„Why so serious?!“ Digitale Spiele als erinnerungskulturelle Medien auf der Suche nach geeigneter Methodik
Dr. Nico Nolden arbeitet als Historiker für Public History zu Geschichte und Erinnerungskultur bei interaktiven digitalen Medienformen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt für ihn auf Digitalen Spielen. Seine Dissertation von 2020 untersuchte „Geschichte und Erinnerung in digitalen Spielen“ als „Erinnerungskulturelle Wissenssysteme“. Selbstständig ist er als Berater, mit Workshops und Vorträgen für Museen und Gedenkstätten, in der schulischen sowie historisch-politischen Erwachsenenbildung und für Games Studios tätig (www.niconolden.de). Noch bis Ende 2024 leitet er am Sozialpädagogischen Fortbildungszentrum in Hamburg ein Projekt, das Fortbildungen für Fach- und Führungskräfte in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zu Digitalisierung und Medienkompetenzen entwickelt.
von Nico Nolden
Ein Skandal, der keiner mehr ist – Digitale Spiele als „Serious Games“
„Fortnite“ (2017) bekommt ein Holocaust-Museum. Verbreitet hat sich das cartoonig-bunte Phänomen „Fortnite“ zunächst als weltweites Multiplayer-Spiel, mit dem sich Millionen von Spielenden täglich unterhalten. Allein oder in Teams, aus einem fliegenden Bus über einer Fantasy-Insel abgesprungen, schießen sich bei diesem „Battle-Royale“-Shooter Spielende so lange ab, bis nur der oder die letzte Überlebende noch steht. Insofern ist es bemerkenswert, dass moralische Entrüstung darüber weitgehend verstummt ist, wenn selbst ein solches Digitales Spiel schwierige historische Themen wie den Holocaust aufgreift (Pfister 2021). Historiker Felix Zimmermann begrüßt das Experiment mit „Fortnite“ grundsätzlich (Kompressor 2023): Schließlich sei „Fortnite“ längst mehr nur ein Spiel, sondern wachse zu einer Begegnungsplattform heran, auch für Events wie Konzerte. Ironischerweise bezeugt die Inszenierung des Holocaust-Museums in der „Fornite“-Welt aber eine überholte Vorstellung von Museen (VotF 2023): Texttafeln, Bilder und Videos entlang eines Rundgangs, stark konzentriert auf Biografien, wirken gerade für eine Spielumgebung wenig interaktiv und im Kontrast als Museum methodisch umso rückschrittlicher. Obendrein gelangen nur Spielende in dieses digitale Museum, die es sich gezielt als Modifikation herunterladen. Beschränkt wurden zudem soziale Interaktionen unter Spielenden wie Emotes und Gesten, aus Furcht, Spielende könnten sie unpassend, störend und provokativ missbrauchen.
Nicht im Hauptspiel „Fortnite“ enthalten, interaktiv beschränkt und methodisch für Spiel und Museum rückschrittlich, reduziert sich die Reichweite für das historische Thema unter den Spielenden deutlich. Zudem entzieht die statische Gestaltung des Museums dem bewusst gewählten Medium des Spiels wesentliche seiner Grundeigenschaften. Vor diesem Hintergrund überblickt dieser Beitrag zunächst die medialen Muster, nach denen kommerzielle Digitale Spiele den NS-Kontext aufgreifen, und kontrastiert diese Muster dann mit dem Umgang von „Serious Games“ zu diesem Thema. Auf diese Weise zeigt er Wege auf, wie sich Eigenschaften Digitaler Spiele nutzen lassen, um ihre methodische Kraft als Beiträge zu einer historischen Erinnerungskultur gezielter einsetzen zu können. Anhand von Beispielen werden im Folgenden drei zentrale Aspekte beschrieben: dynamische Systeme, das eigenständige Handeln der Spielenden darin und Formen der Interaktivität.
