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Griechenland 1936 - 1941: Faschistische Diktatur und Krieg mit der Achse

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Beitrags-Autor: Ingolf Seidel

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Apl. Prof. Dr. Heinz A. Richter ist Historiker mit dem Schwerpunkt griechische Geschichte.  

Von Heinz A. Richter

Griechenland war in den Jahren 1923 bis 1936, als in dem Land die Diktatur von Metaxas begann, ähnlich instabil wie die Weimarer Republik. Die Regierungen wechselten ständig und das Militär putschte immer wieder. 1924 war Griechenland durch Parlamentsbeschluss eine Republik geworden. 1935 wurde König Georg II. durch ein massiv gefälschtes Plebiszit zurückgebracht. Im Januar 1936 fanden die für viele Jahre letzten nicht manipulierten Wahlen statt. Sie ergaben ein Patt zwischen den Konservativen und den Liberalen. Die Kommunistische Partei (KKE) wurde zum Zünglein an der Waage, zur Mehrheitsbeschafferpartei. Beide großen Parteien verhandelten mit ihr, doch als man kurz vor einer Lösung stand, putschte der Ex-General Ioannis Metaxas mit Zustimmung des Königs am 4. August 1936 und errichtete die Diktatur.

Mit dieser Zustimmung brach der König jenen Eid, den er auf die Verfassung geschworen hatte, eine Tatsache, die ihm die Griechen nie verziehen. Zugleich wurde er zum Ko-Diktator. Da die Streitkräfte ihm bedingungslos gehorchten, hätte er die Diktatur jederzeit beenden können, aber er fühlte sich in seiner Rolle als Ko-Diktator sehr wohl. Man könnte die griechische Diktatur auch als Duumvirat bezeichnen.

Die Kommunisten sprachen von Monarcho-Faschismus. In der einschlägigen deutschen Literatur, von links wie von rechts, wird der faschistische Charakter des Regimes vom 4. August 1936 bestritten, weil es keine faschistische Massenpartei gab, wie in Deutschland oder Italien, obwohl alle übrigen Ingredienzen des Faschismus vorhanden waren. Es wurde nicht begriffen, dass es in Griechenland eine völlig andere politische Kultur auf der Basis des Klientelismus gab. Der griechische Klientelismus ist ein Gesamtsystem, das den gesamten Staat und die Gesellschaft durchdringt und bis heute prägend ist. Griechische Parteien unterscheiden sich von westeuropäischen grundlegend. Es sind Klientelverbände, die durch rousfetia (Gefälligkeiten) zusammengehalten werden. In einem klientelistischen System wäre eine Massenpartei systemfremd gewesen. Metaxas erklärt das Fehlen selbst in seinem Tagebuch im Januar 1941 folgendermaßen: Er habe gar keine Partei gebraucht, weil das ganze Volk Partei gewesen sei. Das ist Faschismus in einem klientelistischen System, Klientelfaschismus.

Klientelfaschismus gab es damals in den meisten Balkanstaaten, die üblicherweise als Königsdiktaturen bezeichnet werden. Wie stark der Klientelismus die ehemals osmanischen Provinzen auf dem Balkan prägt, zeigte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg, als z.B. in Rumänien ein System errichtet wurde, das man als klientelkommunistisch bezeichnen muss.

Während Metaxas große Sympathien für Hitler und Mussolini hatte, setzte der König auf die traditionelle Schutzmacht Großbritannien. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, blieb Griechenland zunächst neutral. 

Mussolini verfolgte Hitlers Blitzkriegerfolge mit ständig größer werdendem Neid und trat kurz vor Hitlers Sieg über Frankreich in den Krieg ein. Aber die italienischen Truppen reüssierten weder in Frankreich noch in Nordafrika, und Mussolinis Frustrationsgefühle nahmen zu. Als er im Sommer 1940 erfuhr, dass Hitler Truppen nach Rumänien schicken würde, also in ein Gebiet, das er als in seiner Interessensphäre liegend betrachtete, beschloss er in einem Wutanfall, über Griechenland herzufallen. Hitler hatte nur ganz vage Informationen über Mussolinis Griechenlandpläne, sonst hätte er ihn sicher gestoppt, denn Hitler plante schon den Russlandfeldzug und wollte den Balkan ruhig halten. 

