Nach den europäischen Juden waren die sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg die zweitgrößte Gruppe von Opfern des Nationalsozialismus. Fast sechs Millionen sowjetische Militärangehörige wurden gefangen genommen, die Mehrheit von ihnen schon in den ersten Monaten nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Weniger als die Hälfte überlebte. Unzählige wurden am Straßenrand erschossen, verhungerten, erfroren oder starben an Seuchen, den Bedingungen von Zwangsarbeit und Misshandlungen in den Konzentrationslagern. Sie wurden in Massengräbern verscharrt oder verschwanden spurlos. Die genaue Zahl der Opfer lässt sich nicht mehr feststellen.
Der 1991 in Berlin gegründete Verein KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V. entwickelte in den 1990er Jahren mit dem Aufruf zur Soforthilfe eine Solidaritätsaktion in der Ukraine. Reisegruppen übergaben Spendenbeiträge persönlich an Bedürftige, die als so genannte „Ostarbeiter“ zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert worden waren. Danach setzte der Verein den Schwerpunkt auf die Solidarität mit ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen. Schließlich wurde in Abstimmung mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ ein Bürger-Engagement ins Leben gerufen, das möglichst viele jener NS-Geschädigten zu erreichen versucht, die keine Mittel aus den Fonds von Staat und Wirtschaft erhielten. Dazu zählen neben den ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen jüdische Verfolgte, die im Versteck überlebt hatten.
Da viele ehemalige „Ostarbeiter“ keine Entschädigung seitens der Bundesrepublik erhielten, rief KONTAKTE-KOHTAKTbI zum Bürgerengagement für vergessenen NS-Opfer auf. Mit Hilfe von privaten Spenden sollten Betroffene finanziell unterstützt werden können. Auf die Ermunterung, dem Verein ihre Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit zu schicken, reagierten viele Menschen und schrieben ausführliche Berichte über die Zeit des Krieges, ihrer Gefangenschaft und der Nachkriegszeit. Diese Berichte werden vom Verein gesammelt, archiviert und erscheinen als sogenannte Freitagsbriefe seit 2006 auf der Webseite.
Anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung im Mai 2005 lud der Verein KONTAKTE-KOHTAKTbI zwölf ehemalige sowjetische Kriegsgefangene aus Armenien, Belarus, Russland und aus der Ukraine nach Berlin ein. Aus den Gesprächen mit ihnen während ihres Berlinbesuchs haben der Regisseur Zoran Solomun und sein Kameramann Dusan Solomun einen 45-minütigen eindrucksvollen Dokumentarfilm mit dem Titel "Wie schwer sich daran zu erinnern" gemacht. Der Film kann als DVD für die Bildungsarbeit für 10 Euro vom Verein angefordert werden.
Kontakt
KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V.
Verein für Kontakte zu Ländern der ehemaligen Sowjetunion
Feurigstr. 68
10827 Berlin
E-mail: info [at] Kontakte-kontakty [dot] de
http://www.kontakte-kontakty.de
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- 8 Jun 2011 - 14:36