Nicht bloß unterhaltend – Was kommerzielle Spiele zur Erinnerungskultur beitragen
Vermehrt trauen sich kommerzielle Spiele an schwierige historische Stoffe wie etwa den Holocaust (Widmann 2021). In einem Epilog führt der Weltkriegs-Shooter „Call of Duty WWII“ (2021) aus Sicht von US-Soldaten durch ein NS-Kriegsgefangenenlager. Zwar ist die Situation bedrohlich und offenbart Gräueltaten, aber das Spiel entzieht den Spielenden in auffälliger Weise jede Handlungsmacht: In der Rolle der Befreier können Spielende schlendern und sich umsehen, obwohl ansonsten hektische Gefechte die Spielmechanik dominieren. Spiele aber sind ihrem Grundwesen nach Möglichkeitenräume für spielerisches Handeln. In „Wolfenstein: The New Order“ (2014) geraten Spielende in einer alternativhistorischen Welt der sechziger Jahre zunächst nur als passive Zeugen in die NS-Mordmaschinerie: Als Gefangene transportiert sie ein Güterzug in ein Vernichtungslager, sie gewinnen im Zuge eines Aufstandes aber Möglichkeiten des Handelns zurück. Methodisch weckt wiederum die brachiale Spielmechanik dieses Shooters den fälschlichen Eindruck, dass Menschen in realen, historischen KZs irgendeine Handlungsmacht besessen hätten, um etwas an ihrer Lage zu ändern.
Für die entstehenden Geschichtsbilder in der Mikroepoche der beiden Weltkriege (Nolden 2020: 131–51, 182–189) ist also nicht allein entscheidend, was die Spiele in welcher Weise zeigen, sondern auch, welche Lücken sie lassen. In der Spielform der Weltkriegsstrategie konzentriert sich etwa „Steel Division 2“ (2019) auf die Schlachtfelder der Ostfront. So akribisch es Taktiken und Gerät darstellt, bleiben jedoch viele Kontexte unsichtbar: die Rolle der Volkssturm-Einheiten, die Folgen der Doktrin „Verbrannte Erde“ oder Deportationen ganzer Bevölkerungsgruppen (Nolden 2022a). Sowohl das Gezeigte als auch die Auslassungen tragen zum Geschichtsbild der Spielenden und damit zur Erinnerungskultur bei.
Mittlerweile begreifen sich einige Spielentwickler:innen dementsprechend auch als erinnerungskulturelle Akteure. Sie formulieren explizit den Anspruch, ihre Spiele sollen erinnerungskulturelle Haltungen vermitteln: Die Lebenssimulation eines Kindes in „My Child Lebensborn“ (2018) etwa fordert Spielende durch die alleinerziehende Rolle kurz nach Kriegsende und erfordert zugleich eine aktive Stellungnahme zum Nationalsozialismus. Das betreute Kind leidet unter gesellschaftlicher Ablehnung aufgrund seiner Herkunft. Es ahnt nichts davon, dass es aus dem NS-Programm „Lebensborn“ stammt, ein Programm, in dem gemäß der nationalsozialistischen Ideologie die Geburtenrate „reiner Arier“ erhöht werden sollte. Die Spielenden müssen als Adoptiveltern behutsam seine Fragen beantworten, um es nicht zu überfordern.
In eine Nachkriegsperspektive versetzen auch die Entwickler:innen von „Attentat 1942“ (2017): Als heutige Nachfahren der Kriegsgeneration versuchen Spielende deren Schweigen zu durchbrechen, und zu erfahren, was ihnen im Widerstand nach dem Attentat auf „Reichsprotektor“ Reinhard Heydrich in Prag widerfuhr. Die Spielenden befragen gefilmte Zeitzeug:innen in interaktiven Gesprächen. Methodisch damit verknüpft sind Minispiele, etwa um Beweise in einer Wohnung zu verstecken. Dabei prägen die jeweiligen Erinnerungsdiskurse der Herkunftsländer, welche Themen und welche Perspektiven darauf ihre Entwickler:innen wählen: Die Taktik-Strategie in „Warsaw“ (2019) trägt die Haltung eines polnisch-nationalen Gedenkens an den Aufstand 1944. Der rundenbasierte Kampf betont die heroische Auflehnung der Polen gegen übermächtige deutsche Unterdrücker. Als nationale Erfahrung gerahmt, geraten aber jüdische oder homosexuelle Verfolgte unter den Kämpfern in den Hintergrund – oder Opfer, die nicht kämpfen konnten. In einer anderen Tonalität überschattet der deutsche Überfall auf Polen im Action-Abenteuer „My Memory of Us“ (2018) eine kindliche Freundschaft. Die polnischen Entwickler stellen durch viele Kniffe die Besatzungsgräuel durch die Wehrmacht auf einer eher abstrakten Ebene dar, und machen so das Leid durch Willkür, Deportation und Holocaust erstmals für Kinder als Spielende verdaulich. Ungewöhnlich deutlich verschweigt das Spiel nicht den Antisemitismus auch aus der polnischen Bevölkerung.
