in die Ghettos und Vernichtungslager verschleppt. Ausgrenzung und Verschleppung fanden vor den Augen der Essener Öffentlichkeit statt, wurden weithin mit Gleichgültigkeit hingenommen, teils gebilligt, teils aktiv unterstützt. Heute erinnern Grabsteine und dieses Haus an eine einst bedeutende Jüdische Gemeinde. Nach 1945 kehrten nur wenige Überlebende nach Essen zurück. Ihr Schicksal und das der Ermordeten mahnen uns, für eine bessere Gesellschaft einzutreten, in der wir '... den besseren Zustand ... aber denken als den, in dem man ohne Angst verschieden sein kann' (Theodor W. Adorno)."
"Gedenkbuch-Projekt"
Erinnern und Gedenken sind aktive Prozesse, die wechselseitig aufeinander bezogen sind. Aus dieser Überlegung heraus ist in Essen seit 1985 das "Gedenkbuch-Projekt" entwickelt worden, in dem es um die Rekonstruktion der persönlichen Lebens- und Leidensgeschichte eines Ermordeten geht. Über 2500 jüdische und etwa 1000 nicht-jüdische Essener Bürger, politisch und religiös Verfolgte, Opfer der "Euthanasie", Sinti und Roma, sogenannte Gemeinschaftsfremde und Homosexuelle wurden während des Nationalsozialismus ermordet. Nur noch wenige Zeitzeugen erinnern sich an diese Menschen. Den Ermordeten, die nur noch dem Namen nach bekannt sind, soll mit dem Projekt ihre Geschichte zurückgegeben werden.
Das Ziel des Gedenkbuch-Projektes, das Bild dieser Menschen wieder entstehen zu lassen, führt zum Konzept des "aktiven Gedenkens", an dem sich jeder beteiligen kann. Es richtet sich an interessierte Bürger, Schulklassen und Jugendgruppen und gibt ihnen die Möglichkeit, sich mit dem Leben eines der unter dem Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Essener Bürger zu befassen. Mit der Übernahme einer "Patenschaft" erklärt sich der Pate bereit, den Lebensweg eines Ermordeten zu recherchieren und in einer "Gedenkurkunde" (siehe pdf-Dokumente) zu dokumentieren. Spuren dieser Menschen, Hinweise auf ihre Hoffnungen, Wünsche, Erwartungen und Ängste finden sich in den Erinnerungen ihrer noch lebenden Angehörigen oder Freunde bzw. im Archiv der Alten Synagoge.
Die Mitarbeiter der Alten Synagoge helfen bei der Spurensuche, vermitteln erste Informationen und - nach Möglichkeit - Kontakte zu Angehörigen und betreuen die "Paten" auch während ihrer Arbeit. Die Gedenkurkunden, von denen es inzwischen über 300 gibt, werden fortlaufend in das Gedenkbuch aufgenommen und auch in der Dauerausstellung "Stationen jüdischen Lebens von der Emanzipation bis zur Gegenwart" gezeigt.
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- 13 Mai 2010 - 10:32