Ein Name verpflichtet
Eckdaten
Ort/Bundesland: Thüringen |
Bibliografie
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Namenspatron der Schule
Im Zuge der deutschen Vereinigung wurden in Thüringen zu Beginn der 90er Jahre sämtliche ehemals an Schulen verliehene Namen von Persönlichkeiten aus der DDR-Geschichte getilgt. Dies sollte auch mit dem Namenspatron unserer Schule, Wilhelm Hammann, geschehen. Man mag darüber streiten, ob diese Namenstilgung als bloßer Akt der Willkür oder als Anstoß zu neuer Geschichtsaufarbeitung zu werten ist und ob dabei geographische und moralisch vertretbare Grenzen überschritten wurden. Unsere Schule entschloss sich in Abstimmung mit den zuständigen Behörden der Stadt Erfurt, Geschichtsaufarbeitung zu betreiben und um den Namen "Wilhelm Hammann" zu kämpfen.
Wilhelm Hammann
Wilhelm Hammann (siehe Bilder) wurde 1897 im hessischen Kreis Groß-Gerau geboren. Aufgrund seiner aktiven Mitgliedschaft in der KPD wurde er 1935 von den Nationalsozialisten verhaftet und 1938 ins Konzentrationslager Buchenwald "verbracht". Während seiner mehr als 10-jährigen Haft half er mit, 904 Kindern das Leben zu retten. Darunter waren 159 jüdische Kinder. Wilhelm Hammann, der 1955 tödlich verunglückte, wurde 1984 als einem von drei Deutschen von israelischer Seite der Status eines "Gerechten unter den Völkern" zuerkannt.
Vorbereitung auf die Namensverleihung - Spurensuche
In Vorbereitung auf die Namensverleihung begannen die Klassen der Regelschule 2, sich mit dem Schicksal des einstigen Lehrers und ersten Nachkriegslandrates in Hessen zu beschäftigen. Sie stellten ein eindrucksvolles Gedenkprogramm über sein Leben zusammen und trugen dies im Rahmen des Festaktes zur Namensverleihung am 7. November 1993 vor. Angespornt durch diesen gelungenen Auftakt, waren Schüler und Lehrer motiviert genug, um das Schulprojekt "Wilhelm Hammann" auch weiterhin mit Leben zu füllen. Während sich die "Spurensucher" zunächst hauptsächlich dem Leben und Wirken Wilhelm Hammanns gewidmet hatten, galt ihr weiteres Interesse dem Schicksal der Kinder aus Block 8 des Konzentrationslagers Buchenwald.
Die Gedenkstätte Yad Vashem schickte die Adressen von drei ehemaligen Kindern des Lagers. Die Schülerinnen und Schüler schrieben mehrere Briefe, die lange Zeit unbeantwortet blieben. Um so erfreuter waren sie, als Zoltan Blau, der heute in New York lebt, in der Schule anrief und Gesprächsbereitschaft signalisierte. Als er 1995 anlässlich der Gedenkfeierlichkeiten zur Selbstbefreiung des Lagers am 11. April 1945 erstmals nach Buchenwald zurückkehrte, konnten wir mit ihm und seiner Familie persönlich in Kontakt treten.
Fortführung des Projekts
Die Fortführung des Schulprojekts sieht vor, dass sich jeweils die Schüler der 9. Klassen innerhalb einer Projektwoche auf Spurensuche begeben, um so ein Stück Geschichte aufzuarbeiten und an konkreten Einzelschicksalen zu erfahren, wie man in einer grausamen Welt menschlich bleiben kann.
Diese Projektwoche bildet einen Vorlauf zum Lehrplan Geschichte der Klasse 9, da die Zeit des Nationalsozialismus erst in der zweiten Hälfte dieser Klassenstufe behandelt wird. Im späteren Unterrichtsverlauf kann der Fachlehrer auf die neuen Projektergebnisse (siehe Bilder) zurückgreifen und weiterreichende historische Informationen vermitteln. Von großem Vorteil erweist sich die Möglichkeit der Arbeit vor Ort in der Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald. Die Authentizität des aufzuarbeitenden Materials an Originalschauplätzen ist von großem Wert. Auch läßt sich feststellen, dass sich die emotionale Anteilnahme förderlich auf die Arbeitsergebnisse auswirkt.
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- 13 Mai 2010 - 11:01