Es ist doch alles schon so ernst – was „Serious Games“ zur Erinnerungskultur beitragen
Obige Beispiele zeigen, wie kommerzielle Spiele bereits zur Erinnerungskultur beitragen, insbesondere wenn sich ihre Entwickler:innen bewusst mit einer eigenen Haltung einbringen. Gedenkstätten, Museen und andere Institutionen haben erkannt, wie Digitale Spiele das eigene Aufgabenspektrum unterstützen können (Zimmermann 2023): Beispielsweise können auf der Webseite der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte die Spielenden Friedrich Ebert auf dem Weg durch die erste deutsche Demokratie begleiten (Ebert 2023). In den Kontext der Ausstellung „Roads not Taken“ des Deutschen Historischen Museums eingebettet, verweben Besucher:innen in „Herbst 89 – Auf den Straßen von Leipzig“ die Erfahrungen von Personen bei den Massenprotesten des Herbst 1989 (DHM 2023).
Besonders viele „Serious Games“ entstehen zu Facetten der NS-Terrorherrschaft: Die Gedenkstätte Wehnen schuf das Spiel „Spuren auf Papier“ zum Thema der Krankenmorde, basierend auf Schicksalen von Opfern entlang von Patientenakten (Wehnen 2021). Das NS-Dokumentationszentrum München macht durch „Forced Abroad“ auf Erlebnisse eines holländischen Zwangsarbeiters aufmerksam (NSDZ 2022). „Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm“ entsteht in einer breiten Kollaboration der Hamburger Gedenkstätte Bullenhuser Damm. Schüler:innen stoßen hier auf Spuren der von den Nazis ermordeten Kinder in ihrem Schulgebäude. Ihre Entdeckungen verändern die Spielumgebung in ihrer Gegenwart der siebziger Jahre (Landecker 2023). So erweist sich insbesondere die spätere Wirkung in der Zeitgeschichte als zentrales Spielelement.
Alle diese Spiele unterscheiden sich in ein paar gemeinsamen Aspekte von kommerziellen Spielen: „Serious Games“ begrenzen spielerisches Handeln im Interesse einer zentralen Aussage. Dabei verlassen sie sich auf narrative Formen. Dadurch nutzen sie dynamische spielmechanische Systeme wie das mögliche Spektrum an Spielmechaniken oder interaktiv reagierenden Rechenmodellen noch kaum als Transportmittel für historische Informationen. Ihre Form erleichtert die Zugänglichkeit für nicht Game-affine Entscheider:innen in Museen, Stiftungen und Gedenkstätten. Allerdings setzen sie als Marketing-Etikette dadurch Standards. Sie verfestigen auf diese Weise Traditionen von Geschichtswissenschaft, Didaktik und musealen Institutionen aus dem 20. Jahrhundert, und nutzen weniger die genuinen Eigenschaften Digitaler Spiele. Während kommerzielle Spiele häufig mit komplexen Mechaniken und Spiellänge überfordern, transportieren „Serious Games“ konzentrierte Aussagen in kurzer Zeit. So bieten sie sich für begrenzte schulische Lerneinheiten an. Als Teilangebote einer Ausstellung, zu einem Webauftritt oder als Smartphone-App, um Besuche von Gedenkstätten oder Museen anzuregen, schaffen sie durch intuitives Erlernen eingängiger Mechaniken interaktive Zugänge zu historischen Themen – und zwar nicht nur für Kinder und Jugendliche.
