Das (kirchliche) Zwangsarbeiterlager an der Berliner Hermannstraße
Geschichtlicher Abriss
Von 1942-1945 betrieb die (Berliner) Evangelische Kirche auf dem Friedhof an der im Stadtteil Neukölln gelegenen Hermannstraße 84-90 das so genannte „Friedhofslager“. Hier pferchte die Kirche über einhundert, meist aus der Ukraine stammende so genannte Ostarbeiter, ausschließlich Männer und männliche Jugendliche, zusammen und zwang sie zum Einsatz auf verschiedenen Friedhöfen in ganz Berlin. Einige der Zwangsarbeiter wurden wahrscheinlich auch in Pfarrhaushalten eingesetzt. Es dauerte viele Jahrzehnte bis die Evangelische Kirche in Deutschland im Jahr 2000 im Zuge der einsetzenden Debatte zur Entschädigung von NS-Zwangsarbeiter/innen mit der Beschäftigung und öffentlichen Thematisierung ihrer eigenen Verstrickung in das NS- Zwangsarbeitssystem begann. Laut der in diesem Zusammenhang getätigten Recherchen, war es das einzige Lager, das von der Kirche geplant, finanziert und betrieben wurde.
Der Erinnerungsort
Im Jahr 2002 ließ die Evangelische Kirche einen ersten Hinweis auf das Lager – einen Findlingsstein mit Inschriften und einer Drehsäule mit acht Informationstafeln – errichten. Seit dem 24. April 2010, dem 65. Jahrestag der Befreiung des Friedhofslagers durch die Rote Armee, informiert ein Ausstellungspavillon an die kirchlichen Verstrickungen und Profite mit und aus dem NS-System im Allgemeinen, das Zwangslager im Speziellen sowie – durchaus Prestige-bedacht – an die Anerkennung und Entschädigung durch die Kirche. Die Ausstellung beleuchtet mit der näheren biografischen Betrachtung der Lebens- und Leidenswege von zehn ehemaligen kirchlichen Zwangsarbeitern jedoch vor allem den Alltag im Lager selbst. Der Ausstellungspavillon bleibt im Winter geschlossen, womit die Tonbandinterviews sowie Filme nicht zugänglich sind. Jedoch sind die 14 Ausstellungstafeln auch online abrufbar. Unterhalten wird der Informations- und Bildungsort von der AG NS-Zwangsarbeit, in der sich die 42 am Zwangslager beteiligten und von diesem profitierenden Berliner Kirchengemeinden zusammengeschlossen haben. Die AG richtete auch eine kleine Präsenzbibliothek zum Thema ein. Auch Referent/innen können über die AG NS-Zwangsarbeit angefragt werden.
Zusätzlich geplant ist, am vor kurzem freigelegten historischen Ort der Lagerbaracken auf der dem Ausstellungspavillon gegenüberliegenden Straßenseite in den kommenden Jahren eine Gedenkstätte einzurichten.
Kontakt
AG NS-Zwangsarbeit – Gerlind Lachenichtc/o Evangelisches Landeskirchliches Archiv in Berlin
Bethaniendamm 29
10997 Berlin
Tel.: 030 - 22504513
http://www.ev-kirchenkreis-neukoelln.de/1036068
Mail: gerlind [dot] lachenicht [at] landeskirchenarchiv-berlin [dot] de (gerlind.lachenicht@landeskirchenarchiv-berlin.d)e
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- 12 Nov 2014 - 08:54