Beitrags-Autor: Ingolf Seidel Sie müssen angemeldet sein, um das Benutzerprofil zu sehen |
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Bereits ein Jahr nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und dem Zweiten Weltkrieg kam der Film „Die Mörder sind unter uns“ (Regie: Wolfgang Staudte) in die deutschen Kinos. Die Geschichte vom Konflikt zwischen Kriegsversehrten und ehemaligen Nationalsozialisten im zerstörten Nachkriegsberlin fesselt bis heute. Das Filmheft aus der Reihe Film und Geschichte, herausgegeben von der Landesmedienstelle Niedersachsen und Gesellschaft für Filmstudien e.V. Hannover, widmet sich auf 75 Seiten verschiedenen Aspekten dieser frühen filmischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.
Das Filmheft gliedert sich in zwei Bestandteile: Es beinhaltet erstens ausführliche Informationen zum Film, zu seiner Produktion und den beteiligten Personen und zweitens eine Reihe didaktisch-methodischer Hinweise für die Arbeit mit dem Film im Unterricht. Zentrales Anliegen der Autor/innen ist es, den Film als historische Quelle zu verstehen und gleichsam die weit verbreitete Dichotomie von Spielfilm und Dokumentarfilm aufzugeben. Folglich sollen Spielfilme als „Spiegel der Gesellschaft“ (Siegfried Kracauer) interpretiert und verstanden werden. Für diese Perspektive spreche, dass Filme niemals Produkte eines Einzelnen, sondern stets einer Gruppe sind und dementsprechend bereits verschiedene Deutungsmuster in die Produktion eingehen. Zudem richten sich Filme an ein Publikum und müssen deshalb bestimmte Vorstellungen und Sichtweisen einer Zeit antizipieren, um überhaupt verstanden zu werden. Auf diese Weise stehen ein Film und sein Publikum in einer Art Interaktion miteinander.
Die Materialien zu dem, am 15. Oktober 1946 in Ost-Berlin uraufgeführten Werk umfassen zahlreiche hilfreiche Informationen über den Regisseur und Drehbuchautor Wolfgang Staudte, zum Kameramann und zu den Darstellern. Dazu gibt es eine kurze Inhaltsangabe und eine ausführliche Filmanalyse, die sich filmtechnischen Aspekten wie der Kameraarbeit und dem Einsatz von Ton und Schnitt widmet.
Die Autor/innen sind der Ansicht, dass eine Verwendung des Films in verschiedenen Unterrichtsfächern denkbar ist, wobei das Heft vorwiegend für den Einsatz in der historisch-politischen Bildung konzipiert ist. Ziel dieser Arbeitsanregungen ist, neben einer inhaltlichen Ideologiekritik und einer Formanalyse zum Kern des Filmes vorzudringen. Darunter verstehen die Autor/innen die Analyse wesentlicher Handlungsmotive im Film und für die Hauptcharaktere handlungsleitender Werte. Nur so könne eine Filmanalyse im Sinne des erwähnten „Spiegels der Gesellschaft“ erreicht werden. Die beigefügten Materialien sollen den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, anhand des Films als historische Quelle „Rückschlüsse auf die […] kollektiven Selbst- und Gesellschaftsbilder der Menschen, auf identitätsstiftende Aspekte kollektiven historischen Bewusstseins in der Nachkriegszeit“ (S. 18) schließen zu können. Dazu stehen Lehrkräften Materialien wie Sequenzprotokolle, Hintergrundinformationen und eine kurze Einführung in filmtheoretische Aspekte zur Verfügung, die als Kopiervorlage ausgedruckt werden können. Ein weiterer Materialienblock bündelt zeitgenössische Pressestimmen zum Film aus den Jahren 1946 bis 1949 sowie einige retrospektive Kritiken aus späteren Jahrzehnten. Jedem Material steht eine kurze Anleitung bei, wie der Einsatz im Unterricht aussehen kann, wodurch es Lehrkräften leicht gemacht wird, die Vorschläge aufzugreifen.
Das Filmheft bietet sich gut für den Einsatz in der schulischen Bildungsarbeit an. Neben umfangreichen Hintergrundmaterialien geben die Autor/innen kluge und vielfältige Inspirationen, um „Die Mörder sind unter uns“ in seiner filmhistorischen Komplexität analysieren zu können. Auf diese Weise werden letztlich auch die jugendlichen Rezipient/innen in ihrem Urteilsvermögen ernst genommen und ihr kritischer Blick auf den historische Entstehungskontext von Filmen geschult.
Sie können das Filmheft als pdf-Datei kostenfrei von der Seite des Niedersächsischen Bildungsservers herunterladen.
Das Filmheft ist nur noch auf der Webseite "Film und Geschichte" des Filminstituts Hannover einsehbar.