Schattenseiten – „Serious Games“ und ihr Nimbus
Leider lassen sich Schwächen an der Zuschreibung „Serious Game“ nicht verhehlen. Beispielsweise kündigte das Projekt „Vergangene Zukunft“ eine umfangreiche Vision an: Es sollte ursprünglich Wendepunkte deutscher Geschichte als Spiel umsetzen, und zwar methodisch bewusst im gesamten Spektrum aus Spielmechanik, Narration und Entscheidungsfreiheit (Museum4punkt0 2021). Das genannte Ergebnis „Herbst 1989“bleibt aber hinter diesen Ambitionen zurück. Denn die unterschiedlichen Pfade der Personen im Spiel überschneiden sich nur mäßig interaktiv. Ihre Perspektiven unterscheiden sich nicht grundlegend in der Bewertung der Straßenproteste. Systemtreue Stimmen treten in den Hintergrund, dominant ist die Sicht der Protestierenden aus der Masse von unten. Die Proteste sollen zudem friedlich bleiben, was den Aktionsmöglichkeiten im Spiel enge Leitplanken setzt. Dabei hätten gerade die Konsequenzen, die aus diametralen Handlungen resultieren, den Spielenden spannende Denkräume eröffnet.
Einige „Serious Games“ befinden sich zudem in einer Grauzone; in diesem Bereich ist es keineswegs trivial, diese klar von kommerziellen Digitalen Spielen abzugrenzen. In seiner Form und seinem Anspruch nach könnte „Torn Away“(2023) als „Serious Game“ gelten, auch wenn hinter dem Spiel keine Institution für fachlich aufbereitete Inhalte bürgt. Anhand der Tagebücher von Kindern zeigt es die Flucht eines verschleppten Mädchens aus der Zwangsarbeit zurück nach Osteuropa. Finanziert von der Stiftung EVZ und dem Auswärtigen Amt, entstand andererseits „Train to Sachsenhausen“bei dem erfahrenen Studio Charles Games in Prag (Charles Games 2022). Es thematisiert die tschechischen Studentenproteste 1939 gegen die deutschen Besatzer. Befremdlich für ein „Serious Game“ distanzieren sich beide Institutionen auf der zugehörigen Webseite von den dargestellten Inhalten. Nicht nur wegen dieser Grauzonen liegt eine Gefahr darin, naiv auf ein vermeintliches Gütesiegel zu vertrauen, nur weil Akteure ihre Spiele als „Serious Games“ bezeichnen. Ein selbst ernanntes „Serious Game“ zu deutschen Vertriebenen namens „Gezeichnet – Unsere Flucht 1945“wurde in Sachsen sogar prämiert, stieß überregional aber auf heftigen Widerstand. Ihm fehlte so viel Kontext zur NS-Herrschaft und zum Zweiten Weltkrieg, dass es letztlich revisionistisch wirkt (Dietrich 2023). Die Intentionen der Akteure sind also stets zu hinterfragen, denn ihre institutionellen und individuellen Haltungen prägen Blickwinkel mit. Unterschiedliche Blickwinkel sind häufig für sich allein verkürzend, sie können sich aber auch komplementär ergänzen, wie zwei Projekte über die schwierigen Ermittlungen gegen NS-Verbrechen in der Nachkriegszeit zeigen. Das Berliner Studio Paintbucket konzentriert sich bei „The Darkest Files“ (2023) auf die Ermittlungen des Teams von Fritz Bauer, dem Generalstaatsanwalt in Hessen in den 1950er und 1960er Jahren. Das Spiel fokussiert neben Fällen und Tätern auch auf den Anstoß zum Aufarbeiten der Verbrechen. Das polnische Pilecki-Institut dagegen siedelt sein „Serious Game“ „Die Schattenjäger“ zwar in einem vergleichbaren Szenario an (Pilecki 2021), es stellt allerdings weniger Ermittlungen und Aufarbeitung in den Fokus. Vielmehr mahnt es am Falle eines nie bestraften Täters an, wie die westdeutsche Gesellschaft NS-Verbrechen deckte.
