André Marty wurde am 6. November 1886 in Perpignan geboren. In der jungen Sowjetunion galt er 1919 als Held, da er eine Meuterei auf einem französischen Kriegsschiff anzettelte, welches die sogenannten antibolschewistischen Weißen unterstützen sollte.
Marty organisierte bereits zu Anfang des Spanischen Bürgerkriegs französische kommunistische Freiwillige, um die Stadt Irun zu verteidigen. Mit 10.000 Freiwilligen war das französische Kontingent das größte innerhalb der Internationalen Brigaden. Aufgrund seiner Stellung als Instrukteur der Komintern bei den Internationalen Brigaden und später als deren oberster Politischer Kommissar erlangte er eine starke Position.
André Marty als Maschinist der
französischen Schwarzmeerflotte (1919)
Foto: Agence Meurisse, Quelle: Wikipedia
Gleichzeitig war Marty besessen von der Vorstellung, es gäbe in den Reihen der Internationalen Brigaden eine Verschwörung von sogenannten faschistisch-trotzkistischen Spionen und Zersetzern. Vor allem die POUM bezichtigte er der Spaltung und ließ deren Mitglieder verfolgen. So wurde Major Gaston Delasalle, Kommandant des La-Marseillaise-Batallions, von einem Kriegsgericht als Spion zum Tode verurteilt und erschossen. Marty schuf hierdurch ein Klima der Angst vor Verfolgung und Ermordung in den Internationalen Brigaden. Die Komintern ließ ihn 1937 ermahnen, sein Verhalten zu mäßigen. Ihm wurden viele Verbrechen und die Einflussnahme auf Kriegsgerichte zugeschrieben, von denen manche in den Bereich des Mythos gehören. Dennoch wurde Marty 1938 aus Spanien ausgewiesen, nachdem er sich unangekündigt von der Truppe an der Aragon-Front entfernt hatte. Er gelangte nach Moskau in das Büro der Komintern und wurde 1943 nach Algerien versetzt.
Marty gelangte 1952 unter einen inszenierten Spionageverdacht und wurde daraufhin als Zweiter Sekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs abgesetzt. Sein Einfluss schwand, obwohl er bis 1955 Abgeordneter der Kommunistischen Pertei blieb. Er starb am 23. November 1956 in Toulouse.
André Marty 1937 zur Situation des Spanischen Bürgerkrieges:
II. Die Gegenwärtigen Schwierigkeiten
„Trotz der Lehren aus der Erfahrung von zehn Kriegsmonaten ist die Lage Ende April und Mai schwierig, manchmal sogar kritisch geworden. Warum?
Vor allem, weil von Seiten des Kriegsministeriums zu wenig, manchmal überhaupt nichts getan wurde, um die Faktoren, die den Sieg gewährleisten sollen, zu schaffen, zu entwickeln und zu stärken. Hier einige Beispiele: Die große Schlacht am Jarama war für die Faschisten ein Misserfolg; sie konnten die Staße nach Valencia nicht abschneiden; ihre Offensive wurde nicht nur zum Stillstand gebracht, sie kostete sie auch die größten Verluste seit Beginn des Krieges. Dieser Misserfolg hätte aber für sie zum Verderben werden können, wenn frische republikanische Truppen vorhanden gewesen wären. Um zum Gegenangriff überzugehen; es waren keine Reserven da.
Guadalajara war für die spanischen und italienischen Faschisten eine sehr schwere Niederlage. Sie hätte eine Katastrophe für sie werden können, wenn die republikanischen Divisionen von frischen Divisionen hätten abgelöst werden können. Das war unmöglich; es waren keine Reserven da.
Das spanische Volk sieht die Notwenigkeit der Schaffung von Reserven ein. Diese werden jedoch nur mit äußerster Langsamkeit geschaffen. Warum? Einerseits, weil in ganzen Teilen des Landes, in Katalonien z.B., die Trotzkisten (die POUM einbegriffen), zahlreiche anarchistische Führer und Organisationen sich fünf Monate lang geweigert haben, das Dekret für die allgemeine Mobilmachung von fünf Jahrgängen durchzuführen; im Februar wurde es erneuert, und der Ministerpräsident und Kriegsminister Largo Caballero hat nichts getan, um seine Durchführung durchzusetzen. (...)
