Von Annemarie Hühne
Fragt man nach Romanen zum Ersten Weltkrieg, werden vor allem die Werke Ernest Hemingways „In einem anderen Land“ und Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ genannt. Neben diesen ausgesprochen bekannten Büchern, können sich die Romane des Leipzigers Bruno Vogel (1898-1987) einreihen. Er war, wie die beiden anderen Schriftsteller, ebenfalls Soldat im Ersten Weltkrieg und begann in den 1920er Jahren seine Erlebnisse in Romanform niederzuschreiben. Bruno Vogel war seit dem Ende des Krieges bekennender Pazifist. Sowohl in dem 1924 erschienenen Buch „Es lebe der Krieg!“ als auch im Werk „Ein Gulasch und andere Skizzen“ von 1928 zeigen sich seine antimilitärischen Einstellungen. Sein Roman „Alf“ von 1929 thematisiert zwar hauptsächlich die Homosexualität von zwei Männern, dennoch finden sich auch hier die Kriegserfahrungen Bruno Vogels wieder. Dieses Buch ist im September 2011 im Verlag Männerschwarm erneut erschienen.
Da die beiden pazifistischen Romane Bruno Vogels zum Ersten Weltkrieg derzeit nur in alten Auflagen vorhanden sind, stellen wir an dieser Stelle die 2012 erschienene Biografie des Schriftstellers vor. Der Autor Raimund Wolfert hat dieses Werk aus verschiedenen Briefwechseln Vogels zusammengetragen, da sich der literarische und private Nachlass Vogels in Privatbesitz befindet. Die Biografie ist chronologisch angelegt und beginnt mit frühen Prägungen im Elternhaus und den Erlebnissen während des Ersten Weltkrieges. Nach diesem ersten Abschnitt seines Lebens entstanden seine bekanntesten Romane, gleichzeitig musste Vogel 1925 einen Prozess gegen sein Buch „Es lebe der Krieg!“ durchstehen. Der Vorwurf lautete „Verbrechen(s) der Gotteslästerung und wegen Unsittlichkeit“ (S.36) und hatte eine Hausdurchsuchung des Verlegers zwecks der Beschlagnahmung der Buchbestände zur Folge. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt schon alle 5.000 Exemplare der ersten Auflage vergriffen. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe für Bruno Vogel, den Verleger und den Expedienten erfolgte im Januar 1926. Was das Urteil für Vogel bedeutete, vermutet Raimund Wolfert im vorliegenden Band: „Vermutlich verstärkte das Urteil in ihm das Gefühl der Fremdheit, das er in der Welt verspürte. Für die Opfer und Leiden, die er als Soldat im Ersten Weltkrieg auf sich genommen hatte, erfuhr er in der Weimarer Republik keine Anerkennung. Sein ohnehin fragiles Verhältnis zur deutschen Obrigkeit dürfte der Urteilsspruch nur noch mehr zerrüttet haben.“ (S.39) Die Beschreibungen des Prozesses geben auch einen kleinen Einblick in die Inhalte des beschlagnahmten Buches und regen zur Lektüre des pazifistischen Romans zum Ersten Weltkrieg an.
Im Weiteren berichtet die Biografie von Bruno Vogels politischer Arbeit und dem Kampf für eine rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von Homosexuellen. Bruno Vogel lebte Ende der 1920er Jahre in Berlin und stand auch mit Magnus Hirschfeld und seinen Mitarbeitenden des Instituts für Sexualwissenschaft in Verbindung. In dieser Zeit erscheint auch Vogels Roman „Alf“, der von der Liebe zweier junger Männer vor dem Ersten Weltkrieg erzählt. Die Geschichte ist fiktiv, aber gleichzeitig enthält der Roman autobiographische Elemente.
Im Folgenden werden die weiteren Stationen im Leben Bruno Vogels beschrieben. Er emigrierte zuerst nach Österreich, später über die Schweiz und Frankreich nach Norwegen und ging schließlich 1937 nach Südafrika. Seit den 1950er Jahren lebte Bruno Vogel in London, wo er 1987 verstarb.
„Nirgendwo daheim. Das bewegte Leben des Bruno Vogel“ ist eine Hintergrundlektüre zu seinen Romanen, die gleichzeitig die Beschreibung einer interessanten Persönlichkeit ist, die geprägt war durch den Ersten Weltkrieg und den Einsatz für Homosexuellenrechte, aber auch durch Emigration und Anfeindungen gegenüber seiner Schriften. Zudem befindet sich am Ende des vorliegenden Buches eine Werksbibliografie zu Bruno Vogel. Neben der hier vorgestellten Lektüre lassen sich vor allem die drei auch hier genannten Romane Bruno Vogels empfehlen, die einen pazifistischen Blick auf den Ersten Weltkrieg, aber auch die Gesellschaft der Zeit werfen.
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- 12 Dez 2012 - 08:14