Leitplanken für mehr spielerische Komponenten in der Erinnerungskultur
Dieser Beitrag zeigte das Spektrum, in dem kommerzielle Spiele im Kontext des Nationalsozialismus erinnerungskulturell wirken und welche Eigenschaften sie dabei prägen. Dem stellte er die Muster gegenüber, nach denen „Serious Games“ mit Geschichte umgehen. So zeigte sich, wie entstandene Standards ihre Nutzung als Medium stark einschränken. Dass Schwierigkeiten mit dem vermeintlichen Gütesiegel eines „Serious Games“ einhergehen, zeigen die oft nicht eindeutigen Intentionen, das Zusammenspiel verschiedener Blickwinkel und das Fehlen eindeutiger Unterscheidungskriterien. Sollen „Serious Games“ also ihre spezifischen Eigenschaften spielerisch attraktiv für die Erinnerungskultur entfalten, müssen Auftraggeber:innen die spielmechanische Vielfalt methodisch besser nutzen.
Ein Beitrag des WDR zum eingangs erwähnten Holocaust-Museum in „Fortnite“lobte, dass es nicht geprägt sei von „interaktiven Spielereien, sondern Informationen – wie in einem Museum üblich“ (Schieb 2023). Es ist jedoch ein Scheingegensatz, der die Ernsthaftigkeit eines erinnerungskulturellen Engagements gegen die Qualitäten des spielerischen Handelns ausspielt. Digitale Spiele sind finanziell und konzeptionell aufwändig. Umso wichtiger ist es für die historisch-politische Bildung deshalb, ihre oben geschilderten medialen Grundeigenschaften gezielt für solche erinnerungskulturellen Inhalte und Botschaften einzusetzen, für die sich ein Spiel besser eignet als etwa eine Webseite, ein Podcast oder eine Broschüre. Die obigen Beispiele verdeutlichten, dass Digitale Spiele vor allem interaktives selbstwirksames Handeln in einer entdeckbaren Spielwelt fördern. Ideal sind sie daher, um dynamische historische Prozesse spielmechanisch umzusetzen, in denen Spielende Alternativen erfahren, die aus Konsequenzen ihrer Entscheidungen resultieren.
Geschichtswissenschaftliche Forschungen zu Digitalen Spielen nähern sich diesem Verständnis der medialen Eigenschaften und dem Nutzen für erinnerungskulturelle Zwecke an. Die Funktion Digitaler Spiele speziell als „erinnerungskulturelle Prothetik“ beschrieb jüngst Tabea Widmann (Widmann 2023): Demnach sind sie Stützen für die Erinnerungskultur, etwa um Zeitzeugenschaft zum Holocaust in einer interaktiven Form wie in Gesprächen zu bewahren. „Vergangenheitsatmosphären“, so lässt sich mit Felix Zimmermann ergänzen, schaffen ästhetische Zugänge zu räumlichen, interaktiven Inszenierungen historischer Erfahrungen (Zimmermann 2023). Sein Konzept lässt sich an Vorarbeiten zur Wahrnehmung anderer räumlicher Atmosphären von Geschichte wie in Museen oder IMAX-Kinos anschließen (Griffiths 2013). Meine eigene Dissertation analysierte die Komponenten des historischen Angebots in Spielen, die ein dynamisches „Wissenssystem“ für die Spielenden hervorrufen (Nolden 2020). Auf dieser Basis gelang der Nachweis, dass sich differenzierte erinnerungskulturelle Diskurse in Communities um Digitale Spiele entfalten und über lange Zeiträume halten. Würden diese gesammelten Erkenntnisse zugrunde gelegt, ließen sich Digitale Spiele deutlich gezielter für die Erinnerungskultur nutzen – ob man sie nun „Serious Games“ nennt oder nicht.
Literatur
Dietrich, Martin: Streit um prämiertes Videospiel über Vertreibung im 2. Weltkrieg, in: MDR Sachsen 4.6.2023, URL: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/serious-game-gezeichnet-flucht-vertreibung-heimat-eklat-foerderung-weltkrieg-100.html[4.10.2023].
Griffiths, Alison: Shivers Down Your Spine. Cinema, Museums and the Immersive View, New York 2013.
Kompressor Podcast: Fortnite bekommt ein Holocaust Museum. Interview mit Felix Zimmermann, in: Deutschlandfunk Kultur 10.8.2023, URL: https://www.deutschlandfunkkultur.de/fortnite-bekommt-ein-holocaust-museum-dlf-kultur-129c52ea-100.html[4.10.2023].
