Das Anne Frank Haus Amsterdam nimmt mit seiner Publikation „Alle Juden sind...“ einen interessanten Weg, um sich dem Judentum zu widmen und zugleich Antisemitismus zu begegnen. Auf etwa 180 Seiten und entlang von 50 Fragen behandelt das Buch Themen rund um Judentum und Antisemitismus. Die Texte des niederländischen Autors Jaap Tanja bieten knappe, verständlich formulierte Informationen. Das selbstformulierte Ziel ist dabei, „den Leser ein[zu]laden, sich Gedanken zu machen, selbst Fragen zu stellen und selbst Antworten zu finden“. Dies sei der beste Weg, um aufzuzeigen, was man gegen Antisemitismus tun kann.
Die Fragen gliedern sich dabei in sieben Bereiche: Juden und Judentum, zwei Kapitel zur Geschichte des Antisemitismus, das Verhältnis von Juden, Christen und Muslimen, die Beziehung von Holocaust und Schoah, Fragen zu Israel und dem Mittleren Osten, sowie zum aktuellen Antisemitismus.
Der Autor behandelt dabei sowohl vermeintlich einfache Fragen als auch komplexe Sachverhalte. Fragen wie „Wer ist überhaupt jüdisch?“ oder „Was versteht man unter den Begriffen Holocaust und Schoah?“ sind doch nicht so einfach zu beantworten wie man zunächst vermuten würde und werden von Tanja präzise auf den Punkt gebracht. Bei komplexeren Fragestellungen enthält der Autor sich auch nicht einer klaren Stellungnahme. Die Frage „War die Schoah einzigartig?“ könne zwar in Hinblick auf den Aufbau eines bürokratischen Apparats zur Vernichtung einer kompletten Gruppe bejaht werden, aber „jeder, der die Einzigartigkeit der Schoah betont, stellt die Opfer und Überlebenden der Schoah zu sehr über die Opfer und Überlebenden anderer Genozide“. Ein anderes Beispiel ist die Antwort auf die Frage „Ist der Vergleich von Juden mit Nationalsozialisten antisemitisch?: „Der Vergleich zwischen Juden und Nationalsozialisten ist nicht nur in den Hauptpunkten schief, er ist eine ausgesprochene Beleidigung der Opfer des Zweiten Weltkriegs und deren Angehörigen. Er ist der Vergleich des Opfers mit seinem Henker.“
Ebenso werden klassische antisemitische Vorurteile behandelt, beispielsweise unter den Fragestellungen „Beherrschen die Juden die Wall Street und Hollywood?“ oder „Sind alle Juden reich?“. Diese werden nicht nur argumentativ entkräftet, sondern bieten Informationen zur Entstehung und Funktion des jeweiligen Vorurteils.
Die eigentlichen Antworten auf die 50 Fragen werden meist ergänzt durch weiterführende Zusatzinformationen wie Zahlenmaterial, Informationen zu einem bestimmten Stichwort oder Zitate. Außerdem ist das Buch reich bebildert mit Fotografien, Karten, Plakaten, Karikaturen und ähnlichen Materialien. Diese sind an einigen Stellen sinnvoll – vor allem antisemitisches Propagandamaterial wie Karikaturen und Postkarten bieten eine spannende Ergänzung – an anderen Stellen ist ihre Funktion nicht ganz nachvollziehbar, wie beispielsweise Fotos von Holocaust-Überlebenden.
Das Buch ist also kein Unterrichtsmaterial im klassischen Sinne, bietet aber eine umfangreiche Sammlung von Informationen. Für Lehrer/innen kann es eine sinnvolle Ergänzung zur Vorbereitung des Unterrichts sein. Vor allem das umfangreiche Karten- und Bildmaterial kann im Unterricht verwendet werden. Aber auch zur Einführung in ein Thema bietet es sich an, einzelne Texte in der Bildungsarbeit zu benutzen.