Das Schulgeschichtsbuch „mitmischen PLUS 3“ stammt aus dem Jahr 2010 und ist im Ernst Klett Verlag erschienen. Es handelt sich dabei um den letzten von drei Bänden, umfasst 184 Seiten und ist für den Gebrauch im Geschichts- und Sozialkundeunterricht an Hauptschulen, Gesamtschulen, Realschulen und Realschulen plus, Regionalen Schulen, Dualen Oberschulen und Erweiterten Realschulen vorgesehen. Es wird ein regionaler Schwerpunkt auf Rheinland-Pfalz und das Saarland gelegt, eine Verwendung in anderen Bundesländern ist jedoch möglich, da der regionale Bezug nicht dominierend ist. Diese Rezension wird schwerpunktmäßig die erste Themeneinheit „Nationalsozialismus“ exemplarisch für das gesamte Buch untersuchen.
Das vorliegende Buch beginnt mit einem Vorwort, in dem die Schülerinnen und Schüler direkt angesprochen und ihnen die behandelten Themen kurz und prägnant vorgestellt werden. Dieser Text weckt Interesse: Zum Thema Nationalsozialismus heißt es: „In ‚mitmischen 3‘ erfährst du zunächst, wie die Nationalsozialisten in den Jahren 1933 bis 1945 ungeheuerliche Verbrechen begingen.“ (S. 3). Die direkte Ansprache der Lernenden stellt einen gelungenen Bezug zu den Adressaten her. Als gelungen kann man ebenfalls ansehen, dass ein Gegenwartsbezug hergestellt wird, in dem darauf verwiesen wird, dass die Spuren der Vergangenheit noch heute erkennbar sind. Es wird zudem auf Methodenvielfalt und Handlungsorientierung Wert gelegt: […] es kann viel selbst ausprobiert und gestaltet werden.
Die Gliederung des Buches erfolgt in fünf Themeneinheiten: neben dem Nationalsozialismus noch der Kalte Krieg, die Wiedervereinigung, das zusammenwachsende Europa und die heutige Welt. Die Themeneinheiten sind in Kapitel unterteilt, die jeweils und ausnahmslos auf einer Doppelseite behandelt werden. In vier der fünf Kapitel ist jeweils eine Methodenseite integriert. Hier wird eine Methode vorgestellt, die sich thematisch in den Kontext einordnet. So wird z.B. beim Thema „Kalter Krieg“ untersucht, wie Feind-Bilder in Filmen, Büchern, auf Plakaten etc. aufgebaut werden und die Methode der Plakatanalyse erläutert (S. 62f.).
Innerhalb der Themeneinheiten sind Verfassertexte und Quellen klar als solche gekennzeichnet: Verfassertexte sind mit einem „T“ sowie einer aufsteigenden Nummerierung innerhalb der Doppelseite und einer zugehörigen Überschrift versehen. Quellen sind hingegen mit einem „M“ gekennzeichnet, dieses gilt für Bildquellen, Statistiken und Textquellen gleichermaßen.
Es gibt kein gesondertes Glossar, wichtige Begriffe werden innerhalb der Kapitel optisch hervorgehoben und definiert. Die Auswahl der definierten Begriffe gegenüber Fachtermini, die durch die Lehrkraft erklärt werden müssen, ist jedoch unklar, so sind z.B. die Begriffe „SA“ und „SS“ (S. 15), „Propaganda“ (S. 19) und „Sudetendeutsche“ (S. 35) definiert. In den Verfassertexten hingegen werden die Termini „Holocaust und Shoa“ (S. 33) oder „Novemberpogrom“ (S. 29) verwendet und bleiben ohne Erläuterung.
In jedem Kapitel sind mehrere kürzere Verfassertexte sowie auch Quellentexte vorhanden, die das Thema der Kapitel in unterschiedlichen Aspekten behandeln, die jeweils mit eigenen Überschriften versehen sind. Die Zusammenstellung dieser Texte ist größtenteils multiperspektivisch. So werden z.B. politische Verfolgungen unter dem Aspekt beider Geschlechter (S. 32f.) beschrieben, und es werden verschiedene soziale Milieus vorgestellt (z.B. aus Sicht eines Arbeiters, S. 20, und aus Sicht der politischen Eliten, S. 13). Wünschenswert wäre gewesen, wenn die verschiedenen Perspektiven zu mehr Zuspitzung geführt hätten, die bei den Lernenden eine Meinungsbildung provozieren würden.
