„Schwierige Jugendliche gibt es nicht…!" Historisch-politische Bildung in heterogenen Gruppen
In der von Andreas Mischok für die Bildungsvereinigung ARBEIT und LEBEN Niedersachsen herausgegebenen Handreichung werden vielfältige Praxisbeispiele aus der historisch-politischen Bildungsarbeit mit besonderen Zielgruppen vorgestellt.
Von Anne Lepper
Zweifelsohne stellt die pädagogische Arbeit mit bildungsbenachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen an Gedenkstätten eine besondere Herausforderung für Lehrer/innen und Multiplikator/innen dar. Dennoch eröffnen sich durch die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit sowohl im institutionellen als auch im nicht-institutionellen Rahmen auch für Gruppen mit besonderen Bedürfnissen vielfältige Chancen und Möglichkeiten. Die von Andreas Mischok für die Bildungsvereinigung ARBEIT und LEBEN Niedersachsen herausgegebene Handreichung „Schwierige Jugendliche gibt es nicht…! Historisch-politische Bildung für ALLE!“ eröffnet einen umfangreichen Einblick in verschiedene Projekte und Handlungskonzepte, die – abseits von Standardprogrammen – einen Zugang zum Thema Nationalsozialismus und Holocaust schaffen. Daneben bietet sie Denk- und Handlungsanstöße zum Umgang mit Vorurteilen und rechter Propaganda im Alltag.
Eine Praxishilfe aus der Praxis
Bei den Autor/innen des Bandes handelt es sich sowohl um Lehrer/innen und Pädagog/innen der außerschulischen Bildungsarbeit als auch um Mitarbeiter/innen von Gedenkstätten. Die verschiedenen Beiträge eröffnen somit einen multiperspektivischen Blick auf die pädagogische Arbeit an Gedenkstätten. Die vorgestellten Praxisbeispiele sollen zeigen, dass eine sinnvolle und intensive Auseinandersetzung mit der NS-Zeit unabhängig von sozialer, kultureller und nationaler Herkunft möglich und empfehlenswert ist. Dabei verzichten die Autor/innen jedoch auf Schönfärberei – Die Schwierigkeiten und Ängste, die in der Praxis entstehen können werden angesprochen und dienen in den einzelnen Beiträgen zur Reflektion über mögliche Interventionsformen. Besondere Bedeutung wird hierbei der Sensibilität der Pädagog/innen für die Bedürfnisse und Wünsche aber auch für eventuelle Blockaden und Widerstände der jeweiligen Zielgruppe zugeschrieben. Diese, als Pädagogik der Anerkennung beschriebene Form der Bildungsarbeit, setzt eine individuelle Orientierung an den Lernbedürfnissen und Kompetenzen der jeweiligen Zielgruppen voraus.
Projekte und Zielgruppen
Die in der Handreichung vorgestellten Projekte und Ansätze richten sich an verschiedene Zielgruppen, die in standardisierten Bildungsprogrammen und pädagogischen Angeboten vieler Gedenkstätten keinen Raum für ihre Bedürfnisse und Anforderungen finden. Es wird hierbei unterschieden zwischen Projekten, die innerhalb des Schulsystems angesiedelt sind und solchen, die für den außerschulischen Rahmen konzipiert wurden. Während sich einige Projekte an bildungsbenachteiligte Jugendliche oder Erwachsene mit Lernschwierigkeiten richten, wenden sich andere explizit an Jugendliche aus der rechten Szene. Einige der Projekte eignen sich außerdem für die Arbeit mit interkulturellen Lerngruppen. Die erfrischend unakademische Darstellungsform vieler Autor/innen unterstreicht die praxisorientierte Herangehensweise des Herausgebers. Der Band eignet sich daher hervorragend als Einblick, Anregung, Reflektions- und Diskussionsbasis für Praktiker/innen der historisch-politischen Bildungsarbeit.
Die Handreichung kann für 5 Euro auf der Homepage der Bildungsvereinigung ARBEIT und LEBEN Niedersachsen bestellt werden.
Literatur:
Andreas Mischok (Hrsg.): „Schwierige Jugendliche gibt es nicht…! Historisch-politische Bildung für ALLE“ Projekte zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus für besondere Zielgruppen. Konzepte für Demokratie und Toleranz Band 5. Bildungsvereinigung Arbeit und Leben Niedersachsen Ost gGmbH, Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt. Braunschweig, 2010. ISBN: 978-3-932082-38-2
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- 20 Jan 2016 - 11:29