Mussolinis Überfall auf Griechenland begann am 28. Oktober 1940 von Albanien aus und blieb nach wenigen Tagen stecken. Der griechische Gegenangriff trieb die Italiener bis weit nach Albanien zurück, und es bestand die Gefahr, dass sie ins Meer geworfen  werden. In Panik bat Mussolini Hitler im Dezember 1940 um Hilfe. Da im Hochwinter eine militärische Intervention ausgeschlossen war, intervenierte Berlin diplomatisch. Man signalisierte Athen, dass, wenn die griechische Offensive gestoppt würde, man vermitteln werde und Griechenland könnte territoriale Gewinne erzielen. Metaxas glaubte Hitler und stoppte den griechischen Vorstoß. Als die italienische Front im Januar 1941 wieder stabil war, endeten die deutschen Vermittlungsangebote abrupt. Metaxas hatte seine Armee um einen Sieg gebracht.

Ende Januar 1941 starb Metaxas. Er hatte bis dahin die völlig inadäquate britische Hilfe (Eine australische und eine neuseeländische Infanteriedivision sowie eine englische Panzerbrigade) abgelehnt, weil er befürchtete, dass ihre Annahme nur einen deutschen Angriff provozieren würde. Es ging den Briten nicht um eine echte Hilfe, sondern um deren Eindruck auf den US-Kongress, der in dieser Zeit das Lend-Lease-Gesetz debattierte. Im Herbst 1940 musste Churchill US-Präsident Roosevelt mitteilen, dass binnen kurzer Zeit das Cash-and-Carry-Programm enden müsse, da England kein Geld mehr zur Verfügung habe. Roosevelt entwickelte daraufhin das Lend-Lease-Programm, das allerdings der Zustimmung des damals noch neutral eingestellten Kongresses bedurfte. Wäre während den Hearings im Kongress ein weiterer Staat, den die Briten 1939 garantiert hatten, von den Deutschen überrannt worden, ohne dass die Briten involviert gewesen wären, wäre die Verabschiedung des Lend-Lease-Gesetzes fraglich gewesen.

Churchill schickte Außenminister Eden nach Athen, um die Griechen zur Annahme der Hilfe zu nötigen. Um die angebotene Hilfe größer erscheinen zu lassen, wurden sogar Trosseinheiten zu kämpfenden Truppen erklärt. Der griechische Oberbefehlshaber Papagos erkannte dies und lehnte das Angebot ab. Auf Druck des Königs akzeptierte aber der griechische Premier die Hilfe, die weiterhin inadäquat war.

Es erhob sich die Frage, wo man Griechenland verteidigen sollte, in der sogenannten Metaxas-Linie gegenüber Bulgarien oder in der Gebirgsstellung vom Olymp nach Norden zur jugoslawischen Grenze. Papagos zögerte, seine Truppen in Makedonien nach Westen zu verlegen. Nur wenn Jugoslawien neutral bliebe, könne man die Metaxas-Linie verteidigen. Eden versprach, die Haltung der Jugoslawen zu erkunden und Papagos zu informieren. Erst wenn seine Antwort vorliege, würden die Truppen aus Makedonien zurückgezogen werden oder auch nicht. Eden vergaß, als er Belgrad besuchte, Papagos die Antwort der Jugoslawen zu schicken. Daher lagen die griechischen Truppen immer noch dort, als er nach einiger Zeit wieder in Athen auftauchte.  Da der deutsche Angriff unmittelbar bevorstand, lehnte Papagos nun den Rückzug ab.