III. Der Putsch von Barcelona
Als Ende 1935, Anfang 1936 die große Kampagne für die Volksfront eingeleitet wurde, protestierten die Trotzkisten heftig und behaupteten, dass die Arbeiter in diesem Block die revolutionäre Perspektive verlieren würden und der Führung der Bourgeoisie unterworfen wären. Selbst in dem Augenblick, da alle demokratischen und fortschrittlichen Kräfte Spaniens der Volksfront beitraten und den Wahlsieg vom 16. Februar 1936 vorbereiteten, als sogar die Anarchisten ihre Mitglieder aufforderten, im Interesse des Kampfes gegen den Faschismus für die Volksfront zu stimmen, führten die Trotzkisten in den Reihen der Volksfront die wütendste Spaltungskampagne.
Es kam der faschistische Aufruhr vom Juli 1936. In jenem Augenblick, da die Losung der Verteidigung der demokratischen Republik allein geeignet war, alle antifaschistischen Kräfte zusammenzufassen, die Voraussetzungen des Kampfes für die endgültige Befreiung des Proletariats und aller Völker Spaniens zu schaffen – damals antworteten die Trotzkisten mit der Forderung der sofortigen Errichtung der Diktatur des Proletariats; das Resultat wäre die Sprengung der Volksfront gewesen, indem man die Mittelschichten vom Proletariat losgelöst, das Proletariat seiner Verbündeten beraubt hätte, wodurch die Intervention des deutschen und italienischen Faschismus erleichtert worden wäre. International konnte die trotzkistische Losung von einer sofortigen proletarischen Diktatur in Spanien das Misstrauen der europäischen Demokratie gegen die spanischen Republikaner nur vertiefen; das hätte zu einer neuen Einschränkung der ohnehin schon geringen Hilfe geführt, die diese Demokratien Spanien angedeihen ließen. Und so hatten auch hier die trotzkistischen Losungen das Ziel, die Volksfront in Spanien zu sprengen und die internationale Solidarität abzuschwächen oder zum Versiegen zu bringen. Gegen die aus Kommunisten, Sozialisten, parteilosen Antifaschisten aller Länder bestehenden internationalen Brigaden, die herbeigeeilt waren, um das spanische Volk zu verteidigen, ließen die spanischen Trotzkisten folgende verleumderische Erklärung vom Stapel: 'Genossen Anarchisten, mißtraut den Brigaden der Kommunistischen Internationale, die an unserer Seite gegen den Faschismus kämpfen. Das werden die bewaffneten Korps sein, die die Kommunisten Kataloniens und Spaniens später gegen euch schicken werden, wie es während der russischen Revolution gegen die Anarchisten geschah.' Also ein verbrecherisches Werk, um Hass unter den ehrlichen anarchistischen Arbeitern gegen die internationalen Brigaden zu säen, die dem spanischen Volk eine so bedeutende Hilfe brachten. Nur ein Agent Francos kann so reden. Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Trotzkismus in Spanien gegen alles gekämpft hat, was Einheit und Stärkung der Volksfront bedeutet. Er kämpfte und kämpft gegen die reguläre Armee, diesen machtvollen bewaffneten Ausdruck des spanischen Volkes und erklärt: 'Wir wollen keine reguläre Armee, denn das bedeutet Anerkennung des Militarismus, das heißt uns dieselben Methoden und Formen aufzuzwingen, die die alte Armee gehabt hat. Wir wollen nur revolutionäre Milizen'.
Abermals sagen die Trotzkisten ganz genau dasselbe, was die Agenten Hitlers, Mussolinis und Francos denken. Auf diese Weise organisieren sie alle 'Unkontrollierten' und alle faschistischen Provokateure. Und durch ihr 'revolutionäres' Geschwätz gelingt es ihnen auch, anarchistische Arbeiter mit unklarem Bewusstsein zu beeinflussen.“
Quellen
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André Marty: Spanien - wo sich das Schicksal Europas entscheidet, Strasbourg, 1937, S. 8ff
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Wikipedia Deutschland (23.06.2016)