Nolden, Nico: Geschichte und Erinnerung in Computerspielen. Erinnerungskulturelle Wissenssysteme, Berlin 2020.
Nolden, Nico: Quickshot | Steel Division 2 002 | Divisionen, Modellbaulook und der Eindruck vom sauberen Krieg, in: Kanal Nolden via Youtube 12.3.2022, URL: https://youtu.be/ZFrlQT25GbE [4.10.2023].
Museum4punkt0: „Vergangene Zukunft“ digital. Pilotprojekt zum Potenzial digitaler Spiele, 6.4.2021, URL: https://www.museum4punkt0.de/vergangene-zukunft-digital-pilotprojekt-zum-potenzial-digitaler-spiele/ [4.10.2023].
Pfister, Eugen: Spiel ohne Juden. Zur Darstellung des Holocaust in Digitalen Spielen, in: Stumpf, Markus/Petschar, Hans/Rathkolb, Oliver (Hrsg.): Nationalsozialismus digital. Die Verantwortung von Bibliotheken, Archiven und Museen sowie Forschungseinrichtungen und Medien im Umgang mit der NS-Zeit im Netz, Wien 2021, S. 157–176.
Schieb, Jörg: Entwickler baut „Holocaust Museum“ in Fortnite, in: WDR Nachrichten 3.8.2023, URL: https://www1.wdr.de/nachrichten/fortnite-holocaust-museum-100.html [4.10.2023].
Widmann, Tabea: Spielerisches Erinnern an den Holocaust?, in: Stiftung Digitale Spielekultur 4.5.2021, URL: https://www.stiftung-digitale-spielekultur.de/spielerisches-erinnern-an-den-holocaust-tabea-widmann/ [4.10.2023].
Widmann, Tabea: The Game is the Memory. Prosthetic Witnessing in digitalen Spielen als Erinnerungsmedium um den Holocaust (Formen der Erinnerung, Bd. 76), Göttingen 2023.
Zimmermann, Felix: Vergangenheitsatmosphären als Herausforderung für KZ-Gedenkstätten und digitale Spiele, in: Groschek, Iris/Knoch, Habbo (Hrsg.): Digital Memory. Neue Perspektiven für die Erinnerungsarbeit (=Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung 4/2023), Göttingen 2023, S. 61–78.
Digitale Spiele
Charles Games (2022). Train to Sachsenhausen. Ein Spiel über Studentenproteste gegen die deutsche Besatzung 1939, https://traintosachsenhausen.com/de/
DHM (2023). Herbst 89 – Auf den Straßen von Leipzig. Gamestation. In: Deutsches Historisches Museum. Ausstellung „Roads not Taken. Oder: Es hätte auch anders kommen können“, https://www.dhm.de/ausstellungen/roads-not-taken-oder-es-haette-auch-anders-kommen-koennen/herbst-89-auf-den-strassen-von-leipzig/
Ebert (2023). Friedrich Ebert – Der Weg zur Demokratie, Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte Heidelberg, https://ebert-gedenkstaette.de/das-spiel/
Landecker (2023). Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm, Alfred Landecker Stiftung und Gedenkstätte Bullenhuser Damm der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, https://www.alfredlandecker.org/de/article/%C3%BCber-erinnern-die-kinder-vom-bullenhuser-damm
NSDZ (2022). Forced Abroad. Tage eines Zwangsarbeiters, NS Dokumentationszentrum München, https://departure-neuaubing.nsdoku.de/projekte/forced-abroad
Pilecki (2021). Die Schattenjäger, Pilecki Institut Berlin, https://berlin.instytutpileckiego.pl/de/program/educational-projects/gra-lowca-cieni
VotF (2023). Voices of the Forgotten Museum. Fortnite Holocaust Museum, Epic Games/Luc Bernard, www.fortnite.com/@v-o-t-f/1511-8598-6202
Wehnen (2021). Spuren auf Papier / Paper Traces, https://gedenkstaette-wehnen.de/spuren-auf-papier/
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- 20 Dez 2023 - 10:43