Die Autorin stellte sich den Schwierigkeiten, die beim Versuch die Geschichten lesbischer Frauen in der Weimarer Republik und während des Nationalsozialismus zu rekonstruieren, auftreten. Zum einen existieren kaum diesbezügliche Akten und Dokumente und zum anderen bewirkten rechtliche Diskriminierung und gesellschaftliche Stigmatisierung, dass nur sehr wenige Zeitzeuginnen bereit waren (und sind) ihre Verfolgungsgeschichten öffentlich zu machen.
Die Studie besteht aus zwei Teilen: die Einleitung gibt einen historischen Abriss der staatlichen Verfolgung lesbischer Frauen vor der Folie der strafrechtlichen Verfolgung schwuler Männer in der Weimarer Republik und während des NS. So zeigt Schoppmann, „[d]aß trotz der propagandistischen Ausrottungsparolen nach der Machtübernahme eine abgestufte und differenzierte Homosexuellenpolitik praktiziert wurde, [das] zeigt sich insbesondere an dem unterschiedlichen Vorgehen gegen homosexuelle Männer einerseits und Frauen andererseits“.
„Es gab keine strafrechtliche Verfolgung lesbischer Frauen, während gleichzeitig rund 50 000 Männer nach Paragraph 175 StGB verurteilt und 10-15 000 in KZs eingeliefert wurden. (…) Der Mehrheit lesbischer Frauen blieb das Lagerschicksal erspart, wenn sie nicht anderweitig gefährdet und bereit waren, sich anzupassen“, indem sie bspw. heirateten. Dennoch drohte allen lesbischen Frauen bei einer Denunzierung eine Inhaftierung. Im Lager wurden sie meist der Gruppe der „Asozialen“ oder anderen Häftlingsgruppen zugeordnet und nicht wegen ihrer Homosexualität wie die schwulen Männer mit einem „Rosa Winkel“ gekennzeichnet.
Die Schließung von Organisationen der Frauenbewegung und Treffpunkten lesbischer Frauen, etwa Tanzlokalen und „Damenclubs“, sollte lesbischen Frauen keine andere Wahl lassen als sich an die herrschenden Frauenbilder anzupassen.
Den zweiten Teil des Buches machen zehn berührende biographische Portraits aus, in denen Claudia Schoppmann die Lebensgeschichten bekannter und weniger bekannter lesbischer Frauen erzählt. Die Erzählungen drehen sich immer um die sehr unterschiedlichen Verfolgungsgeschichten der Frauen, aber auch mal mehr, mal weniger darum, wie jede Einzelne von ihnen ihre sexuelle Identität gefunden und gelebt hat.
Diese Skizzen beruhen auf Interviews, die Schoppmann zwischen 1986 und 1988 mit den Protagonistinnen geführt hat. Sie zeigen den Alltag der Frauen in dieser Zeit und ihre jeweilige Auseinandersetzung mit ihrer Homosexualität. Schoppmann leistete mit diesen Interviews Grundlagenforschung und die von ihr zusammengestellte Portraitsammlung ist mittlerweile zu einem Standardwerk geworden.
Schoppmann erzählt u.a. die Geschichte der aktiven Kommunistin und Postbeamtin Hilde Radusch, die als ehemaliges kommunistisches Parteimitglied mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten verfolgt und im Frühjahr 1933 kurzzeitig verhaftet wird. Hilde Radusch muss mit ihrer zweiten Freundin Eddy, mit der sie bis zu deren Tod im Jahr 1960 zusammenlebt, im August 1944 untertauchen und bis zur Befreiung durch die Rote Armee ausharren. Hilde Radusch beteiligt sich engagiert am Wiederaufbau, tritt aber aus der Partei aus, weil sie mit der Praxis des Kommunismus in Deutschland und der Sowjetunion nicht einverstanden ist. Doch schon im Februar 1946 wird sie entlassen, wegen Denunziationen der Partei bei ihrer Arbeitsstelle im Bezirksamt. Gesundheitsbedingt kann sie bald gar nicht mehr arbeiten. Ihre kleine Rente reicht nicht, sodass ihre Freundin Eddy bis zu deren Tod ihrer beider Lebensunterhalt verdient. „Ich hab mich nie als „Opfer“ betrachtet, sondern immer als „Kämpferin“, resümiert sie.“
Das informative und gut gepflegte Webportal www.lesbengeschichte.de stellt alle Portraits aus Schoppmanns Buch sowie viele weitere verschriftlichte Lebensgeschichten zum Download zur Verfügung. Die Webseite enthält außerdem eine große Sammlung an Grundlagentexten, regionalgeschichtliche Spurensuchen in Berlin, etwa zu „Damenclubs“ der Weimarer Zeit sowie eine Filmliste mit Hinweisen zu Filmen in denen lesbische Liebe thematisiert wird.
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