Damit war klar, dass die wenigen griechischen Divisionen allein den deutschen Angriff auf die Metaxas-Linie abwehren würden. Die britischen Kräfte würden die Vermion-Olymp-Position verteidigen. Wie aussichtslos das ganze Unternehmen war, zeigt sich schon daran, dass der britische Stab schon Rückzugspläne entwarf, bevor die ersten Truppen in Griechenland gelandet waren.

Es gab aber einen weiteren Faktor, der das ganze Unternehmen noch riskanter machte. Die Briten veranlassten die jugoslawische Armee zu einem Putsch gegen die deutschfreundliche Regierung. Der erfolgreiche Putsch veranlasste Hitler,  auch noch Jugoslawien anzugreifen. Der Krieg mit Jugoslawien ermöglichte der Wehrmacht zwei Umgehungsoperationen über jugoslawisches Gebiet. Die erste umging die Metaxas-Linie und zwang die Griechen nach drei Tagen zu Kapitulationsverhandlungen. Die zweite Operation erfolgte bei Bitola und hebelte die britische Verteidigungsstellung aus. Zwar unternahm die Wehrmacht doch noch einen Angriff auf die Metaxas-Linie zu “Trainingszwecken“, der eigentlich sinnlos war. Der britisch-inspirierte Coup in Belgrad erleichterte die Eroberung Griechenlands durch die Wehrmacht.

Im April eroberte die Wehrmacht innerhalb von drei Wochen Griechenland (Operation Marita), um die Flankenbedrohung für den Russlandfeldzug, die Operation Barbarossa, zu beseitigen. Nach einer mehrwöchigen Pause folgte im Mai die Operation Merkur, die Eroberung Kretas in etwas mehr als einer Woche. Keine der beiden Operationen hatte irgendeinen Einfluss auf den Zeitplan von Barbarossa. Die in Griechenland bis heute verbreitete Behauptung, dass wegen des griechischen Widerstandes sich der Beginn des Angriffs um sechs Wochen verzögert habe, die dann beim Winterbeginn vor Moskau gefehlt hätten, weshalb Hitler den Krieg verloren habe, ist ein Mythos. Er wurde im Oktober 1941 vom englischen Außenminister Anthony Eden in einer Rede in die Welt gesetzt. Wer diesen Mythos jedoch öffentlich bezweifelt, wird in Griechenland  auch von offizieller Seite kritisiert.

Nach der Eroberung Griechenlands wurde das Land in Besatzungszonen aufgeteilt. Da Hitler keinerlei Interesse an Griechenland hatte und möglichst alle Truppen abziehen wollte, überließ er die Besetzung des Landes fast völlig den Italienern. Die Wehrmacht hielt das Gebiet um Saloniki und einen großen Teil Kretas sowie einige weitere strategisch wichtige Inseln und einen kleinen Teil Attikas besetzt. Bulgarien durfte Ostmakedonien und Westthrakien bis auf einen schmalen Streifen Landes entlang der türkischen Grenze besetzen, der in deutscher Hand blieb. Die Italiener zur Hauptbesatzungsmacht zu machen, erwies sich für die Deutschen als katastrophaler psychologischer Fehler, schließlich hatten die Griechen die Italiener in Albanien geschlagen. Dieser Fehlgriff musste geradezu Widerstand provozieren, der dann in der Tat wenige Monate später begann.

Die immer wieder zu lesende Behauptung, die deutschen Soldaten hätten bei der Besetzung Athens die Geschäfte geplündert, gehört in den Bereich der Legende. Allerdings machte die deutsche Industrie Beute an Bodenschätzen. Hitler schätzte Griechenland so sehr, dass er nach der Kapitulation den gefangenen Soldaten erlaubte, nach Hause zurückzukehren. Die Italiener wollten eigentlich größere Teile Griechenlands im Nordosten annektieren, was von der deutschen Seite verhindert wurde, indem man der Errichtung einer Besatzungsregierung unter General Tsolakoglou zustimmte.

In einem zweiten Beitrag behandelt der Autor die Jahre 1941- 1944.

 

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