Die Veröffentlichung ist die erste Gesamtdarstellung des Berliner Widerstandes von 1933 bis 1945 aus der Tradition der Arbeiterbewegung. Das Buch von Hans-Rainer Sandvoß über den Arbeiterwiderstand in Berlin schließt eine wichtige Forschungslücke. Eine Gesamtschau auf ganz Berlin fehlte bislang. Im Ost- und Westteil der Stadt existierten dagegen eine Fülle von Legenden und auch Verfälschungen.
Noch in jüngster Zeit konnte man in Darstellungen die Behauptung finden, es habe in Berlin gar keinen nennenswerten Widerstand aus der Arbeiterschaft gegeben Im Ostteil Berlins wurde der Widerstand gegen das Hitlerregime aus den Traditionen der Arbeiterbewegung fast ausschließlich der KPD zugeschrieben, in Westberlin schenkte man ihm lange Zeit kaum Beachtung. Erst nach dem Fall der Mauer 1989 setzte sich ein weniger vorurteilsbelasteter und umfassenderer Blick auf diesen wichtigen Teil der deutschen Geschichte durch.
Die nun vorliegende materialreiche Arbeit zur besonderen Situation in Berlin spart keinen Aspekt des Arbeiterwiderstands aus und kann schon jetzt als Standardwerk gelten. Der Kampf der Anhänger der verbotenen Sozialdemokratie wird ebenso gründlich und umfassend gewürdigt wie jener aus den Reihen der KPD oder verschiedener kleiner linkssozialistischer Organisationen, darunter die Anarchosyndikalisten.
Quer zur Sicht auf Parteien und Arbeitersportgruppen erörtert ein abschließendes Kapitel "Widerspruch und Opposition auf betrieblicher Ebene". Die Untersuchung, die sich auf Hunderte von Prozessen, Lebenserinnerungen, Erlebnisberichten und Interviews stützt, geht der Frage nach, ob es dem Nationalsozialismus tatsächlich - wie häufig behauptet - gelungen war, das einstmals "rote Berlin" der Weimarer Republik restlos auszulöschen und völlig zum Verstummen zu bringen. Tatsächlich fand der Autor zahlreiche Spuren dafür, dass im politischen Untergrund seit 1933 immer wieder Kräfte aus der Arbeiterschaft wirkten, die eine "andere" Reichshauptstadt repräsentierten.
Auch wenn die Mehrheit der Arbeiter nicht aktiv Widerstand leistete und dieser Widerstand keine Erfolggeschichte war, weil er das NS-System nicht wirksam bekämpfen konnte, so ist es ebenso falsch, von einer durchgängigen "Korrumpierung" der Berliner Arbeiter durch die NS-Bewegung unter den Bedingungen der Diktatur zu sprechen. Eine beeindruckende Zahl der Berliner Arbeiterschaft blieb resistent gegenüber der NS-Ideologie und eine Minderheit übte auch auf vielfältige Weise aktiv Widerstand.
Der Autor, Dr. Hans-Rainer Sandvoß, ist als profunder Kenner der Geschichte des Berliner Widerstands ausgewiesen und arbeitet seit Jahren an der Gedenkstätte Deutscher Widerstand als stellvertretender Leiter der Gedenkstätte.
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- 26 Nov 2009 - 00:39