Es ist eine Vielzahl von Quellengattungen vorhanden: zeitgenössische Fotos, Plakate, Statistiken, Gemälde, Fotos aus der heutigen Zeit, Karikaturen sowie Textquellen. Bei den Textquellen handelt es sich um Tagebucheinträge von Privatpersonen, eines Politikers, eines Schriftstellers, politische Reden, Gesetzestexte, Textauszüge aus „Mein Kampf“, Berichte von Zeitzeugen, Briefe etc.
Die Textquellen sind überwiegend sehr stark gekürzt, teilweise auf einen Satz. Der Anteil der illustrierenden Bilder und Quellen dominiert, wünschenswert wäre neben der stärkeren Betonung des Quellencharakters auch hier eine stärkere Zuspitzung auf verschiedene Sichtweisen gewesen.
In „mitmischen PLUS 3“ wird in vielen Kontexten ein Gegenwartsbezug sowie ein Bezug zur heutigen Lebenswelt der Lernenden hergestellt: Schon die Bilder, die die jeweiligen Themeneinheiten einleiten, zeigen einen Zeitstrahl, der sich in „Chronologie“, „Geschichte erleben“ und „Bezug zu heute“ gliedert. Der Bezug zur eigenen Lebenswelt zeigt sich auch in den Arbeitsaufträgen, so lautet z.B. eine Aufgabe, dass ein NS-Propagandafoto eines Klassenzimmers mit dem Aussehen heutiger Klassenzimmer verglichen werden soll. Diese Aufgabe ist didaktisch sinnvoll, da sie den Schülerinnen und Schülern anschaulich den allgegenwärtigen politischen Einfluss in der NS-Zeit vor Augen führt und politisches Bewusstsein weckt. Das abschließende Kapitel „Nie wieder – oder doch?“ (S. 50) thematisiert Rechtsextremismus in der heutigen Gesellschaft.
Das Schulgeschichtsbuch „mitmischen PLUS 3“ enthält in seiner Symbolerklärung zwei Aspekte, die Hoffnung auf Gestaltungsmöglichkeiten eines binnendifferenzierten Unterrichts machen: „Bei den Aufgaben zeigt das Sternchen, ob eine Aufgabe schwieriger ist. Wenn du sie lösen kannst, bist du richtig gut!“ (S. 5) und „Extra. Zusätzliche Materialien, wenn du im Unterricht gut vorangekommen bist.“ (S. 5). Zusätzliches Material ist jedoch selten vorhanden, so dass binnendifferenzierte Quellenarbeit durch die Lehrkraft erarbeitet werden muss. Dies ist bedauerlich, zumal das Vorwort andere Erwartungen weckt.
Im Schulgeschichtsbuch „mitmischen PLUS 3“ ist die Methodenvielfalt durch die Arbeit an verschiedenen Quellengattungen und die dadurch gelenkten Fragen vielfältig. Leider ist Handlungsorientierung sehr selten gegeben, obwohl diese im Vorwort vielversprechend angekündigt wird.
Nicht nur mit seiner Übersichtlichkeit und klaren Gliederung überzeugt „mitmischen PLUS 3“. Die Vielzahl der Quellengattungen und binnendifferenzierte Arbeitsanweisungen können dabei hilfreich sein, den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten. Dem Verständnis der Schülerinnen und Schüler dürfte der angemessene Sprachstil ebenso entgegenkommen. Achten zwar Autorentexte und Quellenauswahl auf Multiperspektivität, mangelt es hin und wieder an Kontroversität, um ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein zu entwickeln, was teilweise auf die durchgehend knapp bemessenen Aussagentexte zurückzuführen ist. In diesem Fall ist die Eigeninitiative der Unterrichtenden gefordert. Im Ganzen ist „mitmischen PLUS 3“ durch sein Bemühen Bezüge zur Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler herzustellen und ihren Interessen zu entsprechen, für den Unterricht ein empfehlenswertes Schulbuch.