Zwischen den Zeilen? Zeitungspresse als NS-Machtinstrument
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Von Judith Prokaskys
Im Herzen der Hauptstadt, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Politik, wuchs das Berliner Zeitungsviertel bis in die 1920er Jahre zu einem der weltweit wichtigsten Medienstandorte. Im Umfeld der Kreuzberger Kochstraße saßen die großen Zeitungsimperien Ullstein und Mosse, der Verlag des nationalkonservativen Alfred Hugenberg ebenso wie der kommunistische Medienkonzern unter Willi Münzenberg, unzählige Redaktionen und Nachrichtenbüros, Druckereien und grafische Betriebe. Auch die 1928 vom Berliner Gauleiter Joseph Goebbels gegründete Zeitung Der Angriff hatte hier seinen Sitz; zeitweise in der Wilhelmstraße 106, auf dem Gelände der heutigen „Topographie des Terrors“.
1934 verkündete Adolf Hitler: „Die Presse ist ein Erziehungsinstrument, um ein Siebzig-Millionen-Volk in eine einheitliche Weltanschauung zu bringen.“ Zu diesem Zeitpunkt hatten freiwillige „Selbstgleichschaltung“, Verfolgungen und Verbote, inhaltliche Kontrolle und wirtschaftliche Monopolisierung die Presse schon zu einem weitgehend willfährigen Instrument der NS-Politik gemacht. Doch der Anschein von Pressefreiheit und Meinungsvielfalt sollte gewahrt werden. Einstmals berühmte liberal-bürgerliche Flaggschiffe des Journalismus wie das Berliner Tageblatt durften weiter erscheinen, Hetz- und Kampfblätter wie Der Angriff oder Der Stürmer blieben die Ausnahme. Der Großteil der Zeitungen wirkte weniger durch ideologische Indoktrination, sondern mehr „zwischen den Zeilen“. Gerade in ihrer scheinbaren Harmlosigkeit – beispielsweise in den Sport- und Lokalnachrichten, im Feuilleton oder Fortsetzungsroman – erzeugten diese Zeitungen eine Fraglosigkeit, die kaum Raum für Brüche und Zweifel ließ.
Die Ausstellung zeigt unter anderem die Inszenierung der „Volksgemeinschaft“ durch die Medien, während Juden, andere Minderheiten und Andersdenkende immer massiver diskriminiert und verfolgt wurden. Und sie zeigt für die Jahre des Krieges, wie die Medien trotz immer deutlicherer militärischer Niederlagen vorgaben, dass der Sieg nach wie vor sicher wäre.
Welche Denk- und Handlungsspielräume blieben für kritische Journalisten/innen und Leser/innen, inwieweit war ein Schreiben und Lesen „zwischen den Zeilen“ in der nationalsozialistischen Diktatur möglich? Diesen Fragen geht die Ausstellung nach.
Eröffnung am 21. Mai 2013 um 20 Uhr
Geöffnet vom 22. Mai bis zum 20. Oktober 2013, täglich von 10 bis 20 Uhr
Zur Ausstellung gibt es ein Begleitprogramm.
Kontakt
Dokumentationszentrum Topographie des TerrorsPressestelle Kay-Uwe von Damaros
Niederkirchnerstraße 8
10963 Berlin
Telefon: +49 (0)30 254509-35
presse [at] topographie [dot] de
www.topographie.de
U-Bahn Potsdamer Platz, Kochstraße; S-Bahn Anhalter Bahnhof, Potsdamer Platz
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- 20 Feb 2013 - 11:47